Im internationalen Kontext berufen sich viele Organisationen und Institutionen auf die jährlich herausgegeben Trafficking in Person-Berichte der US-Regierung. Seit dem Jahr 2000 veröffentlicht das US-Büro zur Überwachung und Bekämpfung von Menschenhandel (Office to Monitor and Combat Trafficking in Persons – ONCTP) jährlich seine Einschätzung des Menschenhandels und der internationalen Bemühungen zu seiner Bekämpfung. Es bewertet andere Staaten in vier verschiedenen Kategorien, wobei Kategorie 1 die größten Bemühungen zur Bekämpfung von Menschenhandel darstellt. Obwohl diese Berichte von vielen Seiten und bei der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Menschenhandel verwendet werden, wird die Berichterstattung als interessengeleitet kritisiert und die Nachvollziehbarkeit angezweifelt.[92]
Ein weiteres Problem der Darstellung von Menschenhandel in Öffentlichkeit und Medien stellt die Konzentration auf das Problem von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung dar. Durch die einseitige Berichterstattung und Fokussierung auf die sexuelle Ausbeutung entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass diese Form des Menschenhandels verbreiteter sei als andere Ausbeutungsformen. Insbesondere der Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung ist in der öffentlichen und medialen Diskussion demgegenüber weniger präsent, obwohl die Zahl der Betroffenen weit höher sein dürfte.
Auch existieren in der öffentlichen Diskussion bestimmte Stereotypien, wonach von Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung nur Frauen und von Menschenhandel zur Arbeitsausbeutung nur Männer betroffen seien. Frauen sind aber tatsächlich genauso häufig von Arbeitsausbeutung betroffen, insbesondere in den Bereichen Haushalt und Pflege, aber auch in der Landwirtschaft, der Gastronomie sowie im Hotel- und Reinigungsgewerbe. Vom Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung können auch Männer und Transsexuelle betroffen sein.
Problematisch ist zudem die Gleichsetzung von legaler Prostitution und Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung. Während manche Institutionen jegliche Prostitution als unfreiwillig und erzwungen ansehen, argumentieren vor allem Verbände von Sexarbeitern gegen eine Stigmatisierung von allen Prostituierten als „Zwangsprostituierten“ und für eine Anerkennung als selbstbestimmte Arbeitnehmer.[93]
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Wiktionary: Menschenhandel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Menschenhändler – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
IX. Kidnapping
Entführung[Bearbeiten](Weitergeleitet von Kidnapping)Zur Navigation springenZur Suche springen
Unter einer Entführung versteht man einen kriminellen Akt, bei dem eine oder mehrere Personen unter kriminellem Zwang an einen unfreiwilligen Aufenthaltsort verschleppt beziehungsweise dort festgehalten werden. Häufig wird für ihre Freilassung von den Entführern Lösegeld gefordert. Handelt es sich bei dem Entführungsopfer um ein Kind, spricht man von Kindesentführung. Die englische Entsprechung Kidnapping bezieht sich ursprünglich auf diesen Spezialfall, hat aber eine generalisierende Bedeutungserweiterung erfahren. Befindet sich die entführte Personengruppe in einem Flugzeug, spricht man von Flugzeugentführung.
Inhaltsverzeichnis
1Tatbestand1.1Rechtliche Abgrenzung1.2Kriminologische Abgrenzung1.3Opferfolgen
2Kindesentführungen
3Bücher, Filme, Theater
4Siehe auch
5Einzelnachweise
Tatbestand[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Rechtliche Abgrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der deutschen Strafrechtswissenschaft werden unter dem Oberbegriff Entführungsdelikte die Straftaten Menschenhandel, Menschenraub, erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme, Entziehung Minderjähriger und Verschleppung als Sonderfälle des allgemeinen Delikts der Freiheitsberaubung zusammengefasst.
Die früheren Delikt der Entführung mit und gegen den Willen der Entführten, bei dem der Wille des männlichen Täters darauf gerichtet sein musste, an der entführten Frau außereheliche sexuelle Handlungen vorzunehmen, ist im Zuge der Reform der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aufgehoben worden. Die Entführung gegen den Willen der Entführten kann heute als (versuchte) sexuelle Nötigung bzw. Vergewaltigung bestraft werden.
(Zum hauptsächlich in historischer Zeit verbreiteten „Frauenraub“ siehe Brautraub; zum „Frauenraub“ als kirchenrechtliches Ehehindernis siehe Raptio.)
Kriminologische Abgrenzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die kriminologische Abgrenzung zwischen Entführung, Geiselnahme und Verschleppung ist nicht immer einheitlich und eindeutig. Von Entführung wird jedenfalls dann gesprochen, wenn das Opfer in ein Versteck oder an einen Aufenthaltsort verbracht wird, der nur den Tätern bekannt ist. Ziel einer Entführung ist es überwiegend, ein Lösegeld zu erpressen. Andere Ziele können sein, politische Forderungen oder die Freilassung von Häftlingen durchzusetzen. Auch Kombinationen aus diesen und ähnlichen Tatzwecken kommen vor. Kennzeichen einer Geiselnahme wäre dagegen, dass das Opfer von den Geiselnehmern an einem bekannten Ort festgehalten und beispielsweise zur Erpressung des freien Abzugs der Verbrecher oder zur Deckung des Fluchtwegs benutzt wird. Ein Merkmal kann auch sein, dass die als Geiseln genommenen Personen mehr oder minder zufällig Opfer der Freiheitsberaubung werden (z. B. weil sie sich am Tatort eines Bankraubs aufhalten), während Entführungsopfer von den Tätern vor der Tat gezielt ausgewählt wurden. Schon bei Flugzeug- oder Schiffsentführungen sind diese Abgrenzungen nicht mehr anwendbar. Von einer Verschleppung wird oft gesprochen, wenn die Entführung zu dem Zweck erfolgt, sich Fähigkeiten und Eigenschaften der Entführten zunutze zu machen, die Entführungsopfer also beispielsweise als Zwangsarbeiter oder Sexsklaven missbraucht und längerfristig ihrer Freiheit beraubt werden sollen.
Opferfolgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Über die reine Freiheitsberaubung hinaus sind Opfer einer Entführung meist in Gefahr, verletzt oder getötet zu werden, und dementsprechend an Leib und Leben bedroht. Auch die psychischen Folgen dieser traumatischen Erfahrung können gravierend sein. Eine länger andauernde Entführung oder Geiselnahme kann dazu führen, dass sich Opfer und Täter aufgrund der beiderseitigen Zwangslage emotional annähern. Dieser Effekt wird als Stockholm-Syndrom bezeichnet, weil er im Zusammenhang mit einer Geiselnahme in einer Bank in Stockholm zum ersten Mal beschrieben wurde.
Kindesentführungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bei Entführungen von Kindern können unterschiedliche Tatmotive und Hintergründe eine Rolle spielen.
Zum einen werden Kinder wohlhabender Persönlichkeiten immer wieder Opfer von Entführungen, da sich die Täter ein hohes Lösegeld erhoffen. Bekannte Fälle dieser Art in der deutschen Kriminalgeschichte waren beispielsweise die Entführung von Joachim Göhner, die Entführung von Ursula Herrmann, die Entführung der Nina von Gallwitz, die Entführung der Schlecker-Kinder oder die Entführung von Jakob von Metzler.
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