Es ist korrekt zu sagen, dass Musiker Künstler sind. Sie erschaffen eben mit Noten und nicht mit Farben, Stein oder anderen Materialien. Trotzdem sind sie Künstler. Es gibt welche, die dich inspirieren und welche die es nicht tun, wie bei jedem anderen Künstler und seinen Werken. Findest du einen Musiker einfach nur grässlich? Schön, jemand anderes lebt mit seinen Werken richtig auf.
Bereits unzählige Male, habe ich jemandem behaupten hören “dieses Lied ist nicht gut“ oder “das ist ja totaler Mist“ und mehrere Variationen davon. Meiner Ansicht nach, sind diese Aussagen nicht anzuwenden. Es wäre doch richtig die Aussage mit “ich finde…“ oder “für mich…“ zu beginnen. Denn es geht um eine ganz persönliche Meinung. Man könnte mir nun auch Haarspalterei vorwerfen, doch lege ich nur meine Ansicht dar.
Es hat jeder das Recht auf seine eigene. Ich entscheide nicht für alle, ob ein Werk gut oder schlecht ist. Das macht jeder einzelne Bewohner dieser Erde selbst. Wenn mir jemand über den Weg läuft, der doch tatsächlich der Meinung ist, er könne sich erlauben über meinen Musikgeschmack zu urteilen, kann ich nur darüber lachen. Früher hat mich das noch wahnsinnig aufgeregt, aber mit der Zeit habe ich gemerkt, dass die Meinung anderer über meinen Musikgeschmack nichts an meinem Musikgeschmack selbst ändert.
Ich kann, darf und werde weiterhin die Musik hören, die ich möchte.
Es soll ja Menschen geben, die vorgeben ein oder mehrere Lieder zu mögen, obwohl sie bereits das Ende herbeisehnen, sobald die ersten Töne erklingen. Ich stelle mir das furchtbar anstrengend vor. Falls man den Wunsch hegt, Menschen mit dem gleichen Musikgeschmack zu finden, ist dies ein Stein den man sich selbst in den Weg legt. Jeder wie er meint.
Ich höre, während ich dieses Kapitel schreibe Musik, um in Stimmung für das Kapitel zu kommen und in diesem Moment läuft mein allerliebstes Lieblingslied aller Zeiten. “Bring me to live“ von Evanescence. Ich habe es bereits gehört, als ich mein erstes Klapphandy bekommen habe. Ich kann Dir nicht sagen, weswegen gerade dieses Lied es mir angetan hat. Ich weiß es wirklich nicht. Es ist halt so. niemals habe ich dieses Lied weitergeschaltet.
Ich habe auch ein Lied, das mir Tränen in die Augen treibt. “Sound of Silence“ und ich meine nicht die Version von Simon und Garfunkel, sondern die von Disturbed. Nein, die neuen Versionen sind nicht immer besser, genau wie es die alten nicht sind. Ich entscheide nicht, wie sehr mich etwas berührt. Ich entscheide lediglich, wie ich damit umgehe.
Wenn dieses Lied läuft, ist es das Allerschönste für mich, wenn ich dabei alleine bin, weil ich hoffen kann, dass mir davon die ein oder andere Träne die Wange hinabläuft. Das ist ein tolles und befreiendes Gefühl. Am liebsten höre ich Musik sowieso alleine im Auto. Da kann ich ohne das kleinste Gefühl der Verurteilung, meine Gefühle äußern wie ich es für angemessen halte. Solche Momente habe ich wertschätzen gelernt.
Ja, ich kann überall Musik hören, aber man ist dann immer unter Beobachtung und da ich Musik und Gefühle ganz stark verknüpfe, werde ich nicht gerne dabei beobachtet. Richtig schade finde ich es dann, wenn sich jemand dann negativ über ein Stück äußert, das ich doch so gerne mag.
Bei manchen Liedern verfalle ich in so eine Art Trance. Meine ganze Aufmerksamkeit gilt in diesen Minuten diesem Lied. Wenn mich jemand dann herausreißt, dann bleibt mir keine andere Wahl, als das Lied erneut zu starten. Ich will dem Lied einfach die richtige Aufmerksamkeit widmen, die es verdient.
Es muss nicht zwangsläufig ein Mensch sein, der mich unterbricht. Es kann auch sein, dass meine Aufmerksamkeit auf die Straße gerichtet sein muss, wenn ich beispielsweise im Auto unterwegs bin. Es kann dabei schon einmal vorkommen, dass ich ein Lied fünf Male von vorne beginne.
Wenn so ein Lied irgendwo im Radio läuft, dann bitte ich meinen Begleiter, wenn gerade einer da ist, er möge mir die Möglichkeit geben, mir die paar Minuten zuzugestehen, in denen ich mich nur auf das Lied konzentrieren kann. Ich bedanke mich auch immer recht herzlich, denn dies ist eine Sache, die mir viel bedeutet. Ich habe es schon erlebt, dass Menschen kein Verständnis dafür aufbringen oder meine Bitte ganz einfach ignorieren. So jemand hat keinen Stein im Brett bei mir.
Ich finde ja, dass italienische Lieder die höchste Erfolgsquote bieten, wenn es darum geht ein romantisches Lied zu finden. Lieder, bei denen mir tatsächlich ein leichter Schauer über den Rücken läuft, wie “Vietato Morire“ von Ermal Meta. Bereits wenn die erste Note erklingt, bin ich gefesselt. Die Ursache, dass mich deutsche Lieder nicht so oft ansprechen, kann bei mir auch daran liegen, dass ich das Hochdeutsch immer mit der Schule verbinde. Da ich gebürtige Südtirolerin bin, ist meine Alltagssprache der südtiroler Dialekt.
Ich lerne für mein Leben gern, doch die Schule hat mir nie wirklich Freude bereitet.
Ich kenne, so glaube ich, kein deutsches Lied, das mir so unter die Haut geht, wie viele italienische. Einige englische gibt es schon, so zum Beispiel die zuvor genannten.
Wenn ich nun dem Text gar nicht folgen kann, weil es in einer mir nicht bekannten Sprache gesungen wird, dann kommt alles auf die Melodie an.
Bei solchen Liedern, die mich nur mit ihrer Melodie zu bewegen vermögen, da suche ich niemals nach dem Text.
Vielleicht ist der Text in meinen Augen echt dämlich und ich kann das Lied nicht mehr mit den gleichen Ohren hören.
Ein Risiko das ich nicht gewillt bin einzugehen.
Es gibt ein französisches Lied, an welches ich in diesem Augenblick denke.
Vielleicht singt die Frau auch von einem Erbsensuppenrezept, ich weiß es nicht und ich will es auch nicht wissen. Was ich weiß ist, dass ich bei diesem Lied komplett abschalten kann. Die Sängerin klingt auch ein wenig traurig, also das perfekte Lied, wenn ich etwas niedergeschlagen bin.
Je nach Laune die ich gerade habe, höre ich ein Lied, welches meinen Zustand intensiviert. Ich muss mein Gefühl voll und ganz spüren - egal welches. Wenn ein Lied nicht das widerspiegelt, was ich gerade fühle, wird es nicht von mir gehört.
An dieser Stelle möchte ich eins nicht unerwähnt lassen und zwar sind es die Klänge. Du hast mit Sicherheit Klänge und Geräusche wahrgenommen, mit denen Du etwas ganz Bestimmtes verbindest. Wie es auch mit Gerüchen ist.
Jedes Geräusch hat eine Wirkung auf Dich. Das Geräusch eines Autos das plötzlich abbremst, wird Dich dazu veranlassen, in die Richtung zu schauen, von der du das Geräusch gehört zu haben glaubst. Wenn du auf einen bestimmten Anruf wartest, dann fühlst Du auch etwas, wenn das Telefon klingelt. Welches Gefühl das ist, variiert je nachdem wen Du am anderen Ende der Leitung vermutest. Ich persönlich, habe jedem der Menschen die ich gut kenne, einen ganz persönlichen Klingelton in meinem Handy zugewiesen.
Wenn ich gewisse Klingeltöne höre, dann freue ich mich wie ein Schneekönig. Bei anderen sieht die Sache entsprechend anders aus.
Höre ich wie die Abzugshaube abgeschaltet wird freue ich mich, weil ich weiß, dass es bald etwas Leckeres zu essen gibt. Es gibt Klänge die eine beruhigende Wirkung auf jemanden haben können.
Ruf Dir Doch mal den Klang eines Windspiels ins Gedächtnis. Nicht eines, das über eine Tür gehängt wird, um über Eintretende in Kenntnis gesetzt zu werden, sondern eines, das fröhlich im Wind baumelt.
Welche Wirkung hat dieser Klang auf Dich?
Hängt bei Dir zu Hause vielleicht eins und du lauschst dem Spiel der Noten?
Fällt Dir vielleicht noch ein anderer Klang ein, der etwas in Dir auszulösen vermag?
Innere Ruhe oder vielleicht auch Unbehagen?
Ein Geräusch, dem ich jedes Jahr aufs Neue lausche ist jenes welches entsteht, wenn man im Herbst über abgefallene und getrocknete Blätter schreitet. Das gleiche gilt für den Schnee im Winter. Wie der Schnee Geräusche zu verschlucken vermag finde ich unendlich faszinierend.
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