1 ...7 8 9 11 12 13 ...26 Der Erste Schwertmann lachte auf und deutete dorthin, wo sich Allruk nur mühsam auf dem Pferd hielt. „Für die Zwerge wäre es ein weiter und langer Weg. Sie schätzen Pferde nicht besonders.“
Die Männer stimmten in sein Lachen ein.
Arkarim trabte heran. Er hatte die Lanze mit dem Wimpel seines Beritts in die Armbeuge gelegt und verschloss gerade seine Wasserflasche. „Wir sind gleich bei der Feste. Scharführer Pendrat und seine Männer werden sich freuen, uns zu sehen.“
Nedeam reckte sich leicht im Sattel. „Ihr habt es gehört, Männer der Hochmark. Wir werden die Nordfeste gleich erreichen. In dieser Jahreswende ist einer der Zwerge der Kommandant der Festung. Lasst es also nicht an Respekt fehlen.“
„Die Männer wissen Bescheid“, versicherte Arkarim. „Auch wenn es ein wenig seltsam ist, unter dem Befehl eines Zwerges zu stehen. Gute Kämpfer und gute Freunde, fraglos, aber eben doch Zwerge.“
Nedeam sah den Scharführer forschend an. „Glaubt mir, Arkarim, es sind gute Männer, und wir wechseln uns mit Bedacht im Kommando der Feste ab. Ursprünglich waren zwei Kommandeure geplant. Einer für die Axtschläger und einer für uns Pferdelords. Aber das wäre im Kampf nicht gut. Da braucht man bedingungslose Einigkeit. So hat Sandfallom, der Erste Axtschläger von Nal´t´hanas, damals den Vorschlag gemacht, dass wir und die Zwerge uns im Befehl abwechseln.“
„Nun, es fördert die Gemeinsamkeit“, meinte Arkarim. „Wisst Ihr, wer dort das Kommando hat?“
Nedeam lachte auf. „Eben dieser Erste Axtschläger. Glaubt mir, guter Arkarim, Sandfallom wird Euch gefallen. Ein kluger Mann und tapferer Krieger. Er war es, der einst den König der gelben Kristallstadt überzeugte, an unsere Seite zu treten.“
Der Scharführer lächelte nun ebenfalls. „Dann werden wir uns seinem Wort gerne fügen.“
Vor ihnen war der gedämpfte Klang eines Horns zu hören.
„Die Wachen der Nordfeste müssen uns bemerkt haben.“ Arkarim machte eine kurze Ehrenbezeugung vor Nedeam. „Ihr solltet zur Spitze reiten, Hoher Herr. Ich werde mich vergewissern, dass die Beritte einen tadellosen Eindruck machen.“
Auch Allruk hatte das Horn gehört, und es gelang ihm mit der Unterstützung seines Begleiters, sein Pferd zu Nedeam zu dirigieren. „Wir sind da“, sagte er überflüssigerweise. „Ihr werdet begeistert sein, Hoher Herr. Eine solche Feste habt Ihr nie zuvor zu Gesicht bekommen.“
„Einiges davon kenne ich schon“, sagte Nedeam, der ahnte, dass Allruk wieder die besondere Leistung des Zwergenvolkes hervorheben wollte.
„Es ist eine ganz besondere Festung“, begann der Erste Steinschläger auch schon. „Nicht wie eure Menschenfestungen in den Marken oder im Reich von Alnoa. Bei denen gibt es ja immer eine umfassende Mauer, die einen Kern von Gebäuden schützt. Die Nordfeste hat nur eine einzige Mauer, und sie ist ein Sperrwerk, keine der üblichen Burgen. Eine Mauer, die von einer Seite des Passes zur anderen reicht. Gebäude und Katapultstellungen liegen offen auf dieser Seite des Passes. Eine schlaue Planung, das kann ich Euch sagen, Hoher Herr.“ Allruk reckte sich, so gut es eben ging, im Sattel. „Von der Öde aus ist sie ein richtiges Bollwerk. Doch sollte der Feind, was sicherlich unmöglich ist, die Festung dennoch überrennen, so nutzt sie ihm wenig. Denn auch wenn sie von der Öde aus so wehrhaft ist, kann sie doch vom Pass aus leicht genommen werden.“
„Ja, fürwahr, ihr Zwerge habt sorgfältig geplant und hervorragend gebaut“, bestätigte Nedeam mit wachsendem Unmut.
Vor ihnen kamen nun die Anlagen der Nordfeste in Sicht. Die Haltung der Männer straffte sich, denn sie wollten einen guten Eindruck auf die dortige Garnison machen.
Es war, wie Allruk es beschrieben hatte.
Zunächst erkannte Nedeam die Gebäude der Anlage. Unterkünfte, Ställe und Vorratsbauten waren entlang der Seiten der Schlucht errichtet worden. Der freie Platz zwischen ihnen diente den Übungen der Besatzung. Die Stirnseite, welche zur Öde wies, wurde von der Mauer beherrscht. Sie wirkte wuchtig und massiv, und war so breit, dass mehrere Katapulte auf ihrer Krone Platz fanden. Andere Wurfmaschinen standen auf dem Boden und würden ihre Last über die Köpfe der Verteidiger hinwegschleudern. Ihre Position war für einen Feind nicht einsehbar, und die Bedienungen mussten sich nach den Zielanweisungen jener richten, welche die Mauer besetzt hielten.
„Keine gewöhnliche Mauer“, begann Allruk erneut. „Sie hat eine besondere Form. An der Basis ist sie nur zehn Längen stark, doch oben, an ihrer Krone, misst sie deren fünfzehn. Kennt Ihr den Grund hierfür, Hoher Herr?“
„Ihr werden ihn mir sicher gleich nennen“, mutmaßte Nedeam und versuchte, seiner Stimme einen freundlichen Klang zu geben.
„Ah, die Mauer ist nach vorne geneigt“, sagte der Zwerg und rieb sich instinktiv die Hände. Dabei hätte er fast den Halt verloren und umklammerte rasch das Sattelhorn. „Sie gleicht einer überhängenden Klippe, Ihr versteht? So ist es unmöglich, sie von außen zu ersteigen, und wir Zwerge haben eine Vorrichtung ersonnen, mit der man das Anlegen von Sturmleitern verhindern kann.“
„In der Mauerkorne befinden sich Schienen“, warf Llaranya ein. „Mit ihnen kann man stählerne Streben nach außen drücken, sodass eine Sturmleiter nicht an der Mauerkorne selbst angelegt werden kann.“
„Äh, ja“, brummte Allruk überrascht. „Woher wisst Ihr das?“
„Weil diese Vorrichtung von dem elfischen Gelehrten Mionas ersonnen wurde.“ Die Elfin strahlte den Zwerg mit ihren großen Augen an. „Bevor die Häuser der Elfen zu den Neuen Ufern aufbrachen, hat er mir einiges von seinem Wissen übermittelt. Ich gab es für den Bau der Feste weiter.“
„So, ah, war mir glatt entfallen.“ Allruk zupfte verlegen an seinen Bartzöpfen und wankte bedenklich im Sattel. „Dennoch eine gute Idee, und wir Zwerge haben sie meisterlich umgesetzt.“
„Fraglos.“ Nedeam konnte seinen Ärger kaum noch unterdrücken.
Vor ihnen war Bewegung zu erkennen, als die Besatzung der Nordfeste auf dem freien Platz zwischen Mauer und Gebäuden antrat. Die beiden dortigen Beritte formierten sich, wobei die Schwertmänner neben ihren Pferden standen. Eine höfliche Geste gegenüber dem anderen Teil der Garnison. Zweihundert brave Axtschläger des Zwergenvolkes traten zu Ehren der Neuankömmlinge in voller Kriegsrüstung an. Die Sonne warf blitzende Reflexe über die blanken fünfeckigen Schilde und die gedrungenen Helme der Zwerge. Die Bolzenschleudern steckten in den Waffengurten, und die Kämpfer hatten ihre Äxte aus den Futteralen gezogen und hielten sie im Ehrensalut vor der Brust gekreuzt.
Ein einzelner Zwerg stand vor den angetretenen Formationen und sah Nedeam und den anderen entgegen. Sandfallom, Erster Axtschläger der gelben Kristallstadt Nal´t´hanas und derzeitiger Kommandant der Nordfeste.
„Willkommen, Hoher Herr“, grüßte er, als Nedeam sein Pferd vor ihm zügelte. Sein Blick glitt zu Llaranya und den Männern der Beritte. „Seid auch ihr willkommen, Hohe Frau und Pferdelords der Hochmark.“ Er nickte Allruk zu. „Auch dir mein Willkommen, vortrefflicher Baumeister der Nordfeste.“
Nedeam zuckte kurz zusammen. Hatten Sandfallom und Allruk sich abgesprochen, die unbestreitbaren Verdienste des Zwergenvolkes derart zu betonen? Er ließ sich aus dem Sattel gleiten. „Seid bedankt für Euer Willkommen, Hoher Kommandant Sandfallom. Ich überbringe die Grüße unserer Herrin, der Hohen Dame Larwyn und die Grüße der Hochmark.“
Sandfallom nickte würdevoll. „Wir hörten vom Leid der Hohen Dame. Wir alle wünschen, dass es ihr bald besser gehen möge.“ Er lächelte. „Lasst Eure Männer absitzen und erfrischt euch alle von dem langen Ritt. Wird Euer Scharführer Arkarim nun die Beritte der Festung führen?“
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