Die bedeutendsten Folgen seines Wirkens aber, die großen Entdeckungen, konnte der Prinz, der persönlich an keiner Entdeckungsreise teilgenommen hatte, nicht mehr erleben. 1487 gelang Bartolomeu Diaz die Umschiffung des Kaps der Guten Hoffnung und 1498 erreichte Vasco da Gama Indien. 1500 sichtete Pedro Alvares Cabral, unterwegs nach Indien, die nordöstliche Ecke Südamerikas und nahm diesen Küstenstreifen, so quasi en passant, für die Krone in Besitz. 1510/1511 wurden Goa und die Molukken besetzt, 1518 Java, Banda, Amboina und Madura entdeckt, 1518 Ceylon und 1520 Kanton besetzt.
Wikipedia behauptet: All das wäre ohne Heinrich nicht denkbar gewesen. Sein Wirken war für Portugal Fluch und Segen zugleich: Nicht das Erdbeben 1755 und die Pest – vornehmlich der Aufstieg zur Weltmacht überforderte das kleine Land – noch heute scheint es unter der damaligen Auszehrung zu leiden und träumt man von der einstigen Pracht und Größe – ist gleichzeitig wie damals weltoffen und allem Neuen positiv zugewandt.
Trauer um das verlorene Weltreich, Leid, Hoffnung auf bessere Zeiten und Sehnsucht nach fernen Ländern – all dieses findet auch heute noch seinen Ausdruck im „Fado“ – dem portugiesischen Volksgesang.
Trauer um ein verlorenes Weltreich, Leid, Hoffnung auf bessere Zeiten… Also, wenn ich das so lese, dann regt sich ganz, ganz weit hinten, irgendwo in einem verstaubten Winkel meiner österreichischen Seele, auch so etwas wie ein „Fado“. Zwar weine ich den Habsburgern, diesem habsüchtigen Adelsgeschlecht, keine Krokodilsträne nach – schon gar nicht dem Nachfahren des letzten Repräsentanten auf dem österreichischen Kaiserthron; dem „selig“ gesprochenen Karl I., der zugleich auch noch als Karl III. von Böhmen und als Karl IV. „Letztkönig“ von Ungarn und Kroatien in die Geschichte einging. Nein, das ganz gewiss nicht. Traurig macht mich der Gedanke daran, was bei einer vernünftigen Führung und mit brüderlich (oder schwesterlich?) gesinnten Bürgern aus jenem Vielvölkerstaat für ein Staat zu machen gewesen wäre: Sozusagen eine vorweggenommene EU, allerdings mit Sitz in Wien und Budapest anstelle von Brüssel und Strassburg. Ein Staatenbund, in dem sich die unterschiedlichen Völker und Religionen in gegenseitiger Achtung und mit freundlichem Respekt behandelten. So hätte es doch auch kommen können, wenn… Ja, wenn mit der „Brüderlichkeit“ nicht stets die Unterwerfung der vermeintlich Geringeren unter die Knute der selbsternannten Herren gemeint wäre. Brüderlichkeit allein macht die Illusion noch nicht perfekt. Jedoch, auch angereichert mit Gleichheit und Freiheit ist sie, wie uns die Geschichte lehrt, noch lange kein Garant menschlicher Glückseligkeit.
Dem „gemeinen Österreicher“ versuchte man ja lange vorzumachen, dass die Größe der Monarchie nur der habsburgischen Heiratsdiplomatie zu verdanken war: „Andere Länder mögen Kriege führen, du, glückliches Österreich, heirate!“ –. Abgesehen davon, dass auch diese Art der Machtvermehrung durch Kuppelei nicht ohne Zank ablief, torkelten die Habsburger doch immer wieder bereitwillig und ohne zu zögern in jede kriegerische Auseinandersetzung, um auf diese brachiale Art die ungefragt beglückten Völker von ihrem „legitimen“ Anrecht zu überzeugen. Ausgetragen wurde dieses „Anrecht“ auf das Hab und Gut anderer auf dem Buckel eines nationalbrünstigen, obrigkeitshörigen Staatsvolkes und der mehr oder weniger „freiwilligen“ Mithilfe der Zwangsbeglückten. Zusammengehalten aber wurde der ganze kaiserlich und königliche Verein – wie könnt’s auch anders sein – vom Klerus! Ja, aber dann, 1918, da war es vorbei mit der Habsburgerei. 1919 verwies die nun zur schmächtigen Republik mutierte Monarchie ihre jahrhundertlangen Beherrscher, die blaublütigen, langnasigen Langfinger des Landes. Allerdings jetzo, in Zeiten des globalen Raubtierkapitalismus, da wittern die feudalen Adelsgeschlechter wieder Morgenluft, und es grummelt nicht nur in der Wiener Kapuzinergruft… Allerdings: Der Sarg neben dem Sarg der Frau Zita von Bourbon-Parma, der Gemahlin Karls I., ist leer. Sein Grab befindet sich in der Kirche Nossa Senhora in Monte bei Funchal auf der portugiesischen Insel Madeira. Er starb dort 1922 im Exil, erst fünfunddreißig Jahre alt und nicht an gebrochenem Herzen, wie man vielleicht anzunehmen geneigt ist, sondern ganz schlicht an einer verschleppten Lungenentzündung.
Aber selbst, wenn er aus Gram über den Verlust der Macht an Herzeleid gestorben wäre, so ist das doch noch lange kein Grund zur Seligsprechung! Was hat sich da der polnische Reisepapst gedacht? Papst Johannes Paul II., alias Karel Woytila, gedachte wohl eines im Geiste verwandten Kollegen, der gleich ihm der unkontrollierten Ausbreitung des Kommunismus Paroli geboten hat. Aber um in den erlauchten Kreis der Seliggesprochenen aufgenommen zu werden, bedarf es immer noch eines beglaubigten Wunders; zumindest einer spektakulären Wunderheilung… Diesen unumgänglichen Beweis lieferte Maria Zita Gradowska, eine in Brasilien wirkende Nonne – aus Polen. Die litt an einem unheilbaren Venenleiden, hatte offene Geschwüre und war bettlägerig. Was also lag näher, als Kaiser Karl – weiß der Deibel, woher sie diesen kannte – um Fürbitte anzurufen. Das geschah 1960, da war der gute Mann bereits achtunddreißig Jahre lang tot. Dessen gute Seele aber ließ sich nicht lumpen und leitete die Fürbitte prompt an die für Wunder zuständige Instanz weiter. Offenbar mit sichtlichem Erfolg. Denn schon bald nach Karls Intervention erhielt die Nonne die allseits bekannte Order: „Steh auf, nimm dein Bett, und geh!“ Ja, und weil bei katholischen Ordensleuten der totale Gehorsam oberste Pflicht ist, gehorchte sie…
Ob man es nun glaubt oder auch nicht: Das reicht für eine Seligsprechung! Na, jedenfalls, wenn das selig zu sprechende Subjekt zu Lebzeiten ein katholischer Kaiser war. Des Kaisers Herz übrigens, das wird in der Lorettokapelle des Klosters Muri in der Schweiz aufbewahrt. Das finde ich gar nicht einmal so verwunderlich. In einem Land, in dem all die unrechtmäßig zusammengerafften Vermögen gewaschen und in anonyme Konten verwandelt werden, in so einem Land ist das „erkaltete Herz“ eines Ex-Potentaten noch am besten aufgehoben.
Aber, um über den Letztkaiser nicht nur den Stab zu brechen, sei zuletzt noch der Schriftsteller Anatole France zitiert: „Kaiser Karl war der einzig anständige Mensch, der in diesem Krieg auf einem führenden Posten aufgetaucht ist. Er wünschte ehrlich den Frieden, und deshalb wurde er von der ganzen Welt verachtet. So wurde eine einmalige Gelegenheit verscherzt.“
Nun, bei näherer Betrachtung der „Geschichte“ könnte unsereins sehr leicht zu dem Schluss gelangen, sie sei sowieso nichts anderes als eine fatale Abfolge verscherzter Gelegenheiten. Doch will ich das hier und jetzt nicht durch Beweise erhärten, sondern frei nach Wilhelm Busch feststellen: „Die Zeit vergeht im Sauseschritt; eins, zwei, drei – wir sausen mit!“
Jawohl, wir sausen mit 16 Knoten Marschgeschwindigkeit auf den nächsten markanten Leuchtturm, Cabo Trafalgar, zu. Das Kap Trafalgar (lat.: Promontorium Junonis; arabisch: Altaraf alagar), liegt im Süden der andalusischen Provinz Cadiz (Spanien) und ist der nordwestlichste Punkt (Koordinaten: Y = 36° 10’ 57’’ N, L = 6° 1’ 58’’ W) der Straße von Gibraltar.
Das Kap selbst erlangte Berühmtheit durch die Seeschlacht von Trafalgar am 21. Oktober 1805. Anno dazumal wurde die vereinigte spanisch-französische Flotte von der englischen Flotte, geführt von Admiral Horatio Nelson (geb. 29 September 1758 in Burnham Thorpe, gest. 21. Oktober, Kap Trafalgar), vernichtend geschlagen. Dass der große Admiral und Seeheld dabei den Heldentod fand, war für seine Person bedauerlich, ansonsten aber schmälerte sein Tod seinen Ruhm nicht. Höchstens schmälerte es die Rumrationen der überlebenden Marinesoldaten. Diese nämlich steckten den arg mitgenommenen Leichnam des Admirals in ein volles Rumfass, um dann zu Hause, im fernen London, doch noch etwas von ihm vorweisen zu können! Also, wenn Sie mich fragen: eine hochprozentige Schnapsidee. Wer, um Albions Willen, konnte noch Gefallen finden an dem bereits schon zu Lebzeiten durch Krankheiten und Kriegsverletzungen schwer mitgenommen Corpus Nelsons? Abgesehen davon, dass er, so munkelt man, schon beim Anblick eines Schiffes seekrank wurde, handelte er sich im Verlauf seiner Marinekarriere alle damals nur möglichen Seefahrerkrankheiten und diverse Kriegsverletzungen ein. 1776 erwischte den achtzehnjährigen Offiziersanwärter an der Küste Indiens die Malaria. Mehr tot als lebendig wurde er repatriiert. 1780 – da war er bereits Kommandant der Fregatte „HINCHINBROKE“ – infizierte er sich bei einem Landeunternehmen in Nicaragua mit dem tropischen Gelbfieber. Wiederum musste er vorzeitig nach England zurückkehren, ohne sich bei der Eroberung der Festung El Castillo am Rio San Juan hervortun zu können.
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