Um ruhiges Verweilen zu erlangen, meditieren Praktizierende des Handlungstantra über jede der Konzentrationen, beginnend mit der Gottheit der Leerheit bis zum Verweilen im Klang. Die Übungen der Geistgrundlage, der Konzentration des Verweilens im Feuer und der Konzentration des Verweilens im Klang sind alle hauptsächlich Methoden, um unsere Konzentration zu verbessern. Die Konzentration des Verweilens im Klang hat eine besondere Kraft, körperliche und geistige Geschmeidigkeit hervorzurufen und führt direkt zur Erlangung des ruhigen Verweilens. Diese Konzentration hat drei gute Eigenschaften: ihre Natur ist Glückseligkeit, ihr Objekt erscheint sehr klar und sie ist frei von ablenkender Begrifflichkeit. Die letzten zwei Eigenschaften sind miteinander verbunden, da wir ein Objekt umso klarer wahrnehmen, je weniger ablenkende begriffliche Gedanken wir haben.
In Lampe für den Pfad zur Erleuchtung sagt Atisha, dass wir bei einem Meditationsobjekt bleiben müssen, wenn wir ruhiges Verweilen erlangen wollen. Nach dem System des Handlungstantra jedoch wechseln wir das Objekt der Meditation mehrmals. Hierin liegt aber kein Widerspruch, denn Atishas Rat ist für diejenigen bestimmt, die keine stabile Konzentration haben. Um stabile Konzentration zu erlangen, ist es zu Beginn notwendig, bei einem Objekt zu bleiben, denn wenn wir ständig das Objekt wechseln, wird sich unsere Konzentration nie verbessern. Ist unsere Konzentration jedoch sehr stark geworden, ist es ratsam, die Objekte zu wechseln und mit unserer Schulung in ruhigem Verweilen fortzufahren, indem wir ein subtileres Objekt nehmen. Deswegen meditiert ein Praktizierender des Handlungstantra bis zur Erlangung der dritten oder vierten Ebene des geistigen Verweilens hauptsächlich über die Geistgrundlage. Dann wechselt er oder sie zum subtileren Objekt der Konzentration des Verweilens im Feuer und nachdem er die Zeichen für einen Erfolg in dieser Konzentration erhalten hat, wechselt er oder sie zur Konzentration des Verweilens im Klang. Um eine gewisse Vertrautheit mit allen Stufen des Handlungstantra zu erreichen, können wir manchmal auch kurz über alle Konzentrationen von der Gottheit der Leerheit bis zur Konzentration des Verweilens im Klang meditieren. Sind wir aber aufrichtig an der Erlangung des ruhigen Verweilens interessiert, dann sollten wir hauptsächlich über die Geistgrundlage meditieren, bis wir darin eine sehr stabile Konzentration erreicht haben.
Gyalwa Ensäpa
KONZENTRATION DES GEWÄHRENS DER BEFREIUNG AM ENDE DES KLANGS
Um die Konzentration des Gewährens der Befreiung am Ende des Klangs zu üben, meditieren wir kurz über jede der Konzentrationen von der Gottheit der Leerheit bis zum Verweilen im Klang. Während wir von der Geistgrundlage über die Konzentration des Verweilens im Feuer bis zur Konzentration des Verweilens im Klang fortschreiten, wird das Objekt der Meditation zunehmend subtiler. Nachdem wir uns eine Weile auf den Klang des Mantra konzentriert haben, beenden wir die Erscheinung des Klangs, erinnern uns an die Leerheit, die das Fehlen inhärenter Existenz ist, und meditieren darüber mit einem glückseligen Geist.
Selbst wenn wir ein richtiges Verständnis der Leerheit haben, werden wir Leerheit nie direkt verwirklichen können, wenn es uns nicht gelingt, gewöhnliche Erscheinungen in der Meditation zu beseitigen. Dann wird unsere Meditation nicht die Kraft haben, Verblendungen oder Behinderungen zur Allwissenheit zu zerstören. Die Hauptfunktion der vierten Konzentration ist, dualistische Erscheinung zu überwinden und unseren Geist noch vollkommener mit Leerheit zu mischen. Um dies zu erreichen, nutzt der Meditierende sowohl die analytische als auch die verweilende Meditation über Leerheit. Anfangs muss er zwischen den zwei Arten der Meditation abwechseln. Erreicht er aber schließlich eine durch Weisheit hervorgerufene Geschmeidigkeit, dann kann er Leerheit analysieren, während er einsgerichtet in Leerheit versunken bleibt. Mit dieser besonderen Weisheit, die «Leerheit beobachtendes höheres Sehen» genannt wird, kann der Praktizierende weitermachen, um eine nichtbegriffliche Glückseligkeit untrennbar von Leerheit zu erfahren.
Die vierte Konzentration führt zur Erlangung des Wahrheitskörpers eines Buddha. Das Wort «Befreiung» im Namen dieser Konzentration bezieht sich auf die große Befreiung oder das nichtverweilende Nirvana, das der Wahrheitskörper eines Buddha, die endgültige Natur des Geistes eines Buddha ist. Die ersten drei Konzentrationen, von der Gottheit der Leerheit bis zur Konzentration des Verweilens im Klang, führen hauptsächlich dazu, dass wir den Formkörper eines Buddha erlangen. Nach dem System des Handlungstantra sind diese vier Konzentrationen ausreichende Ursachen für die zwei Körper eines Buddha.
Die vier Konzentrationen sind in drei Yogas enthalten: im Yoga des großen Siegels des Körpers, im Yoga der Rede des Mantra und im Yoga des Geistes des Wahrheitskörpers. Der erste Yoga besteht aus den Meditationen über die sechs Gottheiten der Selbstgrundlage und der anderen Grundlage, der Geistgrundlage und der Klanggrundlage und führt hauptsächlich zur Erlangung des Körpers eines Buddha. Der zweite Yoga besteht aus den Konzentrationen des Verweilens im Feuer und des Verweilens im Klang und führt hauptsächlich zur Erlangung der Rede eines Buddha. Der dritte Yoga ist die Konzentration des Gewährens der Befreiung am Ende des Klangs und führt hauptsächlich zur Erlangung des Geistes eines Buddha. Alle Übungen des Handlungstantra sind in diesen drei Yogas enthalten.
Die Yogas von Körper und Rede werden manchmal «Yogas mit Zeichen» und der Yoga des Geistes wird manchmal «Yoga ohne Zeichen» genannt. Hier bezieht sich «Zeichen» auf konventionelle Objekte. Die Yogas von der Gottheit der Leerheit bis zur Konzentration des Verweilens im Klang richten sich hauptsächlich auf ein konventionelles Objekt, während die Konzentration des Gewährens der Befreiung am Ende des Klangs sich nur auf Leerheit richtet. Alle Pfade des Handlungstantra sind entweder Yogas mit Zeichen oder Yogas ohne Zeichen.
WIE DIE ALLGEMEINEN UND AUSSERGEWÖHNLICHEN ERLANGUNGEN VOLLENDET WERDEN, NACHDEM WIR ERFAHRUNG IN DEN VIER KONZENTRATIONEN HABEN
Durch eine tiefe Erfahrung in den vier Konzentrationen können wir die allgemeinen und außergewöhnlichen Erlangungen erreichen. Allgemeine Erlangungen beinhalten befriedende, vermehrende, kontrollierende und zornvolle Handlungen. Sie werden sowohl durch die Praxis des Yogas der Selbsterzeugung als Gottheit der Geistgrundlage, als auch durch die Praxis der groben und subtilen Mantrarezitation der Klanggrundlage vollendet. Durch eine stabile Konzentration des Verweilens im Feuer und des Verweilens im Klang werden wir die acht großen Erlangungen vollenden:
1. Die Erlangung der Pillen
2. Die Erlangung der Augenlotion
3. Die Erlangung des unter den Boden Sehens
4. Die Erlangung des Schwertes
5. Die Erlangung des Fliegens
6. Die Erlangung der Unsichtbarkeit
7. Die Erlangung der Langlebigkeit
8. Die Erlangung der Jugend
Vollenden wir die Erlangung der Pillen, haben wir die Kraft, Pillen durch die Stärke unserer Konzentration und Mantrarezitation zu segnen. Diese Pillen können sowohl Krankheiten heilen als auch die Lebensspanne und das Glück all jener vermehren, die diese Pillen kosten. Vollenden wir die Erlangung der Augenlotion, werden wir medizinische Substanzen durch die Stärke der Konzentration und Rezitation segnen können, sodass jeder, der sie an den Augen anwendet, über eine weite Entfernung und sogar durch Berge sehen kann. Durch die Erlangung des unter den Boden Sehens können wir verborgene Schätze sehen. Durch die Erlangung des Schwertes können wir unsere Feinde unterwefen und Kriege ohne Blutvergießen einfach dadurch abwenden, dass wir ein Ritualschwert hochhalten. Durch die Erlangung des Fliegens können wir durch den Himmel fliegen. Durch die Erlangung der Unsichtbarkeit können wir mit Hilfe einer besonderen Substanz unsichtbar werden. Durch die Erlangung der Langlebigkeit können wir durch die Kraft unserer Konzentration viele Äonen leben und durch die Erlangung der Jugend können wir jugendlich, gesund und frei von den Leiden des Alterns und der Krankheit sein.
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