Antje Wagner-Kolar
Ein Herz erlischt
Der Tod junger Dichter des 19. und 20. Jahrhunderts
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Antje Wagner-Kolar Ein Herz erlischt Der Tod junger Dichter des 19. und 20. Jahrhunderts Dieses ebook wurde erstellt bei
Zitat Zitat „Da kam mir der Gedanke, ich möchte fallen können.“ Georg Heym
1 Prolog 1 Prolog Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, den Lesern ein Vorwort zu ersparen – dieses ist es nämlich, das ich selbst, wenn ich ein neues Buch zu lesen beginne, fast immer überspringe, da mich nicht die Gedanken des Autors zu dem Werk interessieren, sondern das Buch an sich. Jedoch komme ich nicht umhin, trotzdem - sozusagen als Aufwärmung (oder aus Angst vor dem Beginnen?) -kurz Anlauf zu nehmen. Vielleicht ist es auch nur eine Rechtfertigung. Warum befasse ich mich mit der Literatur des 19. und angehenden 20. Jahrhunderts? Sollte ich nicht lieber die aktuellen Bestsellerlisten hoch- und runterlesen, anstatt mich mit alten Schmökern zu beschäftigen? Nein. Aufgrund des mickrigen Lehrplans in der Schule hatte ich schon immer das Gefühl, etwas – was die Allgemeinbildung anbelangt – nachholen zu müssen, und habe mich so später über Jahre hinweg sehr intensiv mit den Klassikern der Weltliteratur auseinandergesetzt. Festgestellt habe ich dabei, dass mich Werke von Dostojewski, Kafka oder Proust viel tiefer berührt haben als sagen wir mal ein „neuer Frauenroman“, wie er heute zuhauf in Bücherstuben und sogar in Supermärkten zu finden ist. In dieser Zeit des intensiven Lesens bin ich immer wieder auf Autoren – sehr junge Autoren – gestoßen, die früh und auf tragische Weise das Leben verließen und so ihrem Gesamtkunstwerk lediglich einen Hauch einflößen konnten, und wir heute nur erahnen können, welche große Literatur uns durch ihr frühes Dahinscheiden entgangen ist. An diese Autoren möchte ich mit meinem Buch erinnern. Beginnen werde ich mit der Romantik, der „Blauen Blume“, da sie der Auslöser für unglaublich viele Suizide unter den Schriftstellern war. Enden werde ich mit dem Expressionismus, denn nicht nur erhöhte Vorstellungen und Ideale, wie sie in der Romantik auftraten, führten zu Verzweiflungstaten – auch der 1. Weltkrieg gebar tragische Gestalten in der Literaturwelt. Kann ein Buch die Welt verändern? Ja – die des Lesers. Und somit hoffe ich, dass ich Ihre Lust auf Bücher, lieber Leser, weiter anfachen kann und Sie vielleicht – so wie ich – auch einen der gleich benannten Schriftsteller in Ihr Herz schließen werden. Auch wenn seines bereits längst erlosch. Antje Wagner-Kolar
2 Romantik (ca. 1795-1835)
3 Das Symbol der Romantik – die Blaue Blume
4 Biedermeier (ca. 1815-1848)
5 Vormärz (ca. 1840-1850)
6 Realismus (ca. 1850-1890)
7 Naturalismus (ca. 1880-1900)
8 Expressionismus/Avantgarde (ca. 1910-1920)
9 Wolf Graf von Kalckreuth (1887-1906)
10 Raymond Radiguet (1903-1923)
11 Maria Clementine François (1823-1844)
12 Walter Calé (1881-1904)
13 Fanny Imlay (1794-1816)
14 Srecko Kosovel (1904-1926)
15 Josip Murn (1879-1901)
16 Karl Georg Büchner (1813-1837)
17 Otto Weininger (1880-1903)
18 Karl Ferdinand Reinhard Sorge (1892-1916)
Ich gleite hin
19 Georg Heym (1887-1912)
An mein Herz ...
20 Wilhelm Hauff (1802-1827)
21 John Keats (1795-1821)
22 Ernst Goll (1887-1912)
23 Alfred Lichtenstein (1889-1914)
24 Karoline von Günderrode (1780-1806)
25 Wolfgang Borchert (1921-1947)
26 Michail J. Lermontow (1814-1841)
27 Georg Trakl (1887-1914)
Schweigen
28 Henri Alain-Fournier (1886-1914)
29 Heinrich Gottlieb Hermann Conradi (1862-1890)
30 Regine Merkle (1875-1903)
31 Percy Bysshe Shelley (1792-1822)
Zeit
32 Emily Brontë (1818-1848)
33 Walter Rheiner Schnorrenberg (1895-1925)
34 Sergej Alexandrowitsch Jessenin (1895-1925)
35 Schlussendlich... Lili Schnitzler (1909-1928)
Literatur
Impressum neobooks
„Da kam mir der Gedanke,
ich möchte fallen können.“
Georg Heym
Eigentlich hatte ich mir fest vorgenommen, den Lesern ein Vorwort zu ersparen – dieses ist es nämlich, das ich selbst, wenn ich ein neues Buch zu lesen beginne, fast immer überspringe, da mich nicht die Gedanken des Autors zu dem Werk interessieren, sondern das Buch an sich. Jedoch komme ich nicht umhin, trotzdem - sozusagen als Aufwärmung (oder aus Angst vor dem Beginnen?) -kurz Anlauf zu nehmen.
Vielleicht ist es auch nur eine Rechtfertigung. Warum befasse ich mich mit der Literatur des 19. und angehenden 20. Jahrhunderts? Sollte ich nicht lieber die aktuellen Bestsellerlisten hoch- und runterlesen, anstatt mich mit alten Schmökern zu beschäftigen? Nein. Aufgrund des mickrigen Lehrplans in der Schule hatte ich schon immer das Gefühl, etwas – was die Allgemeinbildung anbelangt – nachholen zu müssen, und habe mich so später über Jahre hinweg sehr intensiv mit den Klassikern der Weltliteratur auseinandergesetzt. Festgestellt habe ich dabei, dass mich Werke von Dostojewski, Kafka oder Proust viel tiefer berührt haben als sagen wir mal ein „neuer Frauenroman“, wie er heute zuhauf in Bücherstuben und sogar in Supermärkten zu finden ist.
In dieser Zeit des intensiven Lesens bin ich immer wieder auf Autoren – sehr junge Autoren – gestoßen, die früh und auf tragische Weise das Leben verließen und so ihrem Gesamtkunstwerk lediglich einen Hauch einflößen konnten, und wir heute nur erahnen können, welche große Literatur uns durch ihr frühes Dahinscheiden entgangen ist.
An diese Autoren möchte ich mit meinem Buch erinnern. Beginnen werde ich mit der Romantik, der „Blauen Blume“, da sie der Auslöser für unglaublich viele Suizide unter den Schriftstellern war. Enden werde ich mit dem Expressionismus, denn nicht nur erhöhte Vorstellungen und Ideale, wie sie in der Romantik auftraten, führten zu Verzweiflungstaten – auch der 1. Weltkrieg gebar tragische Gestalten in der Literaturwelt. Kann ein Buch die Welt verändern? Ja – die des Lesers. Und somit hoffe ich, dass ich Ihre Lust auf Bücher, lieber Leser, weiter anfachen kann und Sie vielleicht – so wie ich – auch einen der gleich benannten Schriftsteller in Ihr Herz schließen werden. Auch wenn seines bereits längst erlosch.
Antje Wagner-Kolar
2 Romantik (ca. 1795-1835)
Die geschichtlichen Hintergründe, die viele Autoren zur Lebensphilosophie und Ausdrucksweise der Romantik ge- und verführt hatten, sind nicht nur in der französischen Revolution (1789) und der aufkommenden Industrialisierung mit ihrer einhergehenden Geschwindigkeitszunahme im Alltag zu finden. Nicht zuletzt sind sie auch in der fatalen Erziehungsweise der Kinder verankert. Noch um 1800 wurden die Schüler als ungeformte Masse und nicht als eigenständige Personen betrachtet, was natürlich zu Gegenreaktionen der Jugend in Form von Individualismus um jeden Preis (wenn nicht anders möglich, dann durch den Freitod) führte. Die Erziehungsmethoden der damaligen Zeit waren unglaublich streng, wenn nicht sogar grausam. So waren Lehrer berechtigt, die Schüler zu schlagen und zu demütigen, wenn sie nur glaubten, dass die Kinder entgegen den Vorstellungen der Eltern – heißt: im eigenen Interesse – handelten und somit versuchten, ihnen „die Herrschaft zu rauben“. In der Romantik brach die Jugend das gesellschaftliche Korsett – die Strenge mit all ihren Grenzen – auf und lebte zum ersten Mal das Unbekannte der menschlichen Psyche in der Literatur aus. Das war neu!
Читать дальше