Philipsburg kannte ich jetzt schon ziemlich gut, aber meine Wohnung lag nicht in Philipsburg, sondern in der Nähe des Golfplatzes. Die Gegend kannte ich allerdings noch nicht. Ich sollte sie mir unbedingt genauer ansehen. Das sollte ich dringend noch erledigen bevor ich mein Hotel aufgab und in das Appartement zog. Allerdings gab es ja noch das Problem mit dem Auto. Meinen Mietwagen konnte ich ja nicht ewig behalten. Dieses ewig waren noch ziemlich genau vier Tage, dann müsste ich ihn für viel Geld verlängern oder einen gekauft haben. Es musste ja nichts Großes sein. Mit meiner kurzen Körperlänge reichte ja auch ein Kleinwagen. Das hatte auch den Vorteil, dass er nicht so viel Benzin brauchen würde. Davor drückte ich mich schon die ganze Zeit. Den Wagen sollte ich wirklich mal volltanken, aber die Spritpreise von Deutschland kannte ich ja noch. Da wurde es regelmäßig ziemlich teuer. In Bochum zahlte man für einen Liter Benzin damals schon 1,35 D-Mark. Die Benzinpreise an den Tankstellen hier lagen allerdings auch in diesem Bereich. Allerdings waren es Dollarpreise, also rein rechnerisch ungefähr die Hälfte.
Ich kehrte zurück in mein Hotel und nahm das Geld aus dem Safe. Dann setzte ich mich wieder in den Mietwagen und fuhr zu meiner Bank. Die Angestellte hinter dem Schalter staunte nicht schlecht, als ich bereits zum zweiten Mal an diesem Tag vor ihr stand. Ich übergab ihr meine Barmittel und bat sie es umzutauschen und auf mein Konto einzuzahlen. Das dauerte eine ganze Weile. Sie musste erst zweimal mühsam nachzählen, dann den Betrag umrechnen, die Gebühr abziehen und dann auf meinem Konto vermerken. Was ich allerdings toll fand, war die Kontokarte. Während man in Deutschland teilweise über zwei Wochen darauf warten musste, gab es sie hier gleich bei der Kontoeröffnung schon dazu. Den vierstelligen Code für den Automaten konnte man direkt vor Ort festlegen und schon 24 Stunden später brauchte man keinen freien Schalter mehr. Ich hätte niemals vermutet, dass die angeblichen Entwicklungsländer den Deutschen um Lichtjahre voraus waren. Noch dazu waren sie deutlich entspannter und freundlicher. Zeit hatte hier eine ganz andere Bedeutung.
Allerdings hatte das mit der Zeit nicht nur Vorteile, wie ich feststellen musste. Die Menschen waren zwar ruhig und umgänglich, aber wenn man Wartezeit hatte, konnte man irre werden. Die berühmten fünf Minuten, die man in Deutschland so gerne nannte, konnten hier auch gerne mal zwei Stunden bedeuten. Das war insbesondere dann extrem anstrengend, wenn man an einem Schalter stand und auf etwas warten sollte. Niemand mochte es, wenn man einfach mal eine Dreiviertelstunde blöd in der Gegend stand, weil man in der Zwischenzeit auch noch etwas anderes erledigen konnte. Das passierte mir in den ersten Tagen hier häufig. Immer wieder hatte ich Wartezeiten zu überbrücken, die mir schier endlos erschienen. In Deutschland war man es ja gewohnt alles sofort zu bekommen, und die zitierten fünf Minuten waren meist auch kürzer. Hier dehnten sie sich aus wie Kaugummi. Das ist für die ungeduldigen Deutschen nicht nur ungewohnt, sondern auch unendlich nervig.
Auf der Rückfahrt von der Bank zu meinem Hotel leuchtete bereits die Tankanzeige in meinem Hyundai. Ich musste dringend tanken, bevor ich mit ihm irgendwo liegen blieb. Am Ende der Simpson Bay, wo auch meine Bank ihre Filiale hatte, fand sich auch eine Tankstelle einer großen Kette. Gezwungenermaßen brauchte ich neues Benzin und überlegte schon, wie viel Geld mich das wohl kosten würde. Außerdem hoffte ich inständig, dass man in der Nähe der Zapfsäule auch solche übergroßen Plastikhandschuhe bekommen würde. Ich mochte es nicht, wenn ich mit dem Treibstoff in Berührung kam. Der Geruch war mir eigentlich egal, aber dieses Geschmiere an den Fingern war nichts für mich. Ich fuhr also an die Tankstelle und hielt an. Doch bevor ich mich aus dem Auto zwängen konnte, erschien schon ein freundlich lächelnder junger Mann neben meinem Fenster und fragte mich, wie viel Benzin ich haben wollte. Ich war baff. Man musste nicht selbst tanken, man wurde einfach betankt.
Um meine Barmittel ein bisschen beisammen zuhalten entschied ich mich für einen Betrag von 30 Dollar. Der junge Mann grinste mich weiter an und gab mir zu verstehen, dass er nicht glaubte, dass in den Tank meines Mietwagens so viel Sprit passte. Gut, er musste es wissen, immerhin war es sein Job und er hatte sicher schon tausende Autos betankt. Ich bat ihn darum, das Auto dann vollzumachen, aber bei 30 Dollar aufzuhören. Lächelnd nahm er den Hahn und steckte ihn in den Zugang meines Kleinwagens. Dann hörte ich auch schon das bekannte Geräusch, wenn Benzin in den Tank gepumpt wird. Aus meinem Seitenfenster erkannte ich die Zahlen, die sich erhöhten. Ich wunderte mich nur, warum der Preis im Gegensatz zum Sprit so langsam anwuchs. Bei knapp 17 Dollar blieb es dann auch und das Betanken war beendet. Ich hatte in meinem dummen Kopf wieder etwas übersehen. Der Preis auf der Anzeigetafel war pro Gallone angegeben. Eine Gallone waren immerhin fast vier Liter. Das musste ich erstmal verdauen. Ich bezahlte meine Rechnung bei dem jungen Mann mit 20 Dollar und rollte vom Gelände der Tankstelle.
Der Preis pro Gallone war halb so viel wie in Deutschland für einen Liter. Das hieß, ich bezahlte nur ein Viertel dessen, was ich kannte. Ich hatte mir völlig unnötig Gedanken gemacht. Keine schmierigen Finger durch das Benzin. Ich musste nicht den Wagen verlassen und bezahlte fast nichts für Benzin. Konnte es eigentlich noch besser werden? Scheinbar war das ein Tag in meinem Leben an dem alles funktionierte. Die Glücksfee musste heute direkt auf meiner Schulter sitzen. Schon den ganzen Tag lief alles wie am Schnürchen. In Deutschland hätte ich mir direkt einen Lottoschein gekauft. Hier belohnte ich mich stattdessen mit einem Eis und einem Kaffee mit herrlichem Ausblick auf das Meer. Jetzt brauchte ich nur noch einen Autohändler der mir etwas Billiges anbieten konnte. Dann erinnerte ich mich an das eine Autohaus was ich gesehen hatte als ich vom Flughafen zu meinem Hotel gefahren war. Der war nur wenig entfernt und ich entschied mich da mal vorbeizuschauen.
Natürlich konnte an einem Tag nicht alles klappen wie man sich das vorstellt. Der Autohändler den ich gesehen hatte verfügte nur über Neuwagen. Sie waren zwar nicht wirklich teuer, wenn man sie mit den Preisen in Bochum verglich, aber lagen trotzdem weit außerhalb meines Budgets. Ich konnte mir kein so teures Auto leisten. Allerdings hatte ich etwas gesehen, was ich irgendwann in meinem Leben mal mein Eigen nennen wollte. In einem eingezäunten Bereich auf der anderen Straßenseite hatte er fünf Fahrzeuge aus den USA stehen. Was könnte es schöneres geben, als kleine Frau mit einem großen Hummer über die Insel zu fahren? Gut, sie waren zwar nicht neu, sondern gebraucht, aber das störte mich nicht. Ausgeschrieben waren sie für knapp über 30.000 Dollar. Irgendwann würde ich mir so etwas leisten. Ganz alleine für mich.
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