deren Bräutigam Soldat war. Als dieser nun in den
Krieg mußte, gab er seinem Bruder sein Geld, um es
der Braut zu überliefern, wenn er selbst nicht wiederkommen
sollte. Der Soldat kam im Kriege wirklich
ums Leben, der Bruder aber lieferte das Geld nicht ab,
sondern verwandte es zu seinem eigenen Vorteile.
Nun hatte aber der Geist des Verstorbenen keine
Ruhe. Oft erschien des Nachts eine weiße Gestalt bei
der Braut, und als die Braut aus Furchtsamkeit die andere
Magd veranlaßte, bei ihr zu schlafen, kam der
Geist dennoch über die andere Magd weg zu ihr. Endlich
ging sie zu ihrem Pastoren. Der riet ihr, den Geist
zu fragen, weshalb er zu ihr komme. Sie tat dies, und
der Geist erwiederte, er sei ihr Bräutigam; er habe seinem
Bruder Geld für sie anvertraut, das habe dieser
unterschlagen. Nun habe er keine Ruhe, bis sie es bekomme.
Die Magd verlangte und erhielt nun das
Geld, und von da an ward der Geist nicht wieder gesehen.
i.
Am alten Fahrwege von Hooksiel nach Waddewarden,
wo der Weg nach Jever abbiegt, stand bislang
ein altes Bauernhaus, Mehringsburg genannt. In alten
Zeiten ist hier einmal die Hausfrau gestorben, und wie
sie beerdigt werden soll, hält ihr der Pastor von Waddewarden
vor versammelten Leidtragenden die Leichenrede.
Ehe er aber damit zu Ende ist, röten sich
auf einmal die Wangen der Verstorbenen, und kurze
Zeit darauf erhebt sie sich im Sarge und lebt wieder.
Aus Dankbarkeit für ihre Genesung beschenkte die
Frau den Pastoren mit einem fetten Ochsen, behielt
aber den Ochsenkopf zum Andenken für sich und ihre
Nachkommen und hing denselben an dem Hahnebalken
des Hauses auf. Nach langen Jahren kam die
Mehringsburg in die Hände einer anderen Familie,
und der neue Besitzer, der von der Geschichte nichts
wußte, fand auch den alten beräucherten Ochsenkopf
und warf das unnütze Ding in eine Ligusterhecke
neben dem Hause. In der folgenden Nacht hörten die
Hausbewohner einen großen Lärm in der Scheune im
Viehstall, und als sie aufstanden, fanden sie alles
Vieh verkehrt auf dem Stalle stehend in großer Unruhe.
Der Eigentümer erzählte dies seinen Nachbarn, da
sagte ihm ein alter Mann, das komme davon, daß er
den Ochsenkopf aus dem Hause entfernt habe; er solle
denselben nur wieder an den Hahnebalken hängen,
dann werde so was nicht wieder vorkommen. So ist es
denn auch geschehen, und die Ruhe war wieder hergestellt.
k.
Eine Gräfin von Delmenhorst übergab auf ihrem Sterbebette
ihren drei Töchtern zehn Diamanten, davon
waren neun ganz gleich, der zehnte aber sehr groß
und wie ein Auge gestaltet. Sie bat dabei die Töchter,
sich wegen der Steine unter einander zu einigen; sie
selbst wolle die Teilung nicht vornehmen, damit es
nicht scheine, als wolle sie eine bevorzugen. Die
Töchter in ihrem großen Schmerze über den bevorstehenden
Verlust ihrer Mutter gelobten, daß die Steine
keinen Zwist unter sie bringen sollten, und jede war
sogar bereit, sogleich den großen Diamanten den anderen
zu überlassen. Die Gräfin starb nun in Frieden.
Lange Zeit wurde der Diamant nicht erwähnt. Endlich
aber wünschten die Töchter doch, ein Andenken von
der Verstorbenen zu besitzen, und gingen an die Teilung.
Die neun gleichen Steine waren bald verteilt,
aber auf den großen Stein, den früher keine haben
wollte, erhob nun jede Anspruch. Die älteste machte
ihr Alter geltend, die zweite, sie führe der Mutter
Namen, die dritte, sie sei der Mutter Liebling gewesen.
Die Schwestern, bisher ein Herz und eine Seele,
gerieten in große Uneinigkeit, und alle Bemühungen
des Vaters, den Frieden wieder herzustellen, blieben
fruchtlos. Da nahm ihnen der Vater den großen Dia-
manten weg und sagte, daß nun keine denselben besitzen
solle. Aber auch hierdurch kam kein Friede, denn
jede von ihnen warf nun den anderen vor, daß sie von
ihnen um ihr Recht betrogen sei. Seit aber die Töchter
ihres Gelübdes der Einigkeit so vergessen hatten, erschien
allnächtlich der Geist der Verstorbenen wehklagend
unter den Fenstern des Grafen. Der bekümmerte
Graf wußte kein Mittel, seinen Töchtern die
Eintracht und seiner verstorbenen Gemahlin ihre
Ruhe wieder zu geben, bis endlich ein alter Pilger, der
bei ihm einkehrte, ihm den Rat gab, den Diamanten in
eine Kirche zu vermauern, die Kirche aber da zu
bauen, wo ein Gänserich, den er vom Schlosse aus
fliegen lasse, sich setzen würde. Der Graf befolgte
den Rat und baute die Kirche zu Ganderkesee, welche
den Diamanten noch in einer ihrer Mauern birgt. Seitdem
war der Streit der Töchter vorbei, und die Mutter
konnte ruhig in ihrem Grabe bleiben (Delmenhorst).
l.
In den Hamberger Bergen, Ksp. Visbek, liegt ein
Schatz verborgen, er hat aber bis jetzt noch nicht gehoben
werden können, denn er muß in der zwölften
Stunde der Nacht gehoben werden, und es hütet ihn
ein Mann mit einer hohen spitzen Mütze auf dem
Kopfe. Wenn auch Leute hingehen, so laufen sie doch
stets davon, sobald sie den Mann erblicken; denn
wenn einer ihm zu nahe kommt, wirft er ihm Sand in
die Augen. Es sind daher schon viele, welche bei
Nacht dieses Weges gingen, verirrt, weil sie so viel
Sand in die Augen bekamen.
m.
Zwischen Hohenkirchen und Mederns liegt eine Warfstelle,
auf welcher noch bis vor wenigen Jahren ein
Haus namens Klingswarfen gestanden hat. Jetzt sieht
man dort des Nachts zwei Fräulein Arm in Arm auf
und ab gehen, die einen in der Anhöhe vergrabenen
Schatz bewachen. Die Versuche, den Schatz zu
heben, sind noch immer mißlungen, da in dem entscheidenden
Augenblicke jedesmal einer der Schatzgräber
ein Wort sprach, sodaß der Schatz wieder in
die Tiefe hinabrollte.
n.
Einstmals ging eine Frau aus Hüllmanns Hause zu
Wiefelstede in der Johannisnacht um 12 Uhr über den
Wiefelsteder Esch. Auf einmal erblickte sie links vom
Wege, der nach Gristede führt, ein großes helles
Feuer. Die Neugier trieb sie hinzu, und als sie niemand
dabei bemerkte, trat sie ganz nahe an die Glut
und sah, daß dort ein großer Schatz aufgehäuft lag,
der wie ein helles Feuer glänzte. Schnell entschlossen
warf sie einen Kreuzdornstock, den sie gerade in der
Hand trug, auf das Feuer, das nun augenblicklich erlosch.
Die Frau säumte nicht, eifrig die Schätze aufzusammeln;
da erscholl eine Stimme ganz in ihrer Nähe:
»Nimm so viel du tragen kannst; wenn du aber deine
Last niedersetzen mußt, ehe du sie im Hause hast, so
verschwindet der Schatz.« Die Frau folgte dem Rate,
belud sich zwar tüchtig mit dem Golde, brachte es
aber richtig nach Hause hin, ohne abzusetzen. Seit
dieser Zeit war die Familie sehr reich, aber die Frau
war von dem schweren Tragen ganz schief geworden.
Vgl. 180 e.
o.
Die erste Leiche, die in der gräflichen Familiengruft
zu Varel beigesetzt wurde, war die einer Gräfin von
Ungnad, welche von Geburt bürgerlich war. Als nun
nach ihr Leichen beigesetzt wurden, alle von Personen
adeliger Geburt, ging sie wieder und erschien alle
Abend, sobald es dunkel ward, auf dem Kirchhofe.
Das Gespenst verschwand, seit die letzte Leiche beigesetzt
ward, die der Gräfin Sarah, welche gleichfalls
von Geburt bürgerlich war.
174.
Wenn der Lebende ein Versprechen gab und nicht erfüllte,
namentlich zu kirchlichen oder Wohltätigkeitszwecken
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