Die drei Steffens hingen in der Scheune wie Schinken, die zum Austrocknen dort hingehängt worden waren, und als auch die Schweine zur Ruhe gekommen waren, herrschte eine furchteinflößende Stille. Die beiden Beamten liefen in der Scheune herum, die sehr ausladend war und kamen in deren hinterem Teil zu einem Unterstand für die Landmaschinen, über die Bauer Steffens verfügt hatte, das waren neben dem Traktor ein Heuwender, ein Pflug und eine Egge, alle übrigen Maschinen hatte er sich bei dem Maschinenring geliehen, den es in Schüttbach gab. An er Wand hingen Werkzeuge, die man für die Ackerbearbeitung brauchte und es hing eine Rolle von dem Draht dort, der von der gleiche Art war wie der Draht, mit dem Annabelle Memmert ermordet worden war. Sein Ende war blank, das hieß, dass vor Kurzem ein Stück von ihm abgeschnitten worden war. Mittlerweile hatten sich die beiden Polizisten an das schreckliche Bild gewöhnt, das sich ihnen bot, sie schnitten ein Stück von dem Draht ab und wollten es ins Labor zur Untersuchung geben. Als die KTU und der Notarzt eingetroffen waren, machten die Männer beim Anblick der aufgehängten Toten ein sehr verstörtes Gesicht. Nachdem die KTU ihr Okay gegeben hatte, schnitten die Beamten die Toten ab und legten sie auf die bereitgestellten Bahren. Benjamin hatte sein ewiges Lächeln auch im Tode nicht verloren, seine Eltern hatten den Ausdruck des Entsetzens im Gesicht. Die Toten wurden in die Leichenwagen geschoben und zur Forensik nach Mensingen gebracht.
Die KTU untersuchte die Scheune und das gesamte Hofgelände nach Spuren, um den Tathergang aufzuhellen. In der Zwischenzeit durchstreiften KHK Kortner und KOK Schneider den Hof, ziellos, sie waren gespannt darauf, ob sie etwas entdeckten, dass sie weiterbrächte. Sie hatten inzwischen fünf Morde aufzuklären und außer den Männern, die vor ihnen in Schüttbach geflohen waren und von denen sie nur eine vage Beschreibung hatten, keine Anhaltspunkte. Sie umrundeten die Scheune und fanden hinten auf dem Hof zwei Schuppen, in dem einen lagerte Holz, in dem anderen hatte sich Benjamin wohl einen Spielplatz gebaut, es gab dort jedenfalls eine Schaukel und in der Ecke Bauklötze, auch ein Jugendfahrrad stand in dem Schuppen. Die Polizisten gingen weiter und kamen an einer verlassenen Hundehütte vorbei, der Hund war sicher längst gestorben. Daneben gab es in die Erde eingelassene Pfähle, an denen Wäscheleine befestigt war, auf der Leine steckten die Wäscheklammern. Sie betraten anschließend das Haus, vor dem man eigentlich erst einmal zurückschreckte, so hässlich und dreckig sah es aus und als sie die Haustür geöffnet hatten, schlug ihnen ein fürchterlicher Gestank nach vergorenem Essen entgegen. Sie ließen die Tür offenstehen und rissen die Fenster auf, es dauerte eine Zeit, bis sich eine Luft einfand, die man halbwegs einatmen konnte, ohne sich gleich übergeben zu müssen.
In der Diele, in der sie sich befanden, stand außer einem kleinen Tischchen kein Möbelstück, an einem groben Stück Holz, das an die Wand gedübelt war, waren einige Haken befestigt, an denen Arbeitskleidung hing, ein dunkelgrüner Overall, ein Haushaltskittel und ein alter Mantel. Allmählich fand sich im Haus eine brauchbare Atemluft ein, die beiden Beamten gingen nach links ins Wohnzimmer und kamen in einen Raum, in dem ausschließlich schäbige abgewetzte Möbel standen, die noch dazu völlig altmodisch waren. Das einzige Utensil, das in dem Zimmer neueren Datums war, war ein riesiger Flachbildfernseher, der für den Raum viel zu groß dimensioniert war, er hatte eine Diagonale von einem Meter und fünfzig Zentimetern und musste, weil er so ausladend war, an der Raumlängsseite stehen. Gegenüber gab es eine Schrankwand aus Schleiflack, in der einige vergilbte Fotos standen, man konnte Benjamin als Kleinkind sehen und es gab ein Foto von der Trauung der Steffens, die schon Jahrzehnte zurücklag. An der Wand hing ein Bild von einem röhrenden Hirschen über dem Sofa, vor dem Sofa stand ein alter niedriger Couchtisch und es gab zwei Sessel, die noch von der Möbelerstausstattung der Steffens zu stammen schienen. Die Polizisten gingen danach in die Küche, in der es immer noch stank, KHK Kortner hob den Deckel von einem Topf auf dem Herd und war auf die Ursache des Gestankes im Haus gestoßen.
Er legte den Deckel sofort wieder auf den Topf und verließ eilends das Haus nach draußen, wo er sich fast übergeben musste, KOK Schneider war ihm gefolgt, es ging ihm nicht besser. Sie gingen wieder hinein und kamen neben der Küche in ein Badezimmer mit Toilette, in dem offensichtlich lange nicht mehr sauber gemacht worden war, der Badewannenabfluss war voller Haare, die Toilette war verschmutzt, es gab einen unansehnlichen Plastikduschvorhang an der Badewanne, ein winziges Fenster ließ nur wenig Licht in das Badezimmer, an der Decke hing eine unverkleidete Glühbirne. Gegenüber lag Benjamins Zimmer, auch in diesem Zimmer war lange nicht geputzt worden, Benjamins schmutzige Wäsche lag auf dem Fußboden, sein Bett war nicht gemacht, die Schranktüren standen offen und Kleidungsstücke waren auf den Boden gefallen. Es gab einen Schreibtisch, auf dessen Unterlage einige Blätter mit Kritzelzeichnungen lagen, es gab keine Gardinen am Fenster und an der Decke hing eine billige Kaufhauslampe. KHK Kortner und KOK Schneider sahen sich an und schwiegen, es gab angesichts des traurigen Bildes, das sich ihnen bot, auch nichts zu bereden. Sie liefen gegenüber ins Schlafzimmer und sahen dort ganz alte Möbel, es gab sogar noch eine hässliche Frisierkommode, bei der aber die Spiegel schon beschlagen waren. Daneben stand ein großer Kleiderschrank aus weißem Schleiflack, aus dem die Kleidungsstücke quollen, als sie ihn geöffnet hatten.
Es gab einige alte Pelzmäntel von Frau Steffens, nichts Kostbares, ein Leopardenimitat, einen Fuchs und ein Persianerimitat, daneben fielen den Polizisten einige Pullover und Hosen von Herrn Steffens entgegen., der Schrank war mit den Sachen vollgestopft, die sich im Laufe der letzten Jahre angesammelt hatten. Auf dem Bett lag eine Steppdecke, wie man sie ganz früher hatte und wie sie heute nicht mehr modern war, man konnte sich nicht vorstellen, dass sich das Ehepaar in diesem Bett jemals geliebt hatte. Vor dem Schlafzimmer gab es in der Decke des Vorraumes eine Klappe, durch die man auf den Speicher gelangen konnte, es gab eine ausziehbare Holztreppe, die man hinaufsteigen musste. KHK Kortner nahm einen Stab mit einem Haken, der in der Ecke stand und zog die Holztreppe hinunter, und als er langsam hinaufstieg, bog sie sich unter seinem Gewicht durch. Es schwante ihm nichts Gutes, als er die Klappe auf den Speicher aufdrückte und sich hindurchzwängte, KOK Schneider war ihm gefolgt. Es gab zwei alte Dachluken, die nur wenig Licht ins Dach ließen, das Licht reichte aber aus, dass die Beamte die vielen Kisten und Kästen sehen konnten, die dort aufgestapelt waren und auf denen der Staub der vergangenen Jahre lag. KHK Kortner hob den Deckel von einer der Kisten und entdeckte pornografische Fotos in Massen, es waren ausschließlich junge Frauen zu sehen, die in den ausgefallensten Posen Sex trieben, meistens lesbischen Sex.
Er öffnete noch weitere Kisten und fand auch in ihnen Pornobilder, es müssen tausende gewesen sein und als er zur Probe eine Kiste von ganz hinten und ganz unten öffnete, fand er auch in dieser Kiste Pornofotos. Es stellte sich den Beamten die Frage, was Bauer Steffen mit so vielen Pornofotos angestellt hatte und es blieb eigentlich nur die Erklärung, dass er in der Zeit, in der die Pornografie noch nicht frei zugänglich war und noch nicht im Internet von jedem heruntergeladen werden konnte, die Bilder verkauft hatte. Jetzt war er auf seinen Schundbildern sitzengeblieben und wurde sie nicht los, weshalb er sie auf seinem Speicher hortete. Einen Computer hatten die Beamten nicht im Haus gefunden, wahrscheinlich hatten die Steffens keinen Zugang zu der modernen Technik. Warum aber ist die gesamte Familie getötet worden, gab es einen Zusammenhang zu den beiden vorherigen Morden, Fragen, die die Beamten mit aufs Präsidium nahmen. Sie gaben das Drahtstück aus dem hinteren Teil der Scheune beim Labor ab und setzten sich kurz vor Feierabend noch in ihr Dienstzimmer, dachten nach und kamen nicht weiter, sie fuhren nach Hause. Am Abend rief KOK Schneider seinen Kollegen Kortner an und sagte ihm:
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