„Klingt bei dir wirklich als wäre es dein Traumjob. Aber wie hast du es geschafft, das alles umzusetzen? Du hast doch keine Ausbildung oder Studium darin gemacht.“
Sie waren am Auto angekommen und stiegen ein. Laura steuerte den Wagen durch die Stadt zum Yachthafen.
„Das ist hier nicht so relevant. In Amerika geben dir die Menschen eine Chance, wenn sie dein Potential erkennen. Sie brauchen nicht, wie in Deutschland, für alles ein Diplom oder Zertifikat. Das musste ich auch erst lernen. Ich habe mir damals oft den Kopf zerbrochen, ob ich es auch wirklich machen sollte. Immerhin musste ich auch einiges an Geld hineinstecken und hatte gerade von Statik und Baugeschichten keine Ahnung. Jeder Handwerker hätte mich übers Ohr hauen können.“
„Was hat dich dann zu der Entscheidung bewogen, es doch zu tun?“
„Du wirst es mir nicht glauben, aber es war Lady Kara, die mich darin bestärkt hat. Das Astoria Place, deren Besitzer von meinem Konzept so überzeugt waren, dass ich es auch gleich selbst betreuen und umbauen sollte, lag nicht weit von ihr entfernt. Ich war damals so aufgewühlt und konnte es selbst nicht begreifen, dass ich so eine Chance bekommen sollte, die gleichzeitig mit so hohem Risiko verbunden war. Also schlenderte ich am Hafen entlang und weiß selbst nicht so genau, wie ich bis zu ihrem Haus gekommen war. Sie saß auf der Treppe und sah mir an, dass es mich beschäftigt hatte. Ich wusste nicht, dass sie Wahrsagerin war und hatte sie nur höflich gegrüßt. Da sprach sie mich an und sagte, ich müsse mir auch etwas zutrauen und an meine Fähigkeiten glauben. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie wusste, was mir gerade im Kopf herum ging und sah es als positives Zeichen an, dass ich es doch wagen sollte. Erst viel später habe ich vom Besitzer des Astoria Place erfahren, dass sie Wahrsagerin ist und er von ihr schon vorhergesagt bekommen hatte, dass ich kommen und sein Restaurant zu einer Goldgrube verwandeln würde. Das hat mein Leben und meine Arbeit verändert und ich bereue es keineswegs. Und so wie sie mir geholfen hat, kann sie auch dir helfen.“
„Das mag für dich vielleicht zutreffen, aber du gestehst mir hoffentlich noch zu, dass ich mir meine eigene Meinung bilden darf, oder?“
„Natürlich. Das kannst du später noch lange genug. So wir sind da!“
Sie parkte direkt vor dem Restaurant Astoria Place und ging am Gebäude vorbei zur Terrasse direkt am Hafen. Einige Yachten schaukelten hin und her im glitzernden Wasser. Die Sonne strahlte und eine leichte Meeresbrise lag in der Luft. Es war eine großartige Aussicht, die das Restaurant bot. Was brauchte ein Restaurant mehr als gutes Essen und diese Aussicht? Isabella versuchte zu entziffern, was Laura hier überhaupt geändert hatte. Die Terrasse passte zum Landschaftsbild, wie der Deckel auf den Topf. Es war alles harmonisch integriert und nichts hatte den Anschein, als wäre es erst hinzugefügt worden. Sie sah sich weiterhin um und entdeckte zu ihrer Bestürzung, dass sämtliche Tische der Terrasse bereits besetzt waren. Das Essen musste hier leider ausfallen. Schade, sie hatte sich schon auf der Terrasse gesehen, als sie auf das Meer hinausblickte. Enttäuscht drehte sie sich zu Laura um.
„Und was hast du hier verändert? Es sieht nichts neu aus? Alles, als würde es schon ewig hier stehen.“
„Das sollte auch den Eindruck so vermitteln. Die Terrasse gab es vor zwei Jahren noch nicht, sondern waren Parkplätze.“
„Ich merke, dass du mich nicht anlügst, aber trotzdem kann ich es nicht glauben. Es sieht alles so aus, als hätte es schon immer dahin gehört. Selbst die Balken der Balustrade passen zum Steg und haben diesen maritimen Charakter. Das ist wirklich unglaublich!“
„Ich wollte, dass es zum Gesamtbild passt und habe extra den Balken einen Antikanstrich verpassen lassen. Ich kann dir Fotos von vorher zeigen und du würdest es nicht wieder erkennen. Die Parkplätze dort drüben waren vorher Wiesen und wurden dazu gekauft, um die ganze Terrasse errichten zu können. Aber ich finde es hat sich auch gelohnt. Aber das war noch lange nicht alles. Das Herzstück hast du noch gar nicht gesehen!“
„Noch mehr? Ich finde schon alleine die Terrasse ist göttlich. Schau dich doch um, es gibt keinen einzigen freien Platz mehr. Hast du mich deshalb gefragt, ob ich schon Hunger habe? Vermutlich müssen wir hier Stunden warten, bis wir einen Tisch bekommen.“
„Ehrlich gesagt, sind es sogar Wochen! Das Restaurant ist jeden Tag auf Wochen hinaus völlig ausgebucht.“
Ein Kellner kam auf Laura zu und wollte sie gerade vertrösten, dass keine Plätze mehr frei sind, als ein älterer, aber attraktiver Mann im leichten Sommeranzug bereits ebenfalls auf sie zusteuerte und sie mit einem Lächeln begrüßte. Er begrüßte auch Isabella höflich, wand sich dann aber wieder Laura zu, der seine ganze Aufmerksamkeit galt. Laura plauderte mit ihm, doch wie gewöhnlich verstand Isabella nicht viel. Englisch war eben nicht ihre Stärke und würde es auch nicht werden. Höflich stand sie daneben und wartete bis die beiden ihr Gespräch beendet hatten. Er zeigte nach innen und Laura nickte. Danach verabschiedete er sich und ging dem Kellner von eben hinterher.
„Das war Paul Wesserley. Er ist der Besitzer des Astoria Place. Es ist momentan kein Tisch mehr frei, aber er hat uns drinnen an die Bar eingeladen, bis ein Tisch frei wird.“
„Er ist dir sehr dankbar für dein Konzept, wie ich sehe.“
„Kann man wohl sagen. Ich bin hier ein gern gesehener Gast und bekomme immer einen Tisch. Das ist nicht der schlechteste Vorteil, denn das Essen schmeckt hier fantastisch. Das liegt unter anderem auch daran, dass hier der Fisch extra frisch ist. Komm mit, dann zeige ich es dir!“ erklärte Laura ihr und zog sie hinter sich ins Innere.
Selbst im Inneren des Restaurants waren nahezu alle Tische besetzt oder mit Kärtchen „Reserviert“ beschriftet. Der Saal war auch maritim gehalten, doch im Gegensatz zur Terrasse wurde hier Wert auf Neues gelegt. Die Wände waren sandbeige und wurden durch weiße Leisten und Decken unterbrochen. Der Boden war aus dunkelbraunem Parkett und erinnerte Isabella an die Planken von alten Segelschiffen. Es wurde sehr viel Wert auf Detailtreue gelegt, wie Isabella auffiel. Dennoch sah es nicht überladen aus und man fühlte sich auf Anhieb wohl. Laura hatte wirklich ein Händchen dafür. Sie durchschritten den Saal und kamen zur Bar, die etwas abseits vom Geschehen in eine Nische integriert wurde. Die dunkle Nussholztheke war stilvoll und edel geschnitzt und mit Goldstangen verziert. Die Spiegel und Holzvertäfelung im Hintergrund wurden von einem großen Kronleuchter aufwendig in Szene gebracht und hatten mit den passenden Barstühlen etwas von Titanic, wie Isabella empfand. „Es erinnert mich irgendwie an Titanic. Edel, aber auch maritim genug, damit es zum Rest passt.“
„Das ist dir sofort aufgefallen?“ fragte Laura begeistert. „Genau das war auch mein Gedanke damals. Aber komm mit, ich muss dir noch ein weiteres Highlight zeigen – den Eingangsbereich.“
Isabella folgte Laura, die links vom Barbereich vorbei ging und in einen schmaler werdenden Vorraum trat. Im ersten Moment verschlug es Isabella die Sprache. Sie wusste nicht, wie sie überhaupt den Raum beschreiben sollte. Der ganze Vorraum war dreieckig und die Wände, sowie die Decke gingen spitz zueinander zu und trafen sich exakt am Ende des Raumes. Einzig und alleine eine Tür unterbrach die zusammenführenden Linien. Wände, Decken und ein Teil des Bodens waren mit Holz vertäfelt. Ein Weg von etwa 20 Metern führte von der Tür bis zu Isabella und wurde durch beleuchtete Aquarien, die im Boden versenkt waren erleuchtet. Aber nicht nur im Boden auch in die Wände eingelassen waren mehrere dieser Aquarien angebracht und leuchteten in hellem Blau. Isabella hatte das Gefühl sie stände im Rumpf eines versunkenen Schiffes und konnte die Fische um sich herum sehen. Es war ein gigantisches Gesamtwerk, das hier beeindruckte. Keine Frage, das war wirklich das Herzstück des Ganzen und musste sicherlich ein Vermögen gekostet haben.
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