Beide Verfahren dienen dazu, Gemeinkosten, insbesondere fixe Gemeinkosten, auf Kalkulationsobjekte zu verteilen, für die sie nach dem Verursachungsprinzip nicht erfassbar sind.
Das Durchschnittsprinzip in seiner allgemeinen Form gibt nicht Antwort auf die Frage, welche Kosten durch ein Kalkulationsobjekt verursacht wurden, sondern lässt nur eine Aussage darüber zu, welche Kosten im Durchschnitt auf ein Kalkulationsobjekt entfallen.
In reiner Form findet das Durchschnittsprinzip Anwendung bei der Divisionskalkulation im Einproduktbetrieb, in dem die Stückkosten in der Weise ermittelt werden, dass man die Gesamtkosten durch die Anzahl der Leistungseinheiten dividiert.
Ist das Kostenanlastungsproblem komplexer (z. B. im Mehrproduktbetrieb oder bei der Verrechnung innerbetrieblicher Leistungen), so tritt an die rechnerische Beziehung zwischen Kosten- und Leistungen die Beziehung zwischen Kosten und Bezugsgrößen, die ihrerseits in einer Proportionalbeziehung zu den Leistungen steht.
Entscheidend für das Durchschnittsprinzip ist also, dass zwischen Kosten- und Leistungen direkt oder indirekt eine rechnerische Beziehung hergestellt wird, ohne Rücksicht darauf, ob eine Kostenzuordnung im Sinne des Verursachungsprinzips tatsächlich möglich ist.
Nach dem Kostentragfähigkeitsprinzip werden die nicht verursachungsgemäß zurechenbaren Kosten im Verhältnis der Marktpreise oder Deckungsbeiträge (= Marktpreise: direkt zurechenbare Kosten) auf die Kalkulationsobjekte verrechnet. 66
Beide Kostenanlastungsprinzipien, sowohl das Durchschnittsprinzip als auch das Kostentragfähigkeitsprinzip, ermöglichen mit unterschiedlichem Grundgedanken und dementsprechend meist unterschiedlichen Ergebnissen die Verrechnung von nach dem Verursachungsprinzip nicht verrechenbaren Kosten.
In den letzten Jahren haben sich im Krankenhaus mehrere Formen der Verteilung von Erlösen auf unterschiedliche Fachabteilungen herausgebildet. 67 Dieses Erlössplitting genannte Verfahren wird benutzt, um den Gesamterlös einer Fachabteilung berechnen zu können. Diese Erlössplitting- bzw. Verteilungsansätze folgen der Logik, dass jede Fachabteilung ihren Anteilen an den vom Preissystem vorgesehenen Erlösen erhalten sollen (kein Kostenersatz). Keines dieser Verfahren hat bisher eine flächendeckende Verbreitung gefunden. Ein Überblick über die unterschiedlichen Verfahren findet sich u. a. bei Rapp. 68 Prinzipiell gibt es dabei Verfahren, die sich eher an den jeweils entstandenen individuellen Kostenanteilen je Abteilungen orientieren und Verfahren, die sich eher an der Verteilung der Kostenanteile in einem Referenzsystem, in der Regel INEK Kostenmatrix orientieren und darauf aufbauend die Verteilung der Erlösanteile vornehmen. 69 Insgesamt kann festgehalten werden, dass aus unterschiedlichen Gründen mehr als ein Drittel der Krankenhäuser ganz auf eine Erlösverteilung bzw. Verrechnung von Leistungen verzichten. 70
Notwendig bzw. als sinnvoll angesehen werden diese Ansätze vor allem im Bereich der mehrstufigen Bereichsergebnisrechnungen. Diese mehrstufigen Bereichsergebnisrechnungen werden im Krankenhaus meist als mehrstufige Deckungsbeitragsrechnungen bezeichnet und unter die Teilkostenansätze subsumiert, obwohl es sich im Prinzip nicht um klassische Teilkostenansätze handelt. Ziel ist es jedoch mehrere Stufen des Abteilungsergebnisses (meist Deckungsbeiträge oder Bereichsergebnisstufen genannt) zu berechnen und somit den Erfolg der Fachabteilungen beurteilen zu können 71 .
56Vgl. Hummel, S., Männel, W.: Kostenrechnung Bd. 1, a. a. O., S. 54
57Vgl. Ehrt, R.: Die Zurechenbarkeit von Kosten- und Leistungen auf der Grundlage kausaler und finaler Beziehungen, Stuttgart 1967, S. 26
58Vgl. Ehrt, R.: a. a. O., S. 30 und 31. Die finale Interpretation des Verursachungsprinzips bezeichnet Kosiol als Kosteneinwirkungsprinzip. Vgl. Kosiol, E.: Kosten- und Leistungsrechnung, a. a. O., S. 21. Gebräuchlich für die finale Interpretation des Verursachungsprinzips ist auch der Begriff Veranlassungsprinzip. Vgl. Hummel, S., Männel, W.: Kostenrechnung Bd. 1, a. a. O., S. 56
59Vgl. Riebel, P.: Einzelkosten und Deckungsbeitragsrechnung, a. a. O., S. 76
60Hummel, S., Männel, W.: Kostenrechnung Bd. 1, a. a. O., S. 56
61Vgl. ebenda, a. a. O., S. 57
62Vgl. ebenda, a. a. O., S. 57
63Vgl. ebenda, S. 56ff.
64Vgl. Riebel, P.: Einzelkosten und Deckungsbeitragsrechnung, a. a. O., S. 37
65Vgl. Hummel, S., Männel, W.: Kostenrechnung Bd. 1, a. a. O., S. 58
66Vgl. Kilger, W.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 13. Aufl., Wiesbaden 2012, S. 481f.
67Vgl. dazu u. a. Wacker, F.: Grundlagen der Erlösverteilung im Krankenhaus in: Zapp, W., Terbeck, J. (Hrsg.), Kosten- versus Erlösverteilung im DRG-System, 2014
68Rapp, B., Wahl, S.: DRG-Erlösverteilung, in: Rapp, B.: Praxiswissen DRG. Optimierung von Strukturen und Abläufen, 1. Auflage, Kohlhammer Verlag, 2010, S. 187-209 zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Verfahren, vgl. u. a. Wacker (2014), S.39ff.
69Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Verfahren, vgl. u. a. Wacker, 2014, S. 39ff.
70Vgl. Crasselt, H., Heitmann, C., Maier, B., 2016
71
Kap. III 4
5 Systeme der Kostenrechnung
5.1 Überblick
Die Kosten- und Leistungsrechnung bildet den mengen- und wertmäßigen Güterverbrauch und die Leistungsentstehung ab, um Informationen zur Betriebssteuerung und Wirtschaftlichkeitskontrolle sowie für die Preisbildung zur Verfügung zu stellen.
Ausgehend von dieser Aufgabe sind Festlegungen zu treffen, die zu spezifischen Ausgestaltungsformen der Kosten- und Leistungsrechnung, den Kostenrechnungssystemen, führen.
Die Charakterisierung der spezifischen Ausgestaltungsform einer Kosten- und Leistungsrechnung orientiert sich an zwei Einteilungskriterien.
Nach dem zeitlichen Bezug der verrechneten Kosten (vergangenheitsbezogene oder zukunftsorientierte Kosten) unterscheidet man:
• Istkostenrechnungssysteme
• Normalkostenrechnungssysteme
• Plankostenrechnungssysteme
Die Differenzierung nach dem Sachumfang der auf die Kalkulationsobjekte verrechneten Kosten (Verrechnung aller Kosten oder Verrechnung nur eines Teils der Kosten) führt zu der Differenzierung in:
• Vollkostenrechnungssysteme
• Teilkostenrechnungssysteme
Werden alle Kosten eines Betriebes auf die Kalkulationsobjekte, insbesondere die Leistungen, weiter verrechnet, so liegt eine Vollkostenrechnung vor.
Teilkostenrechnungen beschränken sich bei der Verrechnung von Kosten auf Kalkulationsobjekte auf die Kosten, die sich nach dem Verursachungsprinzip zurechnen lassen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass bei einer Vollkostenrechnung die Kostenverrechnung auch nach dem Durchschnitts- bzw. Kostentragfähigkeitsprinzip erfolgt. 72
Zur abschließenden Charakterisierung eines Kostenrechnungssystems ist eine Kombination der Kriterien Zeitbezug und Sachumfang der verrechneten Kosten erforderlich, die zu folgender Einteilung der Kostenrechnungssysteme führt (
Tab. 2):
Tab. 2: Kostenrechnungssysteme
Zeitbezug der verrechneten KostenIstkostenrechnungNormalkostenrechnungPlankostenrechnung
5.2 Ist-, Normal- und Plankostenrechnung
5.2.1 Istkostenrechnung
In der Istkostenrechnung werden die tatsächlich angefallenen Kosten verrechnet, d. h., es werden die effektiven Istmengen mit den Istpreisen der Periode multipliziert. Zufallserscheinungen in Form von Preis-, Mengen- und /oder Beschäftigungsgradschwankungen werden nicht eliminiert, so dass die Vergleichbarkeit des Zahlenmaterials der einzelnen Abrechnungsperioden nur bedingt möglich ist. Eine wirksame Wirtschaftlichkeitskontrolle ist mit einer Istkostenrechnung nicht möglich. Infolge der vergangenheitsbezogenen Zahlen ist dieses Kostenrechnungssystem auch zu Dispositionszwecken ungeeignet.
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