Alvy sah Wellgor an.
„Woran haben Sie beiden eigentlich gearbeitet?“
Wellgor seufzte.
„An Ihnen.“
Alvy stutzte.
„An mir?“
„Nein.“ Der Gardonier schüttelte den Kopf. „An Ihrem Volk.“
„Aha.“
Der Gardonier schwieg.
Alvy durfte sich seinen Teil denken.
„Inwiefern?“ hakte er nach.
„Nun, wir wollten etwas über die Ähnlichkeit zwischen unseren beiden Völkern herausfinden. Sie mehr... mehr weiterbringen. Ihre Entwicklung fördern.“
„Unsere Entwicklung?“
„Ja. Wie Sie selber wissen, befindet sich die Menschheit in einem Stadium der Entwicklung, in dem sie noch immer viel Gewalt anwendet. Wir Gardonier sind über diesen Entwicklungsstand hinaus. Wir hatten die Hoffnung, dass sich Ihr Volk auf unser Niveau bringen lassen würde.“
„Gäbe es jemanden, der Interesse daran hätte, das zu verhindern?“
„Nun, vom historischen Standpunkt... wissen Sie, die meisten Völker der Galaxis vertreten den Standpunkt, dass sich jedes Volk selbst entwickeln muss. Ohne Einmischung von außen. Es gibt vielleicht manchen, der einer solchen Einmischung, wie sie Dr. Stavros und ich vorgehabt haben, nicht sehr positiv gegenüberstehen würde.“
„Und der sie verhindern würde?!“
Der Psychologe nickte.
„Schon möglich.“
Alvy dachte darüber nach.
„Waren Sie erfolgreich?“
Der Gardonier nickte.
„Ja, wir haben durchaus Erfolge erzielt. Leider eher einseitig... und leider nicht ganz in dem Maße, in dem ich es mir erhofft hätte. Aber wenn wir mehr Zeit gehabt hätten... vielleicht wären wir dann zum Ziel gekommen!“
Alvy nickte langsam und sah Wellgor zuversichtlich an.
"Naja, wir werden den Mörder bald haben."
„Was macht Sie so optimistisch?“
Alvy hielt Wellgor ein kleines Büchlein unter die Nase.
"Weil ich etwas gefunden habe. Und zwar sieht es sehr nach Stavros Tagebuch aus. Wenn irgendjemand versucht hat, seine Untersuchungen zu sabotieren oder ihm Steine in den Weg zu legen, dann wird er das sicherlich vermerkt haben.“
Alvy klopfte lächelnd auf das Buch.
„Ich denke, hier drin finden wir einen Hinweis auf den Mörder. Wir müssen es nur genau untersuchen. Im Moment werde ich aus den Notizen noch nicht schlau, aber ich glaube, in ein paar Tagen weiß ich mehr.“
Alvy ließ das Buch wieder in seiner Tasche verschwinden.
Er lächelte den Gardonier an.
„Was glauben Sie, was der Mörder dafür geben würde, zu wissen, dass ich dieses Buch habe? Kommen Sie doch mit zum Büro von Mr. Angos!"
"Ich, ja..."
"Sie können uns bei der Aufklärung des Falles helfen."
Alvy ließ sich von Wellgor in die Botschaft bringen. Dort trafen sie auf Angos, der schon auf ihn gewartet hatte und ihn nun neugierig ansah.
„Und?“ wollte der Historiker wissen. „Haben Sie etwas herausgefunden?“
Alvy seufzte.
„Sagen wir mal, dafür, dass es auf diesem Planeten seit Jahrtausenden kein Verbrechen mehr gegeben hat, gibt es überraschend viele Verdächtige. Und das Überraschendste daran ist, dass es nicht mal Menschen sind.“
Er ließ sich auf einen Sessel fallen.
„Bevor ich hier angekommen bin, hätte ich gewettet, wenn es auf einem Planeten ein Verbrechen gibt und dort findet sich mindestens ein Mensch, dann hätten wir zwangsläufig unseren Täter gefunden. Aber offensichtlich schein ich mich geirrt zu haben!“
„Sind Sie auf eine... wie sagt man?“
„Auf eine heiße Spur gestoßen?“ half Alvy nach.
Angos sah ihn verwirrt an, während sein Übersetzungsgerät fieberhaft zu arbeiten schien.
„Ob ich etwas herausgefunden habe, meinen Sie?“
Der Gardonier nickte lächelnd.
Alvy war sich nicht sicher.
„Tja, möglicherweise. Es gibt da... gewisse Möglichkeiten. Und ich würde gerne noch mal mit diesem... Wellgor war glaub ich sein Name. Mit dem würde ich gerne noch mal sprechen. Ich glaube nämlich, er kann uns helfen, unseren Täter zu finden.“
Neugierde sprach aus Angos Blick.
„Wie das?“
„Nun, es ging... um die Arbeit der beiden.“
Alvy gähnte müde.
„Tschuldigung“, murmelte er. „Was passiert eigentlich, wenn jemand versuchen würde... sich in die Entwicklung eines Volkes einzumischen?“
„Sich in die Entwicklung...“
„Ja.“
Alvy tat betont unschuldig.
„Ich hab ein bisschen gelesen. Ich glaube, es gibt die Möglichkeit, die Entwicklung eines Volkes zu beeinflussen. Genetisch zum Beispiel.“
„So etwas muss unbedingt verhindert werden! Es gibt Beispiele dafür, was passieren kann. Man glaubt zwar, dass man ein Volk auf eine höhere Ebene der Entwicklung bringen kann, aber die Folgen davon sind oft fatal!“
Angos regte sich auf und fuchtelte wild in der Luft herum.
„Auch wenn sich die Gehirne des manipulierten Volkes vielleicht weiterentwickeln“, fuhr er fort, „so ist es doch nicht in der Lage damit umzugehen. Da es keine natürliche Entwicklung gegeben hat, sind sie mit einer hohen Intelligenz ausgestattet und mit der alten wilden Natur. Dieses Ungleichgewicht führt dazu, dass das Wilde sich durchsetzt... und das Volk sich meist selbst vernichtet. Deshalb darf eine solche Manipulation niemals erlaubt werden!“
„Aha“, murmelte Alvy. „So etwas muss also auf jeden Fall verhindert werden.“
„Auf jeden Fall!“
„Und wenn man die Sache von der psychologischen Seite angehen würde, um die psychischen Folgen, die eine solche Veränderung mit sich bringt, aufzufangen...“
„Eine solche Manipulation darf einfach nicht sein! Sie ist zu gefährlich! Und das nicht nur für das manipulierte Volk, sondern auch für das, das die Manipulation ausführt. Denn es kann sein, dass das Wissen dieses Volkes auf die manipulierten Wesen übergeht...“
„Also würde man doch wahrscheinlich versuchen, selbst mehr über das zu manipulierende Volk herauszufinden...“ dachte Alvy laut. „So eine Art... Gedankenaustausch?!“
„Ja. Möglich. Ich verstehe nicht...“
Alvy lächelte.
„Nein. Aber ich glaube, ich verstehe es jetzt!“
Er erhob sich und zog ein kleines Buch aus seiner Tasche.
„Das hier hab ich in der Wohnung des Toten gefunden. Ich hatte aber noch keine Zeit es zu lesen...“ Er gähnte ausgiebig. „Entschuldigung.“ Alvy wedelte mit dem Buch in der Luft herum. "Ich glaube, er hat etwas über seine Experimente aufgeschrieben... seine verbotenen Experimente. Ein Tagebuch. Und wenn es da etwas... Ungewöhnliches gegeben hat, wird er es sicher notiert haben. Ich nehme an, das hier wird uns einen Hinweis auf den Mörder geben.“ Er gähnte noch einmal. „Verzeihung. Naja, ich denke jedenfalls, dass uns das weiterhelfen wird!"
"Gut, Mr. Rosen. Ich vertraue Ihnen."
"Vielen Dank. Kann ich die Sachen hier lassen?"
Alvy kramte in seinen Taschen legte ein paar Dinge aus der Wohnung des toten Doktors auf den Tisch.
"Ja, natürlich."
Als ihn der Historiker am nächsten Abend fragte, ob er weitergekommen wäre, musste Alvy verneinen. Ihm sei während der Nacht oder vielmehr während des Tages auch keine neue Idee gekommen. Er erkundigte sich nach Professor Wellgor.
"Er müsste jeden Moment kommen", meinte Angos.
"Gut. Könnten Sie auch den Botschafter rufen."
Alvy prüfte die Gegenstände, die auf dem Schreibtisch lagen. Alles war so, wie er es erwartet hatte.
Kurze Zeit später tauchten der Botschafter und Professor Wellgor auf. Beide waren unruhig.
"Meine Herren, ich weiß jetzt, wer der Mörder ist", stellte Alvy fest.
Die zwei Gardonier und der Mensch sahen ihn mit Erstaunen an.
„Aber wie... wer?“
„Nun, das ist doch ganz einfach. Wer keine Erfahrung mit Verbrechen hat, macht Fehler. Und hier wurden welche gemacht. Es geht um ein kleines Buch. Ich hatte gesagt, dass sich in ihm die Aufzeichnungen des Toten befunden haben – und dass uns diese Aufzeichnungen zu seinem Mörder führen würden. Das... stimmt... zur Hälfte. Denn genau genommen hat uns das Buch zum Täter geführt.“
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