Der Botschafter schüttelte den Kopf.
„Ich verstehe kein Wort.“
„Oh, es ist ganz einfach. Herr Professor, vielleicht können Sie uns weiterhelfen?!“
Wellgor sah Alvy überrascht an.
"Ich? Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Mit einem Geständnis! Oh, den Begriff kennen Sie sicher nicht. Es bedeutet, dass man es zugibt, wenn man einen Mord begangen hat...“
„Ich weiß was ein Geständnis ist“, zischte Wellgor angesäuert. „Aber wie kommen Sie darauf, dass ich etwas mit dieser schändlichen Tat zu tun haben könnte?"
"Naja, die Chancen standen eigentlich 50:50. Entweder Sie oder Mr. Angos. Aber die Fehlerquote spricht für Sie. Sie kannten sich im Bungalow des nunmehr Toten aus. Sie können ihn in seinen Bungalow gerufen haben. Und Sie wussten, wie er reagieren würde, wenn das Licht nicht funktionieren würde."
"Ich..."
"Aber Sie hätten das Buch nicht nehmen sollen. Das war denn wohl der gröbste und auch entscheidendste Fehler!"
"Meinen Sie? Ich habe in der Botschaft gehört, wie Sie Angos von dem Buch und seiner Bedeutung erzählt haben. Er kann es genommen haben!"
"Jahmmm, eigentlich stimmt das schon."
Der Botschafter sah ihn erschrocken an.
"Ich habe ihm tatsächlich ein Buch gezeigt, das rote Buch, das Tagebuch des Doktors, in dem er alle seine Eintragungen gemacht hat, seit er auf Gardos ist, kaum mehr als wissenschaftliche Notizen, die für jemanden außerhalb der Psychologie kaum von Interesse sein könnten. Und wie Sie sich selbst überzeugen können, ist dieses rote Notizbuch noch da. Es liegt hier auf dem Schreibtisch."
Alvy deutete auf den Tisch.
"Nur das weiße, mein Notizbuch, das ich Ihnen gezeigt habe als geheimes Tagebuch, das fehlt!"
Wellgors Mund öffnete sich.
"Ich nehme nicht an, dass Sie meine Notizen irgendwie hätten belasten können. Ihr Verschwinden kann es.“
Alvy sah Wellgor an.
„Möchten Sie jetzt ein Geständnis ablegen?"
"Sie können..."
"Das Motiv war Enttäuschung! Sie wurden enttäuscht, Sie haben versucht, in Ihren Experimenten den Geist von Dr. Stavros auf Ihr Niveau zu bringen, während bei Ihnen kurzzeitig der gegenteilige Effekt bewirkt werden sollte, um so ein besseres Verständnis für die Kultur und die Psyche des anderen entwickeln zu können. Aber was lief schief? Ließ sich der Geist des Menschen nicht besänftigen, ihm Vernunft predigen?"
Alvys Stimme war voll Bitterkeit.
"Schade, das Experiment hätte unserem Planeten vielleicht helfen können, wenn es ein beiderseitiger Erfolg gewesen wäre. Aber es hat nicht funktioniert. Und aus Ärger über diesen Fehlschlag, über die Unmöglichkeit, die Evolution, die geistige Evolution der Menschheit voranzutreiben, haben Sie, der Sie einige menschliche Wesenszüge angenommen hatten, in einem Anfall von Wut ihr Problem auf menschliche Weise aus dem Weg geräumt. Stimmt das in etwa?"
Der Professor sank in sich zusammen. "Es war... ich war... unüberlegt... unbeherrscht. Es war..."
" Menschlich! " meinte Alvy trocken. "Mr. Angos wird Ihr Geständnis aufnehmen. Was mich angeht, ist der Fall abgeschlossen."
"Mr. Rosen, Menschen können Bestien sein!"
Alvy sah dem Professor in die Augen. "Wem sagen Sie das?"
Am kommenden Abend traf Alvy in der irdischen Botschaft Psitor Angos, der freundlich lächelnd auf ihn zukam.
"Mr. Rosen, ich danke Ihnen."
"Ach", Alvy winkte ab. "Nennen Sie mich doch Alvy."
"Danke. Mein Name ist Psitor."
"Hmm, leicht zu merken", meinte der Mensch trocken. "Wie lange kann ich noch bleiben?"
"Oh, so lange Sie wollen. Ich muss gestehen, dass ich mich sehr für Ihre Arbeit interessiere und gern mehr darüber erfahren würde. Ich würde gerne von Ihnen... lernen! Wie Sie vielleicht wissen, stehen wir auch mit vielen anderen Völkern dieser Galaxie in Kontakt." Der Gardonier lächelte. "Sie haben wirklich gute Arbeit geleistet."
"Naja, ich habe noch nie mit einem Außerirdischen zusammengearbeitet. Wie wäre es, wenn wir beide ein interplanetares Büro aufmachen, hm?" Alvy lächelte. "Angos von Gardos und Rosen von der Erde!"
Wunden, die die Zeit nicht heilt
Viele Planeten im Universum, jedenfalls diejenigen, die bewohnt waren, hatten Zivilisationen hervorgebracht, die weit über den Standard herausgekommen waren, der noch immer auf der Erde gültig war. Betrachtete man die Erde in galaktischen Dimensionen, so zählten sie und ihr Volk, die Menschen, zu den primitivsten und wildesten Kulturen. Dies ließ sich zum Teil auch dadurch erklären, dass sie noch immer an ihren Planeten gebunden waren, da sie selbst noch keine Raumfahrzeuge entwickelt hatten, die eine interplanetare oder gar interstellare Expansion im größeren Maße ermöglichte. Es wird angenommen, dass ein Volk, welches den Sprung zu den Sternen geschafft hat, in diesem Stadium auch die Reife erlangen wird, mit seinem Wissen angemessen und weise umzugehen und zu der Erkenntnis zu gelangen, dass Gewalt und Krieg wenig Nutzen haben, wenn man die Weite und die Möglichkeiten sieht, die sich durch die Erschließung des Weltalls auftun. Noch immer war die Menschheit ein Volk, das im Unterbewusstsein von wilden Trieben beherrscht wurde. Armut, Arbeitslosigkeit und andere soziale Umstände machten für manche Menschen das Überleben nur mit Hilfe von Gewalt und Kriminalität möglich, intergesellschaftliche Probleme, die von Außenstehenden selten verstanden werden, wie eine merkwürdige Krankheit namens Liebeskummer, brachten diese Rasse dazu, sich gegenseitig zu ermorden, auch Eifersucht, Gier und Streben nach Macht waren ausreichende Gründe. Dennoch, oder gerade deshalb, sind die Menschen eines der wenigen Völker in der Galaxis, jedenfalls von denjenigen, die bekannt sind, das sich mit einer ganz bestimmten Thematik auskennt: Verbrechen!
Staunend starrte Alvy aus dem Bullauge des Raumschiffs. Draußen, durch eine dicke Scheibe aus transparentem Stahl von ihm getrennt, befand sich der Weltraum, das kalte und tödliche Nichts, in dem sich unendlich viele Planeten und unendliches Wissen befinden mussten. Alvy sah hinaus, drückte seine Stirn an die Scheibe, sie war wider Erwarten nicht kühl, und ließ sich von dem wundersamen Sternenhimmel in Bann schlagen. Diese Aussicht wurde nicht unterbrochen, keine Wolken, keine Laternen, kein Smog hinderte die Sicht. Als er sich endlich von dem Anblick losriss und in der Beobachtungskabine wieder das Licht andrehte, saß der Gardonier Psitor Angos in seinem Sessel und schüttelte lächelnd den Kopf.
"Ihr Menschen seid wirklich interessant", sagte er.
"Wir sind es eben nicht gewöhnt, den Weltraum aus der Nähe zu sehen."
"In ein paar Jahrhunderten werdet ihr nicht mehr gewöhnt sein, ihn nicht mehr aus der Nähe zu sehen."
"Falls wir uns nicht vorher einen schnelleren Weg aussuchen, für immer ein Teil des Nichts zu werden."
Angos schien nicht zu verstehen. Er schüttelte den Kopf und klopfte dann auf sein Übersetzungsgerät.
"Verstehen Sie's nicht? Ich meine, falls wir einen Krieg vom Zaun brechen und unseren Planeten in eine Kolonie für Strahlungsmutanten verwandeln."
"Oh", er nickte und lächelte wieder. Dann wurde er verlegen. "Äh, ich lächele nur, weil ich... Naja, ihr Menschen seid schon sehr pri... seltsam."
Alvy sah ihn kritisch an.
Angos hüstelte.
"Wo haben Sie das denn her?"
Alvy war erstaunt.
"Bitte? Es ist eine Krankheit..."
"Sagen Sie mir nicht, dass man auf Ihrem Planeten hüstelt, wenn man verlegen ist?!" Der Gardonier überlegte sich noch eine Antwort, als Alvy fortfuhr: "Hmm, wenn ich mich recht erinnere, ist das eine Geste, die Sie von Botschafter Newman übernommen haben. Er hüstelt auch, wenn er verlegen ist."
"Sehr scharfsinnig."
"Deswegen bin ich Detektiv! Hmm, ich fürchte, Ihnen eine schlechte Nachricht mitteilen zu müssen."
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