1 ...7 8 9 11 12 13 ...23 Da wir alle einen großen Teil unserer Zeit schlafend verbringen, ist es wichtig, daß wir eine Methode haben, mit der wir den Schlaf in den spirituellen Pfad umwandeln. Schlafen, Träumen und Aufwachen sind ähnlich wie Tod, Zwischenzustand und Wiedergeburt. Durch die kontinuierliche Schulung in den Yogas des Schlafens und des Aufwachens werden wir die Fähigkeit erlangen, unseren Tod, unseren Zwischenzustand und unsere Wiedergeburt zu reinigen und in den spirituellen Pfad umzuwandeln. Das ist der Hauptzweck der Erzeugungsstufenmeditation.
Kurz gesagt, es gibt sieben Hauptvorteile, die wir durch die Praxis des Yogas des Schlafens gewinnen können:
1. Wir sammeln große Verdienste an
2. Alle unsere Hindernisse werden beseitigt
3. Wir werden in all unseren zukünftigen Leben in die direkte Obhut und unter die direkte Führung von Vajrayogini kommen
4. Wir werden von den Heldinnen der Vierundzwanzig Glückverheißenden Orte Herukas gesegnet werden
5. Unsere Praxis der Erzeugungsstufenmeditation wird gestärkt und stabilisiert werden
6. Wir werden das äußere und das innere Reine Dakiniland erlangen
7. Wir werden schnell Erleuchtung erlangen
Es gibt zwei Arten, den Yoga des Schlafens zu praktizieren: gemäß der Erzeugungsstufe und gemäß der Vollendungsstufe. Wir können eine der beiden Methoden wählen.
DER YOGA DES SCHLAFENS GEMÄSS DER ERZEUGUNGSSTUFE
Gemäß der Erzeugungsstufe zu schlafen, schafft große Verdienste und ist eine Ursache, den Formkörper von Vajrayogini zu erlangen. Eine erfolgreiche Praxis des Yogas des Schlafens hängt davon ab, daß wir eine gewisse Fertigkeit im sechsten Yoga, dem Yoga der Selbsterzeugung, erlangt haben.
Wenn sich die Schlafenszeit nähert, sollten wir unsere Umgebung als das Reine Land der Dakinis und unser Zimmer als Vajrayoginis Mandala, die Phänomenenquelle, betrachten. Die Phänomenenquelle ist in ihrer Natur Vajrayoginis Weisheit. Sie besteht aus rotem Licht, in der Form eines doppelten Tetraeders, und sollte so groß wie möglich visualisiert werden. Innerhalb der Phänomenenquelle visualisieren wir einen Thron aus kostbaren Juwelen, gestützt von acht Schneelöwen. Ein Lotos mit acht Blütenblättern bedeckt die Oberfläche des Thrones und darauf ist entweder ein Sonnenkissen oder ein Mondkissen. Wenn wir uns schlafen legen, visualisieren wir uns selbst klar als Vajrayogini, aber ohne die üblichen Schmuckstücke und Handrequisiten.
Wenn wir leicht schlafen und schnell aufwachen oder mit starker Konzentration schlafen wollen, visualisieren wir uns auf einem kühlen Mondkissen liegend. Wenn uns kalt ist oder wir tief oder für lange Zeit schlafen wollen, visualisieren wir, daß wir uns auf einem warmen Sonnenkissen schlafen legen. Normalerweise jedoch brauchen wir einen ausgewogenen Schlaf. Wenn wir zu leicht schlafen, wachen wir möglicherweise zu zeitig auf, doch wenn wir zu tief schlafen, werden wir nicht fähig sein, Wachsamkeit während unserer Träume beizubehalten. Um einen ausgewogenen Schlaf zu erlangen, visualisieren wir uns auf einem Sonnenkissen liegend, aber ohne uns vorzustellen, daß es warm ist.
Wir sollten unser Gesicht nach Westen wenden und mit unserem Kopf nach Norden liegen. Das Gesicht nach Westen zu wenden, ist glückverheißend, weil wir die Dakinis einladen, uns aus dem Land von Odiyana, das im Westen liegt, zu besuchen. Die Sohlen unserer Füße sollten nach Süden zeigen. Das ist glückverheißend für ein langes Leben, weil es unseren Wunsch symbolisiert, Yama, den Herrn des Todes, zu unterwerfen, von dem es heißt, daß er im Süden lebt. Durch das Schlafen in dieser Stellung wird unsere Praxis verbessert, aber wenn es aufgrund der Form unseres Zimmers oder der Stellung des Bettes nicht praktisch ist, können wir uns ganz einfach vorstellen, daß wir es tun. Richtungen sind bloß zugeschrieben.
Auf dem nördlichen Blütenblatt der Lotosblume visualisieren wir unseren Wurzel-Guru in der Form von Buddha Vajradharma. Das Visualisieren unseres Gurus in der Form eines Buddhas ist eine Praxis, die es nur im Geheimen Mantra gibt. Gemäß dem Vinaya sollte der Guru wie ein Buddha betrachtet werden, doch gemäß dem Geheimen Mantra sollte der Guru als Buddha betrachtet werden.
Obwohl einige Texte sagen, daß wir unseren Guru in der Form des Helden Vajradharma visualisieren sollten, gibt es tatsächlich drei Arten, auf die wir ihn visualisieren können: in seinem äußeren Aspekt als Held Vajradharma, in seinem inneren Aspekt als Buddha Vajradharma oder in seinem geheimen Aspekt als Buddha Vajradharma mit seiner Gefährtin. Es gibt keinen Unterschied in der Essenz dieser drei Aspekte des Gurus, weil der Held Vajradharma, Buddha Vajradharma ohne Gefährtin und Buddha Vajradharma mit Gefährtin genau die gleiche Natur besitzen. Welchen Aspekt wir auch wählen, um ihn zu visualisieren, wir sollten ihn als unseren Wurzel-Guru, die Synthese aller Buddhas, betrachten.
Der Held Vajradharma ist rot. Seine linke Hand hält auf der Höhe seines Herzens eine Schädelschale, die mit Nektar gefüllt ist, seine rechte Hand ist erhoben und hält ein Damaru, seine linke Schulter trägt einen Khatanga. Buddha Vajradharma sieht genau wie Buddha Vajradhara aus, außer daß Buddha Vajradharma rot und mit sechs Knochenornamenten geschmückt ist, während Buddha Vajradhara blau ist und Ornamente aus Juwelen trägt.
Buddha Vajradharma gleicht Buddha Amitabha insofern, als er eine Manifestation der Rede aller Buddhas ist. Wir erlangen die Segnungen der Rede Buddhas in erster Linie dadurch, daß wir Unterweisungen von unserem Guru erhalten, und somit fungiert unser Guru als Manifestation der Rede Buddhas. Um uns zu helfen, diese Erkenntnis zu gewinnen, visualisieren wir unseren Guru als Buddha Vajradharma.
Wenn wir den Yoga des Schlafens gemäß der Erzeugungsstufe praktizieren, ist es das Wichtigste, daß wir den göttlichen Stolz, daß wir Vajrayogini sind, daß unser Zimmer die Phänomenenquelle ist und daß unser Bett ein Sonnen- oder Mondkissen ist, beibehalten. Wenn wir in unserem Bett liegen, stellen wir uns vor, daß wir unseren Kopf auf den Schoß von Guru Vajradharma legen, und dann schlafen wir mit großem Vertrauen in unseren Guru ein. Wenn wir einschlafen, sollten wir alle gewöhnlichen Erscheinungen vermeiden und nur reine Erscheinungen bewahren.
Wenn wir aufwachen, sollten wir uns augenblicklich daran erinnern, daß wir Vajrayogini sind, daß unser Zimmer das Phänomenenquellen-Mandala ist und daß unser Wurzel-Guru auf dem nördlichen Blütenblatt des Lotos im Aspekt von Buddha Vajradharma ist.
DER YOGA DES SCHLAFENS GEMÄSS DER VOLLENDUNGSSTUFE
Beim Yoga des Schlafens der Vollendungsstufe stellen wir uns vor dem Schlafengehen vor, daß das ganze Weltsystem und alle seine Bewohner zu Licht schmelzen und daß sich dieses Licht in unseren Körper auflöst. Unser Körper schmilzt allmählich zu Licht und wird kleiner, bis er sich in den Buchstaben BAM bei unserem Herzen auflöst. Auf dieser Stufe erscheint unserem Geist nur der Buchstabe BAM, nichts anderes wird wahrgenommen. Dann löst sich der Buchstabe BAM stufenweise in seinen Kopf oder seine obere, horizontale Linie auf, der Kopf löst sich in die Mondsichel auf, die Mondsichel löst sich in den Tropfen auf, und der Tropfen löst sich in das Nada, die dreikurvige Linie zuoberst auf dem Buchstaben, auf. Das Nada verkleinert sich dann allmählich, bis es sich schließlich in Klare-Licht-Leerheit auflöst.
Jetzt erscheint nur Leerheit. Es ist wichtig zu fühlen, daß unser Geist des Klaren Lichts mit Leerheit eins geworden ist, so wie sich Wasser mit Wasser vermischt. Diese untrennbare Vereinigung unseres sehr subtilen Geistes und Leerheit wird Klare-Licht-Leerheit genannt. Wir identifizieren dies als den Dharmakaya, den Wahrheitskörper Vajrayoginis, und dann schlafen wir ein und behalten diese Erkenntnis während unseres Schlafes bei. Wenn wir am nächsten Morgen aufwachen, erinnern wir uns augenblicklich an Leerheit. Diese Praxis vergrößert unsere Weisheit und bewirkt, daß wir Erfahrungen im Klaren Licht sammeln, und schließlich den Wahrheitskörper eines Buddhas erlangen.
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