»Verdammt, ich bin wirklich ein Idiot.«
Die Einsicht kam spät, aber sie kam.
»Was mache ich denn jetzt nur?«
»Am besten erzählst du uns erst einmal, um wen es überhaupt geht«, schlug Peter vor und schaufelte sich eine Gabel voll Rührei in den Mund.
Da das wohl tatsächlich das Vernünftigste war, berichtete ich den beiden ausführlich von meiner Begegnung mit Isa. Dabei machte ich keinen Hehl daraus, wie ungeschickt ich mich angestellt hatte. Im Nachhinein betrachtet kam mir das Ganze sogar noch viel schlimmer vor als letzte Nacht. Allein der Umstand, dass ich mehrmals versucht hatte, ihr dieses kalte Kotelett aufzudrängen, war an Peinlichkeit kaum zu überbieten.
»Sieht übel aus.«
Manchmal wünschte ich mir, Uwe wäre nicht immer von Grund auf ehrlich.
»Ja, ich weiß. Sie muss wirklich glauben, dass ich bescheuert bin.«
»Was von der Wahrheit nicht so weit entfernt ist, wie wir vorhin einstimmig festgestellt haben.«
Uwe grinste mich spitzbübisch an.
»Außerdem«, meldete sich Peter zu Wort, »ist es höchst unwahrscheinlich, dass sie überhaupt Interesse an dir haben könnte.«
»Na, herzlichen Dank aber auch. Wenn man euch beide als Freunde hat, braucht man keine Feinde mehr.«
»So habe ich das ja nicht gemeint. Aber denk einmal an die Vorbehalte, die du ihr gegenüber gehabt hast, und dann versetz dich mal in ihre Lage. Als Vegetarierin hat sie vermutlich ein eher liebevolles Verhältnis zu Tieren, du hingegen findest Tiere nur interessant, wenn du sie grillen, braten oder sonst irgendwie zubereiten kannst. Während sie bestimmt alle Lebewesen beschützen will, arbeitest du in einer Metzgerei mit tierischen Leichenteilen. Sagen wir deshalb mal so: Tendenziell ergibt sich daraus schon ein gewisses Spannungspotential zwischen euch, nicht wahr?«
Ich ersparte mir eine Antwort, denn es war offensichtlich, dass er den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. In den Augen von Isa musste ich nicht weniger als ein Monster sein.
»Verdammt, du hast recht. Ich habe nicht die geringste Chance bei ihr.«
»Nun mal ganz langsam«, meinte Uwe beruhigend, »lassen wir mal den ganzen Unsinn und betrachten die Situation systematisch. Punkt eins: Ist es dir ernst damit? Hast du dich wirklich in diese Isa verknallt?«
»Ähm ...«
»Ja oder nein?«
»Ja«, antwortete ich leise, merkte meinem Freund jedoch an, dass ihn das nicht zufriedenstellte.
»JA!«, wiederholte ich mit deutlich erhöhter Lautstärke.
»Gut, dann hätten wir das Wichtigste einmal geklärt. Punkt zwei: Auf einer Skala von eins bis zehn ist sie eine ...?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung. Eine Neun?«
Uwe lachte.
»Für dich wahrscheinlich, klar, weil du dich in sie verknallt hast, aber stell dir vor, du wärst ein neutraler Beobachter und würdest sie auf der Straße sehen. Was wäre sie dann?«
Neuerlich zuckte ich mit den Schultern.
»Immer noch eine Neun.«
Ein tiefes Seufzen drang aus Uwes Mund.
»So kann ich nicht mit dir arbeiten. Nun ja, sei es drum. Sagen wir einfach, sie ist eine solide Sieben. Daran gibt es nichts auszusetzen. Hey, viele Männer kommen ihr Leben lang nicht an eine Sieben heran, es ist ja nicht so, als ob Frauen dieser Art auf Bäumen wachsen würden. Aber gehen wir jetzt mal davon aus, dass du Teufelskerl es tatsächlich geschafft hast, in die Nähe eines solchen Geschöpfs zu gelangen. Dann haben wir immer noch das Problem, dass du wiederum ...«
Er hielt inne und starrte mich eindringlich an. Sein Blick tastete mich förmlich von oben bis unten ab, sodass ich mir wie bei einer aus dem Ruder gelaufenen Leibesvisitation am Flughafen vorkam. Ich fühlte mich mit einem Mal regelrecht nackt.
»Was?«
»Hm, wie formuliere ich das jetzt am besten?«
Nun sah ich an mir selbst herab. Plötzlich machte es »klick« und ich wusste genau, worauf Uwe hinauswollte.
»Schon klar, ich spiele nicht ganz in ihrer Liga.«
»Davon kann man ausgehen, ja.«
Er ließ den Satz wirken und ich fragte mich, ob das nun seine Vorstellung davon war, mich aufzubauen.
»Und? Was soll ich jetzt machen?«
Uwe grinste.
»Das führt uns zu Punkt drei: Was bist du bereit, für deine Liebste zu tun?«
An seinem Gesichtsausdruck war zu erkennen, dass er einen Plan hatte.
»Was schwebt dir denn vor?«, fragte ich zurück.
Sein Grinsen verbreiterte sich noch erheblich.
»Ich hoffe, du hast dich gestern sattgegessen.«
»Was soll das nun schon wieder bedeuten?«
Langsam verlor ich die Geduld mit ihm.
»Hör zu, deine Optionen sind ganz einfach«, sagte Uwe in einem kühlen Geschäftston. »Schnitzel oder Sellerie?«
Endlich ging mir ein Licht auf. Der Typ war eindeutig noch betrunken, deshalb ergab auch nichts von dem, was er sagte, einen Sinn.
»Reden wir wieder weiter, wenn du nüchtern bist«, schlug ich vor und wollte aufstehen.
Uwe hielt mich jedoch zurück und blickte mir klar und fest in die Augen.
»Schnitzel oder Sellerie?«, wiederholte er. »Deine Entscheidung. Wenn du auch nur den Hauch einer Chance bei deiner Isa haben willst, dann musst du das größtmögliche Opfer bringen, das du dir vorstellen kannst.«
Nun fiel es mir wie Frikadellen von den Augen.
»Du meinst ...«
»Sehr richtig, mein lieber Tim. Ab sofort bist du ebenfalls Vegetarier.«
Ich riss die Augen auf und verfiel in eine Art Schockstarre. War das Uwes Ernst? Oder machte er sich gerade einen fiesen Spaß mit mir? Rasch wandte ich mich Peter zu, denn ich erhoffte mir von ihm Aufklärung. Er hatte schon länger nichts mehr zu der ganzen Angelegenheit gesagt, wie mir erst jetzt auffiel.
Leider konnte ich von Peters Gesicht nichts ablesen. Offensichtlich hatte sein Körper nach einigen Happen Rührei eine weitere Runde Schlaf verlangt, um den Alkohol in Ruhe abbauen zu können. Von meinem möglichen, zukünftigen Vegetarier-Dasein hatte er somit noch gar nichts mitbekommen. Er schlief in aller Seelenruhe, wenngleich seine Position bereits jetzt ein böses Erwachen garantierte.
Peters Gesicht lag nämlich mit der Nase voraus in der heißen Pfanne und ich kam nicht umhin, den appetitlichen Geruch wahrzunehmen, der nun ganz zweifellos an gebratenes Fleisch erinnerte.
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