Nach dem Essen haben wir wieder unser kurzes Tischgebet gesprochen und Luzia spielte im warmen Wasser die Abwäscherin und Jan den Abtrockner. Auweia, da fiel ihm ein Teller auf die Erde, der in viele Stücke sprang und somit unbrauchbar wurde. Jan fing untröstlich an zu weinen und sagte immer wieder, „dass er jetzt ganz alleine schuld sein wird, wenn heute Mittag ungesalzenes und angebranntes Essen gibt, das überhaupt nicht schmecken wird, denn ich habe Didilind schwer geärgert.“ Doch Didilind tröstete ihn und ließ sich ehrenhalber von ihm verspre-chen, dass er das nächste Mal besser beim Abtrocknen aufpassen werde ,und dass es der erste und letzte Teller war ,den er kaputt gemacht hat. Beide gaben sich daraufhin das große Ehrenwort und der Friede untereinander war wieder hergestellt. Bevor ich das Haus verließ, habe ich Didilind davon berichtet, was mir meine himmlische Stimme zu Jan gesagt hat, dass er wie Luzia bei uns bleiben soll, denn es stimmt was er uns zu seinen Eltern gesagt hat, und wir noch viel Freude auch mit ihm haben werden. „Nur was machen wir mit seinen Wintersachen. So wie es aussieht hat er ja nicht einmal ein Hemd zum Wechseln, von warmen Wintersachen ganz zu schweigen. Also müsstest du am näch-sten Sonnabend hin zum Wochenmarkt und was Luzia nicht mehr passt, dürfte dem bisschen kleineren Jan noch passen und so weiter. Aber auch was die Anzieherei anbelangt, da kennst du dich viel besser aus als ich, oder anders gesagt, da kommst du besser klar, als ich. Ich wünschte ihr viel Spaß bei der anstehenden Modenschau, um zu sehen, was Jan besser passt als Luzia und was dann am Wochenende notfalls für beide nachgekauft werden kann oder muss. Doch ich habe diese Modenschau nicht mehr miterlebt, denn ich ging schon hinaus zu den Pferdeställen. Ich öffnete langsam die Tür und ließ die Pferde hinaus in den Schnee. Bis auf ein Pferd haben alle den Stall verlassen. Ihr könnt euch sicher schon denken, wer im Stallgeblieben ist! Es war die Leibgardistenstute mit einem strammen klei-nen Hengstfohlen, das schon recht stramm auf seinen vier noch bisschen staksigen Beinen stand und recht munter mich anstarrte und in die Welt schaute, als wollte es sagen: „Mama, was ist das für ein komisches Pferd, das da auf zwei Beinen geht und steht?“ Ich habe die junge Pferdemutter doppelt und dreifach gestreichelt, getätschelt und gekrault, so habe ich mich über das Hengstfohlen gefreut, das einmal als der Hengst, mit sehr viel Nachwuchs in die Geschichte eingehen soll, so du mein großer Gott es auch willst! Ich machte dann wieder sehr schnell die Tür von außen zu und holte erstmals bisschen Hafer für die frischgebackene Pferdemama, die ihn sichtlich und hörbar gefuttert hat. Dann ging ich in den letzten Stall. Auch hier waren noch alle Pferde da, die ich dann auch gemeinsam zum Frühsport in den Schnee hinausließ. Dann ging ich, ein bisschen mit schwerem Herzen, zum Stall, der an Dienstags Haus angebaut ist und ließ auch hier alle Pferde zum Frühsport hinaus. Ein klein wenig wehmütig schaute ich ihnen nach, denn das Schwerste stand mir noch bevor, nämlich ins Haus zu gehen und nach Dienstag zu schauen, von dem ich nicht wusste in was für einem Gemütszustand er sich gerade befindet. Bisschen sorgenvoll schaute ich zum Himmel und bat meinen Chef da oben mich jetzt, wenn ich ihm gegenübertrete das Richtige tun zu lassen, dass ich ja nichts Verkehrtes tu und sage und alles verschlimmere, um seine Gemütslage nicht noch tiefer sinken lasse, als sie schon ist. „Mein großer Gott da oben, ich weiß nicht was ich damals im Wald verkehrt gemacht habe, als ich meinen Thor, den sie mir geraubt haben, einfach wieder haben wollte!“ Und da meinte ich, dass seine himmlische Stimme mir sagte, ich solle ruhig hinein gehen, es wird schon alles wieder gut werden. Also holte ich noch einmal ganz tief Luft, bekreuzigte mich und ging erhabenen Hauptes vom Stall durch die Tür direkt in die Küche. Da saß Dienstag wie ein kleines Häuflein Unglück am Tisch, das, als er mich da stehen sah aufsprang, vor mir auf die Knie fiel meine Hände packte und immer wieder Effendi, Effendi ,Effendi schluchzte und viele Worte sprach, von denen ich nichts verstand. Nur das Wort Odiet habe ich mir behalten, dass wie ich später erfahren habe so viel wie mein Vater oder mein Papa heißt. Als er sich, auch durch mein gutes Zureden wieder beruhigt hat, versuchte er mir klar zu machen, dass er heute nacht im Traum alles gesehen hat, was sich damals vor einem und einem halben Jahr weit weg von hier zugetragen hat. Dass nicht ich der Mörder war, sondern sie meine Landsleute und auch mein Vater und mein Bruder eure Mörder waren, und auch die vier Pferde, darunter die Schiwka, aber auch die Ronschka nicht mir, sondern dir gehören. „Sie sind also ein kleiner Ersatz für alles, was du durch uns verloren hast!“ Als Dienstag mir das damals alles mit Händen und Füßen erzählt hat, habe ich nicht alles so verstanden, wie ich es hier niedergeschrieben habe. Dienstag hat mir alles viele Jahre später, als er unsere Sprache sprach an einem langen Winterabend noch einmal, diesmal aber ohne Tränen, erzählt, was er in dieser Nacht alles im Traum hat klar und untrügsam sehen dürfen. Tja, wenn mich jetzt nichts mehr täuscht, scheint Dienstag wieder der alte verlässliche Dienstag zu sein, der er vorher schon einmal war, auf den ich mich immer wieder verlassen kann, eine grundehrliche Seele. Er kam dann mit mir rüber in die Küche, hat seine warme Portion gefrühstückt, hat auch mit dem dreiviertelwüchsigem Dennis Freundschaft geschlossen. Didilind hat ihn ganz freundlich gefragt ,wie er es jetzt mit der Kocherei halten will? Wenn du weiter bei uns mitessen willst, dann brauchst deinen gegrillten Fleischvorrat nicht mehr. Bevor er in der Vorratskiste kaputtgehen sollte, wäre es sicher besser, wenn wir ihn zum Kochen zu uns brin- gen, wenn du aber dich selbst versorgen willst dann lass ihn bei dir in deiner Vorratskiste. Dienstag schaute zuerst mich dann Didilind fragend an und fragte uns dann mit allem was ihm zur Verfügung stand, was er nun machen soll? Luzia, die das ganze, man könnte fast sagen, das ganze Schauspiel mit Mund, Händen und Füßen beobachtet hat, sagte frei Mund, dass es das Beste ist, wenn wir alle das Fleisch aus deiner Kiste zu uns holen, es hier in unserer Kiste, die sowieso größer ist als deine, verstecken, du dann hier isst wie anno dazumal und dann den „Aufwäscher“ spielst und wir beide, da zeigte sie auf den kleinen Jan und auf sie, wir spielen dann den Abtrockner! „Ich hoffe nur, dass du das Abwaschen noch nicht verlernt hast!“ Gemeinsam, der kleine Jan hatte schon mittlerweile warme Sachen von Luzia an, gingen wir mit unserm großen Korb zu Dienstag und haben das Fleisch, bis auf ein paar kleine Stücke, die er so zwischendurch auch mal als Nachtisch essen kann, zu uns in die große, luftdichte Kiste verfrachtet. Dienstag war wirklich wieder der alte. Er hat mit mir die Pferdeställe hergerichtet, Wasser und Futter aufgefüllt, die dicken Äste der beiden gefällten Bäume in kunstgerechte Stücke zersägt und sie auf dem Bachofen gestapelt ,wo sie bald zum Brotbacken verwendet werden können. Ob Dienstag den Schmuck zwischen dem Essbesteck schon gefunden hat weiß ich nicht; er jedenfalls hat nie, auch später nicht etwas davon er erzählt. Und wenn er ihn gefunden hat und er ihn tatsächlich seiner Freundin Golombka früher Mal geschenkt hat und sie ihm diesen Schmuck nun quasi vor die Füße geworfen hat? Ich glaube, dass mich so ein Verhalten von dem Liebsten was ich in dieser Welt habe auch zutiefst treffen und den Schmerz alleine in meinem Herzen tragen würde! Ob dieser Schmuck vielleicht auch ein Erbstück von seinen Vorfahren ist, das immer auf den Ältesten übertragen werden sollte, der ihn dann an seine Lebenspartnerin, bis dass der Tot sie scheidet, weiter gegeben hat und dann in Ehren und zum Andenken an die Vorfahren gehalten werden sollte, weiß ich nicht. Ob er einmal darüber reden wird? Vielleicht einmal, wenn er eine neue Partnerin fürs Leben gefunden hat!
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