»Ich muss es noch eine Weile für mich behalten. Ich kann es ihr jetzt noch nicht sagen. Alessandro würde das nicht verstehen. Er hat mich extra darum gebeten. Das muss leider noch eine Weile so bleiben. Also bitte, sag du ihr nichts, ja?«
»Oh, das ist nicht gut. Das gibt Ärger. Das weißt du. Aber okay, von mir soll sie es nicht erfahren. Das müsst ihr unter euch klären.«
»Ja, ich weiß. Wenn das rauskommt, dann bin ich erledigt. Dann sind wir beide erledigt. Ich hab keine Ahnung, wie ich ihr das erklären soll.«
»Hm … da kann ich dir auch nicht helfen. Aber es wird sich schon eine Lösung finden. Da bin ich mir sicher. Mach dir keine Sorgen, sonst wird sie erst recht noch misstrauischer.«
»Du hast leicht reden. Aber vielleicht hast du recht. Ich versuche es in einem günstigen Moment, aber jetzt noch nicht.«
»Da bist du ja, Sophia.«
»Ja, also dann, Luigi«, sagte Sophia und umarmte ihn herzlich zum Abschied.
»Dann bis zum nächsten Mal, Luigi«, verabschiedete sich auch Maria.
»Ciao, ihr beiden. Bis zum nächsten Mal. Kommt gut nach Hause.«
Oh mein Gott. In ihrer Haut möchte ich wirklich nicht stecken. Mir tut Sophia leid. Sie ist so eine tolle Frau. Sie war glücklich mit Alessandro und jetzt so etwas. Und ausgerechnet ihre beste Freundin. Aber andererseits kann ich Maria auch ein klein wenig verstehen. Sie ist schon eine Weile Single und Alessandro ist ein toller Typ, sehr begehrenswert für die Frauen. Das war er schon früher.
Ihm liefen die Frauen immer schon in Scharen nach. Er brauchte nur zugreifen. Aber er hatte nur Augen für die eine, seine Sophia. Na ja, die drei müssen wissen, was sie tun. Mich geht es nichts an, aber schade finde ich es trotzdem.
Auch wenn ich nicht glaube, dass die Liebe zu Maria eine echte Chance hat, sofern man überhaupt von Liebe sprechen kann, egal. Ich werde mich da auf jeden Fall raushalten, denn ich möchte nicht zwischen die Fronten geraten. Das gibt sonst ein Höllenfeuer. Alessandro muss verrückt sein.
Luca, der Kellner, der noch im Türrahmen stand und den beiden Schönheiten hinterherschaute, war irritiert.
»Was guckst du denn so verstört? Ist irgendwas?«, wollte Luigi von Luca wissen.
»Verzeihung, ich verstehe nicht so recht. Hab ich das vorhin richtig gehört, als Maria hier eintraf? Alessandro ist jetzt mit Maria zusammen?«
»Ja, aber das darf niemand wissen. Am allerwenigsten Sophia, hörst du?!«
»Ja, hab schon verstanden. Aber …«
»Nichts aber, basta! Schließ die Vordertür ab. Wir schließen jetzt. Es ist schon sehr spät geworden.«
»Okay, wird gemacht«
Luca begab sich, immer noch in Gedanken versunken, zur Tür.
Alessandro hat sich von Sophia getrennt und ist jetzt mit Maria zusammen. Aber wieso darf Sophia das denn nicht wissen? Er hat sich doch getrennt von ihr. Ich versteh das nicht. Oder will er nichts Ernstes von Maria? Ist es nur ein Abenteuer?
Sophia ist eine kluge Frau und ich bewundere sie schon seit vielen Jahren. Nur leider hat sie mich noch nie so wirklich bemerkt und wahrgenommen. Wenn ich nur wüsste, wie ich das ändern kann.
Jedes Mal, wenn sie hierherkommt, ist sie nicht allein. Auch heute leider nicht. Und sie sah atemberaubend aus in ihrem roten Kleid mit ihren langen braunen Haaren.
Wenn ich nur wüsste, wie ich sie etwas näher kennenlernen könnte. Ich werde mir etwas überlegen, ich weiß doch, wo sie arbeitet. Vielleicht kann ich sie einladen und wir können etwas zusammen unternehmen oder ich gehe mit ihr tanzen.
»Luca!«, rief Luigi aus dem Büro.
»Ja, bin schon da. Was ist denn?«
»Hast du alles abgeschlossen? Können wir den Feierabend vorbereiten? Bist du so weit?«
»Ja, ich bin mit allen Arbeiten soweit durch.«
»Okay, die Abrechnung mach ich gleich noch und dann haben wir es geschafft für heute. Wenn du willst, kannst du schon los. Du musst nicht auf mich warten. Es dauert nicht lange. Das meiste habe ich schon vorbereitet.«
»Super, danke Chef, dann bis morgen. Gute Nacht.«
»Bis morgen, gute Nacht Luca.«
Luca machte sich auf den Weg nach Hause.
Er grübelte noch lange in dieser Nacht über die Dinge, die ihm da zu Ohren gekommen waren nach. Noch immer konnte er es nicht fassen, dass Sophia so abserviert worden war.
Maria lag noch lange wach in dieser Nacht. Ihre Gedanken und Gefühle fuhren Achterbahn. Alessandro hingegen hatte bereits tief und fest geschlafen, als sie nach Hause kam. Darüber war sie sehr froh. Hatte sie doch keine Lust mehr, sich heute noch mit ihm zu streiten oder mit ihm stundenlang zu diskutieren.
Wie kann ich ihr nur endlich sagen, dass Alessandro und ich ein Paar sind? Sie wird mich in der Luft zerreißen und mir das nie verzeihen. Sie war so niedergeschlagen, nachdem er einfach so fort ist. Ich hab mich so elend gefühlt, als sie mir die ganze Geschichte erzählt hat. Sie war so wütend.
Warum ist alles so kompliziert? Und warum wollte Alessandro nicht, dass sie es von Anfang an erfährt? Es wird doch immer komplizierter und schwerer, je länger wir damit warten. Hat er vielleicht gar nicht vor, es jemals zu sagen? Will er es verheimlichen? Wie soll das gehen auf Dauer? Es ist frustrierend. Wie gerne würde ich händchenhaltend mit ihm durch die Straßen ziehen. Es ist jedes Mal ein Krampf, wenn wir essen gehen in unserem Stammlokal. Immer sitzen wir in der hintersten Ecke, damit uns niemand sieht. Ich will das nicht mehr.
Ich muss unbedingt mit Alessandro reden, dass es so nicht weitergeht. Was denkt er sich eigentlich dabei? Wahrscheinlich gar nichts. Ist wunderbar bequem für ihn, sich schön ein Hintertürchen aufzuhalten – niemandem wehtun ist wohl sein Motto. Aber, dass er mir damit wehtut, das merkt er wohl nicht. Oder will er es nicht merken? Wieso ist er so stur, was das angeht? Ich finde es unmöglich, dass er mich heute so abserviert hat am Telefon. Er hätte sich wenigstens ein paar Minuten Zeit nehmen können für mich.
Klar, ich weiß, dass er Vorstellung hatte, aber wenn es nicht so wichtig für mich gewesen wäre, hätte ich ihn nicht angerufen. Manchmal denke ich, ich bin ihm gleichgültig. Immer ist irgendetwas anderes dringender. So funktioniert das auf Dauer nicht. Was ist bloß los mit ihm? Und ich, wieso muss ich immer alles gleich dramatisieren? Ich bin doch sonst nicht so empfindlich. Er hat schon einmal gesagt, dass ich ganz schön launisch geworden bin. Ich muss morgen unbedingt Sophia fragen, ob sie das auch so sieht. Das kenne ich gar nicht von mir. Das bin doch nicht ich.
S chon gleich halb drei. Langsam sollte ich ein bisschen schlafen, sonst kann ich morgen keinen klaren Gedanken fassen. Wie er so unschuldig hier in meinem Bett liegt, ist es nur schwer, ihm zu widerstehen. Er, der schon immer angehimmelt wurde von den Frauen. Ob das gut geht? Will ich einen Mann an meiner Seite, der immer in der Schusslinie steht und für den dies das Normalste von der Welt ist?
Er, der gar nicht merkt, wie sehr er damit andere verletzt, wenn er ihnen nicht das Gefühl gibt, dass man was Besonderes für ihn ist.
Auf Dauer macht mich das krank. Da muss ich ja ständig auf der Hut sein. Will ich das? Ja, ich will das. Ich will ihn und wie ich ihn will.
Wie er so daliegt, ganz tief schlafend, ganz entspannt. Sein nackter Körper schmiegt sich perfekt in meine Bettwäsche. Seine Haut ist makellos. Er sieht einfach umwerfend aus und das bringt mich auf dumme Gedanken. Ich sollte jetzt wirklich schlafen.
Alessandro legte seinen Arm instinktiv im Schlaf um Maria und kuschelte sich an sie. Sie traute sich nicht, sich zu bewegen, aus Angst, sie würde ihn wecken. Das wollte sie auf gar keinen Fall – nicht jetzt.
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