weiß es nicht mehr, aber er war sehr reich und auch
Eigentümer des ganzen Hasbruchs. Seinem Sohne
aber, der nach dem Genusse des Reichtums begierig
war, lebte er zu lange, und dieser tötete ihn, indem er
dem Schlafenden geschmolzenes Blei in die Ohren
goß. Der Gemordete geht nun nachts um und stößt
dasselbe schreiende Gelaut aus wie damals, als ihm
sein Sohn das Blei ins Ohr goß.
Vgl. 181 c.
e.
Auf Gut Ihorst, Ksp. Holdorf, geht beim sog. Hauptmannstimpen
allnächtlich ein Hauptmann in voller
Uniform. Als die verbündeten Truppen im Lande
waren, lag nämlich ein Hauptmann Devis oder Dewitz,
ein Hannoveraner wie man sagt, auf Gut Ihorst
in Quartier. Er war sehr brutal gegen seine Soldaten
und ließ unter anderem einen Soldaten, der morgens
zum Exerzieren etwas zu spät kam, Gassen laufen.
Der Soldat wurde hierüber so erbittert, daß er den
Vorsatz faßte, den Hauptmann zu töten. Er führte den
Vorsatz aus, als eines Abends der Hauptmann von
Burg Dinklage, wo der Höchstkommandierende, ein
blinder Prinz, sein Quartier hatte, zurückkehrte, und
zwar an der Stelle, wo der Hauptmann noch jetzt wiedergeht.
Die Leiche wurde zuerst in der Miststätte des
Brämswig zu Brokdorf, hernach in der Dinklager
Wöste verscharrt, endlich aber nach dem Dinklager
Kirchhofe gebracht. Der Täter wurde von den Gerichten
nicht ermittelt, obwohl seine Kameraden und die
gewöhnlichen Leute es recht gut wußten. Er hat später
Dienste in England genommen, und soll auf der
Rückreise nach seiner Heimat im Wirtshause auf Gut
Lethe getroffen sein. Wird auch so erzählt: Bei einer
Einquartierung wurde ein Soldat von seinem Haupt-
mann zum Spießrutenlauf verurteilt. Der Delinquent
hatte die ihm zudiktierten 25 Gänge gemacht, als der
Hauptmann rief: »Nun noch einmal zu meinem Vergnügen,
« und der arme Sünder mußte nochmals laufen.
Nach kurzer Zeit fand man den Hauptmann ermordet
in einem Pfuhle in der kleinen Wöste. Alles
Forschen nach dem Täter war vergebens. Später kam
ein Schreiben an den Vogt in Dinklage: »Suchet nicht
weiter nach dem Mörder, die eigenen Leute haben den
Hauptmann getötet.« Seit dieser Zeit meiden die
Leute den Weg durch die kleine Wöste, sie glauben,
den Geist des ermordeten Hauptmanns im Wasser zu
sehen.
Vgl. 179 e.
f.
Im siebenjährigen Kriege mußte ein Bauer aus dem
Kirchspiel Emstek, weil es zu jener Zeit überall noch
schlechte Wege gab, mit vorspannen. Er war schon
früh morgens bestellt und mußte die Wagen abholen,
sodaß er am Abend nahe zu seiner Wohnung kam.
Unterwegs fragte er aus den Soldaten, welche als
Wache bei den Wagen waren, heraus, daß sich auf
seinem Wagen die Kriegskasse befinde. Das brachte
ihn sehr in Versuchung, und er dachte auf Mittel, wie
er wohl zu dem Gelde gelangen könne. Als es am
Abend dunkel war, mußten sie noch durch ein Wasser
fahren. Der Bauer stieg deshalb auf den Wagen und
arbeitete, ohne daß die Wache etwas davon merkte,
einen schweren Packen von dem Wagen ab und ließ
ihn in das Wasser fallen. Am andern Morgen in aller
Frühe ging er mit seinem Knechte zu dem Wasser,
holte den Packen heraus, brachte ihn nach Hause, und
da sie fürchteten, daß nachgesucht werde, warfen sie
ihn in den Brunnen. Auch dauerte es nicht lange, da
kamen zwei Mann mit Pferden und fragten den Bauer,
ob er was gefunden hätte; aber der Bauer sagte nein,
er wisse von nichts. Sie ritten nun weiter, kamen aber
bald zurück und fragten nochmals, ob der Bauer
nichts gefunden habe; der aber wollte von nichts wis-
sen. Da fingen die beiden ganz erbärmlich an zu weinen
und baten, wenn er es habe, möge er es doch herausgeben,
denn wenn sie es nicht wiederbrächten,
würden sie andern Tags beide totgeschossen. Der
Bauer ließ sich nicht erweichen, sondern wies sie ab,
und diese beiden Soldaten, welche als Wache bei den
Wagen gewesen waren, wurden am andern morgen
wirklich vor ein Kriegsgericht gestellt, zum Tode verurteilt
und erschossen. Am Abend, nachdem dies geschehen,
war auch dem Bauer, welcher davon gehört
hatte, nicht ganz sonderlich zu Mute, und als er zu
Bette lag, kamen die beiden Soldaten wieder und vor
sein Bett und beschuldigten ihn, daß sie wegen seiner
Schlechtigkeit hätten sterben müssen. Der Bauer sah
sie von nun an jeden Abend, das ganze Haus wurde
unsicher, und er hatte nirgends Ruhe vor den beiden.
Der Bauer ließ endlich sein Haus abbrechen und auf
einer ganz andern Stelle wieder aufbauen, und in das
Haus sind sie nicht gekommen. Der Bauer ist nachmals
sehr reich gewesen, aber seine Kinder, obwohl
er jedem ein großes Vermögen mitgeben konnte, sind
doch alle arm geworden und zuletzt sämtlich aus Armenmitteln
unterhalten worden. (Geschichten von
Leuten, die Kriegskassen gestohlen oder sich in
Kriegszeiten auf nicht rechtmäßigem Wege bereichert
hatten, gingen früher stark im Volke. Wer nach Feldzügen
ungewöhnlich rasch in die Höhe kam, plötzlich
großen Aufwand trieb usw., konnte leicht in den Verdacht
kommen, eine Kriegskasse unrechtmäßiger
Weise in seinen Besitz gebracht zu haben. Auch nach
den Kriegen von 1866 und 1870/71 konnte man ähnliche
Erzählungen hören.)
Vgl. 176 a.
g.
Geht man von Groß-Ostiem den Fahrweg nach Schortens,
so liegt unweit von Schortens am Wege und
zwar da, wo der Küster, wenn eine Leiche dieses
Weges kommt, mit seinen Schülern zum Singen vor
die Leiche tritt, ein großer Stein, Lübbensteen genannt.
Vor langen Jahren kamen zwei Brüder hier in
Streit und kämpften so erbittert, daß beide tot auf dem
Platze blieben. Als die Anwohner die Leichen entfernen
wollten, waren diese verschwunden, und der Stein
lag an ihrer Stelle, die Brüder waren in Stein verwandelt.
Nachts hört man an dieser Stelle oftmals Waffengeklirr,
und allerhand unheimliche Dinge werden
sichtbar. Daher wird der Platz in der Dunkelheit möglichst
gemieden.
h.
Im Jahre 1427, am 28. Oktober, wurde zwischen
Occo ten Broke und Focko Ukena auf den Wilden Äkkern,
einer Landfläche zwischen Tehnhusen und Upgant,
eine furchtbare Schlacht geschlagen. Focko
Ukena war Occo an Zahl seiner Krieger weit überlegen
und besiegte ihn auch, aber erst nach langem erbitterten
Kampfe; gegen 4500 Menschen sollen dort
an einem Tage gefallen sein. Reisende, deren Weg sie
nachts über das Schlachtfeld führte, haben oft gesehen,
daß die Geister der Erschlagenen noch immerfort
sich bekämpfen, und es soll ein schauerlicher Anblick
sein. Mit Grimm und Wut, aber lautlos, schwingen
die erschlagenen Krieger in fleischlosen Händen die
Waffen, umfassen sich ringend mit knöchernen
Armen oder durchbohren einer den andern mit
Schwert oder Spieß, bis das Morgengrauen die Spukgestalten
verscheucht.
i.
In alten Zeiten soll das Neuenburger Holz bei Bockhorn
durchweg Ackerland gewesen sein, worauf auch
noch jetzt unter den wenigstens dreihundert Jahr alten
Eichenbeständen die breiten hohen Aecker hindeuten.
Die Besitzer dieses Ackerlandes waren zuletzt drei
(zwei) alte Jungfern. Sie hatten dasselbe lange Zeit an
die Grafen von Oldenburg verpachtet, konnten sich
aber nach Ablauf der Pacht wegen der ferneren Bedingungen
mit den Grafen nicht einigen. Endlich kamen
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