„Sag mal spinnst du?“
„Ich weiß nicht wo dein Problem ist?“
„Wo … wo mein Problem ist? Nora! Du ziehst zu einem wildfremden Mann in sein Haus, um für ihn zu arbeiten“.
Joshua lief in Noras Appartement hin und her und konnte es nicht fassen was seine Schwester da gerade tat, während Nora seelenruhig weiter ihre Kleider und Toilettenartikel in Koffer und Taschen verpackte.
„Man könnte meinen du bist ein pubertierender Teenager, der gegen seine Eltern rebelliert und nicht eine neunundzwanzigjährige Frau. Nora hör auf damit. Such dir was anderes und bleib hier“. Ein rebellierender Teenager? Teenager mag nicht ganz stimmen, aber rebellierend, kam der Sache schon ganz nah. Nora rebellierte schon seit Jahren, stets gegen eine Person. Ihre Mutter! Nora legte das letzte Kleidungsstück in ihren Koffer und stellte sich vor ihren Bruder. Sanft legte sie ihm die Hand auf seine Arme und lehnte ihre Stirn an seine.
„Joshua, du bist mein Bruder und ich liebe dich. Aber wie du schon sagtest, ich bin neunundzwanzig. Ich bin erwachsen. Du musst nicht mehr auf mich aufpassen. So und nun muss ich los. Mein neuer Chef wartet sicher schon auf mich“, murmelte Nora und lief an Joshua vorbei. Beim hinaus gehen rief sie ihm nach er solle doch bitte abschließen, wenn er doch ginge. Das waren die letzten Worte seiner Schwester, bevor die Tür ins Schloss fiel. Joshua machte sich große Sorgen um seine Schwester! Noch nie hatte sie einen solchen Entschluss gefasst, und war mir nichts dir nichts irgendwo eingezogen. Selbst als sie ihren Freund Dominik, der mittlerweile auch schon zu der Kategorie EX gehörte, kennenlernte und er ein halbes Jahr nachdem sie zusammengekommen waren, vorgeschlagen hatte zusammenzuziehen bekam Nora kalte Füße, und schickte ihn in die Wüste. Und nun wollte sie zu einem fremden Mann mit drei Kindern ziehen. Job hin oder her. Es war nicht in Ordnung. Joshua verstand die Welt nicht mehr. Kopfschüttelnd ging er noch mal durch Noras Wohnung, kontrollierte ob alle Fenster geschlossen waren, wobei man sie auch offen stehen lassen könnte. Wer steigt schon in eine Wohnung im dreizehnten Stock eines Hochhauses ein? Aber man konnte ja nie wissen, wie viele Verrückte es auf der Welt gab. Joshua machte das Licht aus und verließ die Wohnung. Mal sehen wann Nora einsah, dass es ein Fehler war und wieder kam. Und falls nicht, konnte ja immer noch ihre Mutter eingreifen. Ihr Psychoterror hatte schon manchen zum Aufgeben und Zurückziehen seiner Entscheidungen beigetragen.
„ Der neue Job“
Nora freute sich. Der neue Job war klasse und auch die Kinder waren freundlich, lieb und nett zu ihr, zumindest bis jetzt. Man wusste ja nie was noch kommen mag. Am liebsten trug sie die kleine Emily durch die Gegend. Wann immer sie konnte und das Baby wach war, nahm sie es hoch und trug es hin und her, wobei sie ihre Wange an den weichen Haarflaum presste. Während dem Spielen mit den Kindern, schlief die Kleine meist in ihrem Bettchen im Haus oder in der Wiege im Garten. Das Babyfon war zu Nora´s ständigem Begleiter geworden. Nora hatte sich recht schnell eingelebt. Ihr Zimmer im Haus war hell und freundlich eingerichtet. Jedoch fehlten hier und da ein paar Bilder. Das sollte sich jedoch rasch ändern. Bei jeder Gelegenheit hatte sie seither einen Fotoapparat dabei. Jetzt musste nur noch der Zeitpunkt kommen wo sie die Bilder an die Wand hängen konnte. Chris hatte ihr, nachdem sie eingezogen war, zuerst das Haus gezeigt. Wo die Waschmaschine war, die Gefriertruhe stand, der Heizungsraum, Hobbykeller und alles, was noch wissenswert war. Am meisten fasziniert war Nora aber von dem riesigen Swimmingpool, der sich im Keller befand, direkt neben einer Sauna.
„Wow!“, hörte sie sich nur sagen, als Chris mit ihr die Führung machte. „Das ist wie in einem Wellness-Hotel. Der Hammer“.
Chris hatte ihr gesagt, sie könne jederzeit wann immer sie wollte schwimmen, in die Sauna oder in den Fitnessraum gehen und Nora fing bei dem Gedanken daran ein wenig an zu lächeln. Das war alles wirklich zu schön um wahr zu sein. Im Erdgeschoss befanden sich wie sie schon vorher gesehen hatte, das Wohnzimmer, die Küche und das Esszimmer. Im Obergeschoss, die Schlaf-und Kinderzimmer und das Badezimmer.
„So, das wäre dann Ihr Zimmer. Es war früher das Zimmer meiner Frau. Durch diese Tür gelangen Sie in Emilys Zimmer und eine Tür weiter, falls in der Nacht was mit Emily sein sollte, in mein Schlafzimmer“, hatte Chris ihr gesagt, als er Nora das Zimmer zeigte. Nora traute sich kaum auch nur einen Blick in das Schlafzimmer von Chris zu werfen, als er die Tür öffnete. Allein der Gedanke daran, wie er in diesem Bett lag brachte sie zum Schwitzen. Sie konnte machen, was sie wollte. Ob sie es nun akzeptierte oder ignorierte, es half alles nichts. In ihrem Kopf herrschte totales Kopfkino, mit den wildesten Fantasien. Nora wurde immer mehr bewusst, dass ihr was fehlte,- und zwar Geborgenheit! Und wenn es nur eine Nacht, wilder, heißer, hemmungsloser Sex war. Es war besser als gar nichts. Sie konnte es nicht fassen! Sie sehnte sich so sehr nach einem starken Männerkörper, dass sie nicht einmal vor ihrem Chef haltmachen würde. Schnell drehte sie sich weg und verließ das Zimmer. Chris fiel Noras Gesichtsausdruck auf und er kannte die Frage, die auf ihren Lippen lag, die jedoch unausgesprochen blieb. Die Frage, warum ein Ehepaar mit drei gemeinsamen Kindern, getrennte Schlafzimmer hatte! Nora wunderte sich schon ein wenig. Selbst ihre Eltern hatten in einem Zimmer und Bett genächtigt, obwohl in ihrer Ehe die Luft raus war. Chris nahm seinen Mut zusammen und erklärte Nora, die am Fenster des Zimmers, das nun ihr gehören sollte, stand und hinausblickte, dass es Danielles Wunsch war getrennte Schlafzimmer zu haben.
„Ich habe das Haus bauen lassen als wir erfuhren, dass Danielle schwanger war. Danielle war damals außer sich. Denn ich glaube nicht, dass sie die Kinder wollte. Ich habe sie gebeten mich zu heiraten, damit wir eine glückliche Familie sind. Doch da wollte sie schon nicht mehr in meiner Nähe sein und daher die getrennten Schlafzimmer“. Nora brachte ein Nicken zustande und verließ dann vor Chris das Zimmer.
„Falls Sie möchten, können Sie das Zimmer auch umgestalten. Es ist nun Ihres. Ich habe bisher alles so gelassen wie es war. Ich konnte nicht in diesen Raum. Danielles Mutter hat alles ausgeräumt was ihr gehörte, und … egal. Kommen Sie, ich zeig Ihnen den Garten“.
Chris führe sie an der Terrasse entlang in den großen Garten. Er war wunderschön mit Blumen, Bäumen und Sträuchern angelegt. Ein Paradies für Kinder. Direkt hinter dem Haus lag ein großer Swimmingpool. Noch einer! Zum hinteren Teil des Gartens führte ein Weg zu einem Pavillon, der mit Blumen übersät war. Am Abend, das sollte Nora noch herausfinden, würden hier viele winzige Birnchen leuchten und dem Ganzen ein romantisches Aussehen geben. Nora war rundum happy bei Chris und seinen Kids. Und so langsam verliebte sie sich immer mehr in die Kinder, ob sie es wollte oder nicht.
„Herr Baxter ist am Telefon“, sagte Berta zu Joshua am Telefon. „Soll ich ihn durchstellen?“
„Danke Berta, ja stellen Sie ihn durch“, antwortete Joshua und nahm den Hörer fester in die Hand. Chris, der einen Tag nachdem Nora bei ihm angefangen hatte, wieder in die Firma ging duldetet keinen weiteren Aufschub in der Sache, die Firma RvL-Investment von Richard Ladbar zu kaufen. Er hatte sich alle Unterlagen nochmal angesehen und war zu dem Entschluss gekommen, dass es am besten wäre die Firma zu kaufen und so den Ladbars etwas Geld zukommen zu lassen. Und das je früher desto besser.
„Herr Baxter? Hallo … was kann ich für Sie tun?“
„Tun Sie nicht so freundlich, Herr van Ladbar. Sie wissen ganz genau und ich weiß es auch, dass Ihnen der Gerichtsvollzieher im Nacken sitzt und Sie, wenn Sie nicht verkaufen die Firma verlieren. Was Sie so oder so werden, aber durch mich wenn Sie an mich verkaufen, wenigstens noch Geld zum Leben haben“.
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