Gabi P.
Mutti, warum hast du mich nicht lieb?
Über die Autorin
Gabi P. wurde 1958 in einer kleinen Stadt im Sauerland geboren. In den ersten Jahren ihrer Kindheit wuchs sie liebevoll behütet bei ihren Großeltern auf, bis sie durch den Egoismus und die Eitelkeit ihrer Mutter getrieben aus ihrer vertrauten Umgebung, ihrer Heimat und dem sozialen Umfeld herausgerissen wurde. Von einer Stadt in die andere, von einer Schule in die nächste verlief ihr junges Leben in höchst unruhigen Bahnen. Immer wieder fand sie jedoch Rückhalt im Hause ihrer Großeltern. Bei ihnen schaffte sie es schließlich, ihre innere Ruhe zu finden und zu einer fröhlichen jungen Frau heranzuwachsen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter dnb.dnb.de abrufbar.
Impressum
©2022 Gabi P.
Herstellung und Verlag
epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin
Dieses Buch widme ich den beiden liebsten und wichtigsten Menschen in meinem Leben:
Alfred & Hedwig Pape
Danke dass es Euch gab!
Vorwort
Als mein Zorn am größten war und meine Wunden am tiefsten, sagte einmal jemand zu mir: „Setz dich doch einfach mal hin und schreib alles auf. Das wird dir helfen, klarer zu sehen und mit allem besser fertig zu werden.“ Und nach einigem Nachdenken stand meine Entscheidung fest: ich schreibe alles auf. Von Anfang an. ALLES. Ich schreibe es aber nicht einfach nur auf. Ich schreibe ein Buch darüber. Und hier sind wir nun!
Und eines gleich vorweg: dies hier ist kein nettes Mutter / Tochterbuch. Es ist einfach nur eine Geschichte. Meine Geschichte.
Vor allem aber möchte ich mit diesem Buch DANKE sagen an meine Oma und meinen Opa, die mich ohne Wenn und Aber bei sich aufnahmen und mich mit unendlicher Liebe, Geduld und Fürsorge groß gezogen haben. Ihnen verdanke ich, dass ich heute der Mensch bin, der ich bin.
Alles begann in einer kalten und nebligen Novembernacht des Jahres 1958.
Ich war, so erzählte meine Oma mir später, ein ganz normaler kleiner Schreihals, als ich das Licht der Welt erblickte. – Höchstens etwas schwerer, als manch andere Babys, denn Mutti hatte während ihrer Schwangerschaft tüchtig für 2 gegessen und das Resultat war eben ich: ein kräftiger, süßer Wonneproppen.
Sie entschuldigte meinen Babyspeck und ihre Frühlingsrollen später immer mit den vorwurfsvollen Worten: „Ja ich musste doch so viel essen, weil du ständig Hunger hattest.“ Aha! – Diese warmen, liebevollen Worte möchte ich an dieser Stelle jedoch lieber nicht weiter kommentieren, denn ich war ja in Mutters Bauch und daher noch völlig wehrlos.
Aber Mutti verstand es von Anfang an, ihre eigenen Fehler geschickt zu verstecken, die von anderen aber vollmundig hervorzuheben. Das erwärmte so manches Herz eines (meist männlichen) Gesprächspartners zu ihren Gunsten. Eine Eigenschaft, die mir später leider noch oft begegnen sollte ...
Und dann war ich also da, und in der ersten Zeit sehr beschäftigt mit Essen, Schlafen, die Windeln vollmachen. Und natürlich mit der wichtigsten Aufgabe aller Babys: wonnig alle Herzen im Sturm zu erobern. Ja, es war eine Zeit, in der meine winzig kleine Welt in Ordnung war. Oder zumindest fast.
Denn eine Kleinigkeit unterschied unsere Familie von Anfang an von vielen anderen Familien in der damaligen Zeit:
Mutti und meine Winzigkeit lebten im Haushalt meiner Großeltern. Ohne meinen Vater. Denn dieses Vater-Ding war in meinem Falle etwas kompliziert und sorgte in unserer Familie noch für so mancherlei Wirbel ...
In der heutigen Zeit wäre so etwas kaum mehr ein Problem, damals jedoch, Ende der 50er und auch in den 60er und 70er Jahren war das bei der noch recht zugeknöpften Gesellschaft ein absolutes NO-GO!
Ja, es war sicher nicht einfach für Mutti, in dieser Zeit mit einer stets größer werdenden Kugel vor dem Bauch herumzulaufen. Es wurde hinter ihrem Rücken getuschelt und es gab schon die ein oder andere spitze Bemerkung hinsichtlich ihrer nach vorne wachsenden Größe. Und sowas ist zugegebenermaßen nie schön. Die Menschen waren damals oft prüde und erzkonservativ und eine junge schwangere Frau, unverheiratet, ohne den dazu gehörigen Vater, war schon ein richtiger Skandal.
Soweit verstehe ich das alles. Wofür ich kein Verständnis habe, ist die Tatsache, dass sie mich bei meinen Großeltern zurückließ und ihnen die komplette Verantwortung für mich überließ in Kombination mit den Auswirkungen des Skandals, dass ihre Tochter unverheiratet schwanger geworden war. Aber so war Mutti halt ...
Dazu kommen wir später auch noch etwas ausführlicher, denn dieser Umstand sollte für mich in meiner frühen Kindheit, wie gesagt, noch für eine Menge Unruhe und sogar Ärger sorgen.
Aber der Reihe nach: Wo war ich vorhin gleich stehen geblieben? Ach ja: Bei mir, dem süßen kleinen Sonnenschein.
Meine Anwesenheit erfreute ganz besonders meine Großeltern von Anfang an. Meine Mutter erfreute ich eher weniger. Sie hatte mich nun „am Hals“ wie sie das später oftmals solo liebevoll bezeichnete, da dies ihre nähere und fernere Zukunft empfindlich beeinflussen und sogar stören sollte.
Ihr wäre es sehr viel lieber gewesen, wenn ihre Versuche, das heranwachsende Wunder des Lebens wieder loszuwerden von Erfolg gekrönt gewesen wären (was sie später natürlich vehement bestritt). Autsch!! Das war jetzt gar nicht nett und töchterlich von mir, aber die Wahrheit war und ist nun mal nicht immer „nett“.
Mutti wollte das kleine Wunder des Lebens gar nicht haben. Sie wollte es loswerden. Es war ihr lästig. Dass das von Anfang an klar ist!
Sie fragen sich, woher ich das alles weiß? Ich sag’s mal so: Aus zum Teil nicht zu nennenden, aber absolut zuverlässigen Quellen. Sie verstehen schon: Recherche ist eben einfach alles. - Und vieles erfuhr ich natürlich von Oma und Opa.
Selbstverständlich sah „Mutti“ das alles stets ganz anders, wie sich sicher jeder vorstellen kann. Nach ihrer Auffassung hatte ich ja sowieso keine Ahnung was SIE wegen mir alles so hat durchmachen müssen damals ... SIE!! Man beachte die Einzahl in der SIE spricht, was dem ein- oder anderen Leser im weiteren Verlauf dieser Geschichte noch öfter auffallen wird. Sie hätte sich mir ja mitteilen können, so von Mutter zu Tochter, mir ihr Vertrauen schenken oder so ... aber nein ...
Natürlich weiß ich das Meiste aus meinen ersten 3 bis 4 Lebensjahren - wie bereits erwähnt - aus Erzählungen, vorwiegend von meiner Oma und meinem Opa, aber auch von anderen Verwandten und Menschen aus dem näheren Umfeld.
Meine Mutter durfte ich auf diese Thematik niemals ansprechen. Mein ganzes Leben lang nicht. Ich weiß nicht wie oft ich es in späteren Jahren wieder und wieder versucht habe ... Sie rastete dann jedes Mal komplett aus und meinte dann immer wieder auf meine bohrenden Nachfragen zu meiner Kindheit: „Das ist alles schon so lange her, das weiß ich heute nicht mehr… Und hör endlich mit der ständigen Fragerei nach der Vergangenheit auf! Dir ging es doch gut. Du hast immer alles gekriegt was du wolltest!“
Eine, wie ich bald lernen sollte, sehr gängige Standardantwort von ihr, um sich vor der Verantwortung einer ehrlichen Aussprache zu drücken und um mich abzuwimmeln. Ich wollte allerdings nicht nur einfach eine Aussprache für mich. Nein, ich wollte auch verstehen, wie es ihr damals ergangen war. Ich war schließlich ebenso betroffen wie sie.
Nun ja ... wie dem auch sei, Ehrlichkeit war ohnehin nie die Stärke meiner Mutter, jedenfalls nicht die Form von Ehrlichkeit wie man sie üblicherweise so kennt. Das sollte mir in späteren Jahren noch sehr oft zu schaffen machen.
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