und Bankdirektor in Oldenburg eine Reihe von
Jahren Mitglied des Stadtrats, wiederholt stellvertretender
oder erster Vorsitzender desselben und zugleich
in verschiedenen Kommissionen für städtische
Angelegenheiten tätig war. Mehrmals war er auch
Mitglied des Landtags. Als er starb, stand er als Präsident
an der Spitze dieser Körperschaft. Sein Tod
trat ein am 4. März 1881. Eine Witwe oder Kinder
hinterließ er nicht. Zur Gründung eines eigenen Hausstandes
war er nicht gekommen; anfangs fehlten die
Mittel, später hielten ihn eingebildete oder begründete
Bedenken davon ab.
Damit haben wir kurz den Lebensgang Strackerjans
nach seiner beruflichen Seite gezeichnet. Mehr
Reiz hat für uns an dieser Stelle die Tätigkeit Strakkerjans
auf demjenigen Gebiete, das außerhalb seiner
eigentlichen Berufspflichten lag, seine schriftstellerischen
Arbeiten auf dem Gebiete der Heimatkunde, namentlich
seine kulturhistorischen Studien. Strackerjans
Interesse für die engere Heimat, ihre Geschichte
und Eigentümlichkeiten war ein väterliches Erbteil,
wie uns sein Bruder, der frühere Direktor der Realschule
in Oldenburg, Karl Strackerjan, erzählt.1 Wo
Ludwig Strackerjans eigentliche Kraft lag, das zeigte
sich sofort, als er als blutjunger Akzessist oder Referendar
die Schriftleitung der Oldenb. Zeitung übernahm.
Seine Politik war noch unreif, aber der Teil für
örtliche Angelegenheiten blühte auf, da er sich namentlich
um einheimische Nachrichten bekümmerte,
und diese Pflege der einheimischen Berichterstattung
führte dem Blatte eine Menge neuer Leser zu. Im
Jahre 1850 veröffentlichte er eine Schrift »Aus dem
Kinderleben« (Spiele, Reime, Rätsel), und mit dem
Eintritt in den Magistrat der Stadt Oldenburg übernahm
er die Leitung des Gemeindeblattes, zu dessen
Gründung er selbst durch einen Aufsatz in der Oldenb.
Zeitung die Anregung gegeben hatte. Eine von
ihm angelegte Sammlung friesischer Personen- und
Ortsnamen übergab er seinem Bruder Karl, welcher
sie für seine Abhandlung »Die jeverländischen Personennamen
«, Jever 1864, verwertete. Bis zuletzt suchte
er dem Volksmunde plattdeutsche Sprichwörter und
sprichwörtliche Redensarten abzugewinnen, welche er
gelegentlich zu zusammenhängenden Aufsätzen verarbeitete,
z.B. Lehre vom Essen, Hausinschriften (Von
Land und Leuten, S. 37 u. 42), Geld und Gut im
plattdeutschen Sprichworte (Gesellschafter 1870, S.
91), Gerätinschriften, Straßennamen (Ges. 1868, S.
62), Wetterregeln (Oldenb. Zeitung 1870, Febr. 2),
»Deutscher Sprüche Ein Tausend« (Verlag des nordwestdeutschen
Volksschriftenvereins, 1879). In seinem
Nachlasse fand sich eine Menge von Drehorgelliedern.
Eine Frucht dieser Sammlung war die Abhandlung
»Die Zeitung an der Drehorgel« (Von Land
und Leuten, S. 145). Von Strackerjans Liebhaberei
für kulturhistorische Studien zeugen noch Der Phiesewarder
Bauernbrief (Ges. 1858), Vom Hausrechte
(Ges. 1860), Ein Kriminalproceß (Ges. 1860), Graf
Günther und die Jagd (Ges. 1862), Der Brand zu Oldenburg
1676 (Ges. 1863), Der Vareler Brand 1751
(Ges. 1864), Jan Krahner (Ges. 1864), Spaziergang
nach Hundsmühlen (Ges. 1868), Das Armenwesen im
Herzogtum Oldenburg (Ges. 1870), Frühere Münzzustände
in Jever (Ges. 1872), Geschichtliche Notizen
über die Verkehrswege im nördlichen Teile des Herzogtum
Oldenburg (Zeitschrift für Verwaltung und
Rechtspflege, Bd. 5), Fromme Laienbrüderschaften
im mittelalterlichen Oldenburg (Kirchl. Beiträge
1881), Das Kloster Blankenburg (Ges. 1882), um anderer
Aufsätze und Nachrichten in verschiedenen Zeitschriften
nicht zu gedenken.
Daß er auch für die Schönheiten der Natur und
Landschaft nicht unempfänglich war, beweiset die
Herausgabe »Oldenburger Spaziergänge und Ausflüge
«, 1875, ein Führer durch die schönsten Partien des
Oldenburger Landes. Das Buch hat bis heute 4 Auflagen
erlebt; anfangs ein mageres Heftchen, ist nach
und nach ein kleiner Bädeker daraus geworden, der
sich sehen lassen darf. Eine Frucht Strackerjanscher
Wanderungen war auch das Büchelchen »Die Osenberge
«, 1879. In dieser Abhandlung hat der Verfasser
sich selbst gezeichnet. Es war sein Schwanengesang.
Gründliches Wissen, scharfe Beobachtung, Humor,
Gemüt und poetische Auffassung vereinen sich hier
zu einem Bilde, dem der Leser die Hochachtung nicht
versagen kann.
Die bedeutendste Arbeit hat der Verblichene geleistet
in seinem zweibändigen Werke »Aberglaube und
Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg«, Oldenburg
1867. Er selbst schreibt darüber am 24. August 1880:
»Die Sammlung geht in ihren allerersten Anfängen in
meine Schülerjahre zurück, wurde aber erst in den
60er Jahren kräftiger angefaßt. Ich gab mir viele
Mühe, das Material herbeizuschaffen, schrieb Briefe
über Briefe, versandte ein gedrucktes Zirkular in
3-400 Exemplaren und hatte Erfolg, ich darf wohl
sagen glänzenden Erfolg, obgleich ich auch vor Täuschungen
nicht ganz bewahrt geblieben bin . ..... Es
ist kein Lesebuch, was ich zusammengeschrieben,
aber eine zu wissenschaftlicher Benutzung wohl geeignete
Schrift und auch geeignet, darin zu lesen. Der
Schriftsteller über oldenburgisches Land und Leute
findet in ihr eine rechte Quelle alter Volksüberlieferung.
Das Buch ist vielfach rezensiert, wird von Germanisten
viel benutzt usw.« Mit Recht, schreibt der
Realschuldirektor Strackerjan, hat sich der Verfasser
dieser Arbeit gefreut. Sie war die einzige, welche zu
einem gewissen Abschlusse gebracht wurde, sich
einen bevorzugten Platz in den Bibliotheken eroberte
und Ludwig Strackerjan einen Ruf verschafft hat, der
weit über die Grenzen Oldenburgs geht. Einzelnes in
den »Aberglauben und Sagen« hat später dem Verfas-
ser noch Anlaß zu eingehenden Untersuchungen gegeben.
Im Gesellschafter 1869 veröffentlichte er einen
Aufsatz über die Katze im deutschen Volksglauben,
und die Wahrnehmung, daß der Vorspuk auch von
Leuten festgehalten wird, die sonst allen Aberglauben
abweisen, brachte ihn dazu, in einer größeren Abhandlung
seine Gründe für die Unhaltbarkeit des Vorspukglaubens
zu entwickeln.2
Was sich nach dem Tode Strackerjans in dessen
Nachlaß an fertigen kulturhistorischen Aufsätzen vorfand,
hat der Bruder, Realschuldirektor Karl Strackerjan,
1881 unter dem Titel »Von Land und Leuten,
Bilder und Geschichten aus dem Herzogtum Oldenburg
von Ludwig Strackerjan« veröffentlicht. Auf einige
dieser Aufsätze ist bereits hingewiesen worden,
die Überschriften der anderen lassen wir hier folgen:
Erinnerungen aus der Marsch, Hünensteine im Oldenburgischen,
Kirchhofslinde zu Oldenburg, Eine Pastorei
im Jahre 1700, Das Regenkleid, Strafrecht vor 200
Jahren, Edo Wiemken der Ältere, Die Ocholter
Lünse, Eine Herbstdeichschau, Wetterstimmungen,
Die räumliche Entwicklung der Stadt Oldenburg vor
und nach dem Freibriefe von 1345, Wie's der alte Lüning
gemacht hat, Die Torsperre in Oldenburg. – Im
Jahrbuch für die Geschichte des Herz. Oldenburg Heft
VII, 1898, wurde aus dem Nachlasse Strackerjans
veröffentlicht eine Abhandlung: Zur oldenburgischen
Stadtgeschichte im 16. und 17. Jahrhundert.
Fußnoten
1 In der Einleitung zu »Von Land und Leuten, Bilder
und Geschichten aus dem Herzogtum Oldenburg«,
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