“ Ich erwiderte ihr: „Und dann, wenn alles hergerichtet ist, flüchten wir vor den heranrückenden Slawen, die mit dem neu errichteten Hof nichts anzufangen wissen!“ Didilind zuckte, als sie das Wort Slawen hörte, mehrmals mit den Schultern, als wollte sie sagen: „Ich weiß es nicht, was in unserer Zeit das Richtige ist!“ Da mir nichts Besseres einfällt, fragte ich sie, ob sie den Mammutbaum noch im Visier hat, was sie ganz stolz bejahte. „Nur“, sagte sie, „entweder wird der Baum immer kleiner, der Wald vor ihm immer höher, oder wir fahren langsam bergauf!“ Mir ist nur aufgefallen, das die Landschaft um uns herum immer grüner wurde, was auch heißen kann, dass unserer Ausgangspunkt von heute Vormittag bedeutend höher liegt als jetzt und es so aussieht, dass die Pferde heute schon mal einen großen Teil ihres Futters selbst finden können, nur schön wäre es, wenn wir dafür wieder auch eine nicht zu kleine Lichtung finden könnten! Wir mussten schon sehr lange unterwegs sein, denn die Sonne stand recht tief direkt vor uns. Ich stellte mich vor den Kutscherbock und versuchte an der Sonne vorbei die Spitze des Mammutbaumes zu finden, der ja auch hier irgendwo im Westen stehen muss, oder ist er immer noch so weit weg von uns? Lassen wir uns überraschen und fahren wir vorerst noch ein bisschen weiter. „Didilind, was war das da eben? Hat da nicht eines der beiden Zugpferde vor uns so halblaut vor sich hingeplustert, als wollte es uns auf etwas aufmerksam machen? Sollte es etwa was entdeckt haben? So etwas wie eine Lichtung mit Grünfutter und Wasser?“ Jetzt machte der Weg eine leichte Biegung nach rechts, so etwa um 25°, direkt auf eine doch schon recht grüne Lichtung. Alle unserer Pferde wieherten, als wollten sie uns das allerneueste verkünden. Ich krabbelte in den Wagen, und gab in zwei Blecheimer je zwei Hände Hafer, krabbelte vom Wagen und fütterte zunächst damit die zwei eingespannten Zugpferde. Danach spannte ich die zwei Pferde aus und ließ sie frei ihr Grünfutter suchen. Dann band ich die sechs Pferde, die den Ganzen Weg hinterm Wagen herliefen los, dass auch sie zunächst etwas Grünfutter suchen konnten. Didilind hat derweil zwei große Scheiben von dem runden Brot abgeschnitten und sie je mit einer Fleischscheibe belegt. Nachdem alle Pferde am Grasen waren, nahm ich die zwei leeren Blecheimer, ging zum nahen Bächlein, spülte sie aus und brachte sie voll Wasser zum Wagen. Zunächst haben wir erstmals unsern Durst gelöscht, dann unser Brot gegessen und noch mal bisschen Wasser getankt. Dann holte ich einen Sack Heu vom Wagen und ließ den Uhu schreien. Und tatsächlich, sie kamen brav, einer hinter dem andern. Ich konnte sie tatsächlich zum bisschen Heu futtern überreden, denn allzu viel von dem jungen Gras und das zum erstenmal ist keineswegs gesund für die Pferde; das Wasser stand ja neben dem Heu in zwei Eimern. Ich traute meinen Augen nicht, fast den halben Sack Heu haben sie noch gefuttert. Jetzt durften sie auch wieder zurück zum Gras fressen. Das Wasser in den Eimern haben sie überhaupt nicht angetastet. Es sah so aus, als würde ihnen das Wasser direkt aus dem Bächlein besser schmecken, oder wollten sie mich auf etwas im Bächlein aufmerksam machen. Nach dem Heu fressen waren sie schon zweimal am Bächlein und es sah so aus, als hätten sie beide Male tüchtig daraus getrunken. Dann fragte Didilind, wo und wie wir heute Nacht schlafen wollen? Und ich meinte, wenn wir von der Erde gut isoliert sind, würde ich vorschlagen: „Wie gehabt an Thors Rücken, ansonsten oben auf dem Wagen!“ Also warten wir noch, was unsere Pferde für heute Nacht vorhaben, ob sie wie früher in der Nähe des Wagens zum Schlafen langlegen werden oder? Weiter kamen wir nicht, denn unsere Pferde kamen im Gämsemarsch vom Bächlein direkt zu uns und was ich nicht zu hoffen gewagt habe ist geschehen. Um uns herum, die wir am Wagen standen, legten sich die Pferde, so wie früher, zum Schlafen nieder. Didilinds und meine Blicke kreuzten sich, und wir nickten uns zu, was soviel heißen sollte: „Wir schlafen wieder an Thors Rücken!“ Während ich den Pferden die „Gute Nachtstreicheleinheiten“ gab, holte Didilind zwei gegerbte Bärenfelle, zwei gegerbte Wolfsfelle und die Plandecke vom Wagen und richtete unsere Schlafstelle wieder an Thors Rücken her. Die Bärenfelle dienten als Unterlage. Je ein Wolfsfell und die Plandecke dienten als Zudecke. Auch mahnte ich die Pferde, heute Nacht wieder, gerade so wie früher, mit einem Ohr und einem Nasenloch unser Umfeld nicht ganz zu vergessen und ein kleines bisschen mit zu beobachten. Die Pferde nickten gerade so, als ob sie mich wieder verstanden hätten. Dann hing ich meine ganze Kriegsmontur über und ließ mich neben Didilind auf ein Bärenfell nieder. Als ich so neben ihr saß und die vielen Lampen am Himmelszelt beobachtete, fanden sich unsere zwei Hände und wie immer, händchenhaltend begann ich meinem Chef oben im Himmelszelt all das zu erzählen, was wir heute taten und was uns so bewegte. Dann sprachen wir zusammen das Gebet des Herren und Didilind sprach die letzten Worte zu unserm Chef da oben und bat ihn, dass er auch diesen Sommer seine schützenden Hände über uns und unsere Wanderung nach dem Westen halten möge, was wir beide mit einem lauten Amen bejahten. Danach mussten wir bald eingeschlafen sein. Offensichtlich waren wir heute Nacht die einzigen, die diese Lichtung belagerten oder im Visier hatten oder durchkreuzten, denn keines der Pferde hat uns in der Nacht vor irgendetwas gewarnt. Die Sonne war es, die uns heute früh wieder geweckt hat; die Pferde selbst warteten mit ihrem Aufstehen, bis wir aufgestanden sind. Nachdem wir beide, Didilind und ich dastanden, war Thor das erste von den Pferden das aufstand, sich kräftig schüttelte, als wollte er seine Lebensgeister noch einmal kräftig wecken. Dann wartete er, bis seine sechs Mädchen und Odin sein kastrierter Konkurrent aufgestanden sind. Nachdem sie die letzten Heuhalme von gestern Abend aufgelesen haben, marschierten sie zum Gebirgsbach und ich mit den Zwei Wassereimern hinterher. Hier am Bach wartete ich zunächst, bis die Pferde wieder den Rückzug antraten. Erst dann ging ich an den Bach und schaute erstmals, ob es hier auch die guten bepunkteten Fische oder etwas Glänzendes gibt. Von diesen guten Fischen war weder oberhalb noch unterhalb meines Standorts etwas zu sehen. Dafür, ich musste zweimal hinschauen, die Sonnenstrahlen trafen mit voller Wucht im Wasser auf etwas Glänzendes, dass es nur so blitzte. Nach dem Motto, dass geteilte Freuden doppelte Freuden sind, rief ich Didilind, dass sie auch mal hier her kommen möge, um mir hinter her nicht wieder Vorwürfe zu machen, dass ich sie zum Angeln der Goldfische nicht gerufen hätte! Didilind kam zum Bächlein und fragte, was es hier so interessantes gibt, dass sie hier herkommen soll? Ich nahm sie beim Arm und führte sie direkt an das Ufer und deutete da auf das Glitzern und Blitzen im Wasser. Je länger Didilind auf das Glitzern im Wasser schaute, ohne etwas zu sagen, desto nachdenklicher wurden ihre Gesichtszüge. Doch dann sagte sie: „Das wird doch nicht wieder ein goldenes Ei sein, das uns unser Chef von da oben hier auf seiner Erde unten finden lässt?“ Ich schaute sie an und meinte: „Null Problemo, das haben wir gleich geklärt!“ Schuhe aus, Socken runter, Hosenbeine hochgekrempelt und hinein ins ‚brrrrr’ ach so kalte und nasse Wasser, und was ich da hoch hob, war kein Gold, sondern etwas sehr viel Wertvolleres! Aber was das war, das habe ich erst viele Jahre später erfahren, als wir schon einige Jahre im Westen heimisch waren, es war ein Gänseei großer lupenreiner Diamant. Meine innere Stimme sagte mir damals, dass ich dieses glasige Gänseei bloß nicht in den Bach zurückschmeißen sollte. Ab sofort war dieser durchsichtige Stein mein Kronenjuwel. Aber wie sagte doch mein Opa immer wieder, wenn wir beim Pilze suchen einen schönen Steinpilz fanden: „Wo einer wächst, da wächst auch noch ein zweiter!“ Nachdem Didilind dieses durchsichtige Gänseei in ihrer Wamstasche verstaut hatte, ging ich nochmals ins kalte Wasser.
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