Lisa Janssen
Der Weg über die Southwark Bridge
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Inhaltsverzeichnis
Titel Lisa Janssen Der Weg über die Southwark Bridge Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog Der Weg über die southwark bridge Die Strecke vom Belgrave Place im Stadtteil Belgravia bis zur Southwark Cathedral über die Southwark Bridge dauerte mit der Kutsche etwa eine Stunde. Mit der neuen motorisierten Kutsche, die in Deutschland vorgestellt worden war und selbst in England für Schlagzeilen sorgte, mochte es vielleicht ein wenig schneller gehen. Und wenn er in die Londoner Underground eingestiegen wäre, die sich seit einigen Jahren unter der Stadt hindurch schlängelte und die wichtigsten Plätze in der City miteinander verband, hätte er es sogar in einer halben Stunde schaffen können. Doch Matthew Collins brauchte zwanzig Jahre seines Lebens bis er in der hintersten Kirchenbank der riesigen Kathedrale am Südufer der Themse Platz nehmen sollte, um auf sie zu warten. Er würde vergeblich dort sitzen in dem riesigen Kirchenschiff und den Prunk der vergangenen Jahrhunderte betrachten. In diesen zwanzig Jahren sah er die Stadt seiner Geburt, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte, er fand einen neuen Freund und verlor seine große Liebe. Aber als Matthew Collins an diesem Sonntagmorgen des 14. März im Jahre 1892 gegen elf Uhr das Haus verließ, konnte er von alldem noch nichts ahnen.
Februar 1815 bis Mai 1819
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
Epilog
Impressum neobooks
Der Weg über die southwark bridge
Die Strecke vom Belgrave Place im Stadtteil Belgravia bis zur Southwark Cathedral über die Southwark Bridge dauerte mit der Kutsche etwa eine Stunde. Mit der neuen motorisierten Kutsche, die in Deutschland vorgestellt worden war und selbst in England für Schlagzeilen sorgte, mochte es vielleicht ein wenig schneller gehen. Und wenn er in die Londoner Underground eingestiegen wäre, die sich seit einigen Jahren unter der Stadt hindurch schlängelte und die wichtigsten Plätze in der City miteinander verband, hätte er es sogar in einer halben Stunde schaffen können. Doch Matthew Collins brauchte zwanzig Jahre seines Lebens bis er in der hintersten Kirchenbank der riesigen Kathedrale am Südufer der Themse Platz nehmen sollte, um auf sie zu warten. Er würde vergeblich dort sitzen in dem riesigen Kirchenschiff und den Prunk der vergangenen Jahrhunderte betrachten. In diesen zwanzig Jahren sah er die Stadt seiner Geburt, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte, er fand einen neuen Freund und verlor seine große Liebe. Aber als Matthew Collins an diesem Sonntagmorgen des 14. März im Jahre 1892 gegen elf Uhr das Haus verließ, konnte er von alldem noch nichts ahnen.
Februar 1815 bis Mai 1819
Aufgeregtes Gemurmel erfüllte den langgestreckten Saal, in dem rund zwanzig Männer Platz genommen hatten. Vertäfelte Wände und lange schwere Vorhänge sorgten für eine düstere Atmosphäre und eine stickige warme Luft, die die Herren in ihren Anzügen schwitzen ließ. Draußen hingegen peitschte ein eisiger Wind durch die Straßen der Stadt und so gesehen beschwerte sich keiner der Gentlemen. Am vorderen Ende des Raumes stand ein Mann ganz allein, dutzende von Papieren und Zeichnungen auf dem Tisch ausgebreitet und sprach zu ihnen mit fester sicherer Stimme. Er war von seinem Projekt überzeugt, doch in den Reihen der Gentlemen kamen Diskussionen auf. Fragende und skeptische Gesichter waren ihm zugewandt, ihm, den sie damit beauftragt hatten eine neue Brücke zu bauen westlich der London Bridge. Die Southwark Bridge Company, die sich vor etwas mehr als einem Jahr zusammengefunden hatte, um die Konstruktion dieser und vermutlich auch weiterer Brücken ins Leben zu rufen, lauschte jetzt seit etwas mehr als einer Stunde den Worten von John Rennie, einem der bekanntesten Bauingenieure seiner Zeit. Doch das, was er ihnen hier präsentierte, war ihnen suspekt. John Rennie war ein gemütlicher, etwas korpulenter Herr mittleren Alters, dessen rotes Gesicht ein wuchtiger Schnauzbart zierte, auf den er wahrlich stolz war. Er wischte sich jetzt ein paar Schweißperlen von der Stirn und schaute in die Menge vor sich. Die Southwark Bridge war nicht sein erstes Projekt, doch die Architektur, die ihm vorschwebte, stellte etwas nie Dagewesenes dar. Die Brücke, die er auf den Zeichnungen fein säuberlich skizziert hatte, umfasste drei Rundbögen aus Gusseisen und dazwischen jeweils zwei kleine Türmchen zu beiden Seiten der Brücke.
„Meine Herren, darf ich um etwas mehr Ruhe bitten!“, versuchte er sich Gehör zu verschaffen und pochte mit der Faust auf den Holztisch.
„Gentlemen, lassen wir ihn sich noch einmal erklären“, ertönte ganz am Anfang der Sitzreihe die Stimme eines dicklichen kleinen Herrn. Das Gemurmel erstarb.
„Diese Konstruktion aus Gusseisen stellt für uns alle eine nie dagewesene Herausforderung dar und doch meine Herren, ich versichere Ihnen, die von mir entworfene Southwark Bridge wird noch in hunderten von Jahren den Norden mit dem Süden unserer Stadt verbinden.“
„Meine Güte Mr Rennie! Der mittlere Bogen umfasst knapp 80 Yard. Das sind 240 Fuß! Nie im Leben wird diese Brücke halten. Kein Mensch geschweige denn ein Fuhrwerk werden sich auf dieses Konstrukt wagen und die Schiffer werden den Kopf einziehen, wenn sie die Brücke passieren“, meldete sich ein stattlicher Herr vom anderen Ende des Saals zu Wort. Zustimmendes Gemurmel erklang. Rennie seufzte. Die ewigen Diskussionen und die Hitze im Raum machten ihm zu schaffen.
„80 Yard sind viel, aber es ist nicht unmöglich. Lassen Sie uns die Southwark Bridge zu der bedeutendsten Brücke des Landes machen, lassen Sie uns diesen Schritt gehen, um London weiterhin in eine blühende Zukunft zu steuern. Unsere Wirtschaft wächst stetig, diese Brücke ist lebensnotwendig“, rief Rennie. Vereinzelt gab es nun Applaus, doch hier und dort ein kritisches Kopfschütteln.
„Aber nicht mit einem Bogen aus Gusseisen, der diese Maße umfasst!“ Wieder ein Nicken bei vielen der Männer.
„Meine Herren!“, ertönte wieder die Stimme des Herrn aus der ersten Reihe, „ich habe vollstes Vertrauen in die Fähigkeiten von Mr Rennie. Hat er in der Vergangenheit nicht schon mehrfach bewiesen, dass er ein Meister seines Faches ist? Wir sollten zu dem nächsten Punkt auf unserer Tagesordnung übergehen, die Mautgebühren und unsere Stellungnahme gegenüber der Corporation of London.“ Mit einem Schlag wurde es wieder ruhig. Man fügte sich den Worten des Mannes, Rennie rollte seine Zeichnungen ein und setzte sich dann auf den freien Platz neben den Wortführer der Southwark Bridge Company. Als ein weiterer Herr, klein und schmächtig, eilig seine Unterlagen zusammen suchte, dann nach vorne trat und mit seinen Ausführungen bezüglich der geplanten Maut begann, beugte sich Lord Henry Winslow vorsichtig zu Rennie hinüber.
„Bleiben Sie nach der Sitzung noch hier“, flüsterte er ihm zu. Rennie nickte zur Antwort. Er wusste, was Lord Winslow mit ihm besprechen wollte, doch er wusste nicht, ob es ihm behagte, was dieser Mann und ein halbes Dutzend andere vorhatten. John Rennie war ein ehrlicher Mensch und heimliche Machenschaften gefielen ihm nicht, doch hatte er eine Wahl? Vermutlich nicht. Winslow beobachtete ihn von der Seite, aber Rennie starrte stur nach vorne und ließ sich nicht anmerken, was in seinem Kopf vor sich ging. Und dabei war es eine ganze Menge, was ihn beschäftigte und ihn von den Erklärungen bezüglich der Maut ablenkte.
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