Einige Stunden später wurden sie abrupt geweckt, als der Van auf eine holprige Seitenstrasse abbog und eine gefühlte Ewigkeit auf dieser weiterfuhr. Sie fuhren offensichtlich an einen sehr abgelegenen Ort.
Endlich angekommen holten die beiden Männer sie aus dem Wagen. Am Himmel dämmerte es schon. Mit Waffen auf sie gerichtet schubsten sie sie in die Richtung des nahegelegenen Hauses. Einer der Bewaffneten öffnete die Tür, sie drängten sie in den Keller und schlossen hinter ihnen ab.
Der Keller war stockdunkel, man konnte die Hand nicht vor den Augen erkennen.
Jennifer schmiegte sich trostsuchend an Denniz, die beiden setzten sich in eine Ecke.
„Wir kommen hier schon wieder raus, mach dir keine Sorgen!“ sagte er und küsste sie auf die Stirn.
In seiner Stimme erkennte man allerdings gut den Zweifel, den er an seinen eigenen Worten hatte.
Einige Minuten später ging die Kellertür wieder auf und ein grelles Licht, offensichtlich ein Scheinwerfer wurde auf sie gerichtet. Mit vor die Augen gehaltenen Armen versuchten die beiden etwas zu erkennen. Jemand stieg die Treppe herunter und kam näher.
„Hallo Denniz Adamson, freut mich, dass du mit deiner kleinen Freundin meiner Einladung gefolgt bis!“ hörten sie eine Stimme und dann sahen sie einen grossgewachsenen, älteren Mann, der den Scheinwerfer nach oben richtete und ihn auf den Boden stellte, so dass er den ganzen Raum ausleuchtete.
Als er sein Gesicht erkennen konnte, wurde Denniz Gesicht düster. Er schloss die Lippen, drückte die Augenlieder zusammen und schaute ihm mit eisigem Ausdruck in die Augen.
„Du siehst aus, als wüsstest du wer ich bin!“ sagte der Mann.
„Ja, das tue ich!“
„Wunderbar, dann muss ich euch ja nicht mehr erklären, WARUM das hier passiert, sondern nur noch, WAS genau passieren wird.“
Ein weiteren Mann, der nach dem Ersten ebenfalls die Treppe runtergekommen war, hielt drohend ein Maschinengewehr auf die beiden gerichtet.
Der erste kam noch ein Stück näher, kniete direkt vor den beiden nieder und fasste Jennifer brutal am Kinn, als würde er sie wie eine Ware begutachten.
„Lass deine Finger von ihr!“ rief Denniz und versuchte seine Hand wegzuschlagen, doch der Begleiter, schien sein Leibwächter zu sein, hielt ihm den Lauf vor die Brust.
Denniz schaute nach oben und lehnte sich wiederwillig wieder an die Wand zurück.
Der ältere Mann mustere Jennifer von oben bis unten.
„Hübsch!“ meinte er schliesslich: „Es wird mir Spass machen, mich ein bisschen mit ihr zu beschäftigen und ich hoffe, dir wird es Spass machen, dabei zuzusehen!“ er wandte sich an Denniz und hielt ihm eine Pistole an den Kopf. „Du wirst sterben, du kleiner finnischer Bastard!“ sagte er hasserfüllt. „Doch zuerst will ich dich leiden sehen!“
Denniz spürte, wie ihm schlecht wurde während er den Worten zuhörte. Er schluckte, erwiderte aber weiter seinen durchdringenden Blick in die Augen. Er wusste er musste tapfer sein und durfte sich keine Angst anmerken lassen.
„Ich will, dass du zusiehst, wie ich mit ihr Spass habe und ich sie dann umbringe! Ich will den Schmerz in deinen Augen sehen.“ Er machte eine Pause und lies seine Worte wirken.
Denniz sah ihn abschätzig mit wutentbrannten Augen an. Sein Blick blieb eisern, doch in seinem Kopf kreisten tausende Gedanken.
„Ich rufe ausserdem deine Mutter an. Ich werde sie an einen abgelegenen Ort rufen. Die Polizei soll sie aus dem Spiel lassen und sie soll auch deine kleine Schwester mitbringen. Mit ihnen werde ich dasselbe machen! Auch da wirst du zusehen!“
Denniz schüttelte den Kopf: „Sie wird nicht kommen!“
„Ich werde ihr sagen, dass es ihre letzte Gelegenheit ist, ihren Sohn lebend zu sehen. Wenn du kleiner Bastard deiner Schlampe von Mutter genug wert bist, wird sie kommen!“
Denniz wusste ganz genau, dass er recht hatte.
„Was hab ich dir getan? Du bist besessen! Das alles ist Jahre her!“ Denniz schüttelte verständnislos den Kopf und rang nach Worten: „Ok, vielleicht krieg ich es noch hin, deinen Hass auf mich zu verstehen, aber lass bitte wenigstens sie aus dem Spiel und lass sie gehen! Sie hat überhaupt nichts damit zu tun!“ flehte er und deutete auf Jennifer.
„Den einzigen Fehler, den sie gemacht hat, war sich mit einem Stück Dreck wie dir einzulassen. Die Rolle, die sie hier jetzt spielt, ist lediglich, dass sie dir wichtig ist und es dir weh tun wird, sie sterben zu sehen!“
Denniz holte Luft und setze an, um etwas sagen zu wollen, atmete dann aber wieder aus und blickte zu Boden, da er einsah, dass es sinnlos war.
Der Mann stand auf, schaute von oben herab auf die beiden hinunter: „ Ich komme bald wieder. Vorfreude ist ja schliesslich die schönste Freude.“
Mit dieser Aussage stieg er die Treppe hoch und schloss die Kellertür hinter sich ab. Jennifer atmete aufgebracht und sah Denniz ängstlich an: „Ist das..?“
„Ja, das ist er, Karl Stewart! Er hat meinen Vater getötet!“ Denniz blickte starr in eine Ecke und schüttelte den Kopf als wollte er sagen, er habe es immer kommen sehen.
„Was tun wir jetzt?“ fragte Jennifer und wirkte dabei naiv.
„Ich weiss es nicht. Ihn davon zu überzeugen, dass er dich gehen lassen soll, scheint nichts zu bringen, habe ich auch nicht zu hoffen gewagt. Ich überlege, aber wir kommen hier wohl nicht raus.“
„Ich will auch nicht ohne dich hier raus!“ sagte Jennifer eindringlich und schaute Denniz dabei tief in die Augen: „Du meinst vielleicht ich habe nichts mit dieser Situation zu tun, aber du kannst ja genauso wenig dafür wer dein Vater war!“
„Aber es ist meine Schuld, dass wir hier sind! Es ist meine Schuld, dass DU hier bist!“
„ Es ist nicht deine Schuld, es ist die Schuld dieses Spinners! Und jetzt verwendest du deine Energie lieber darauf, wie wir hier wieder rauskommen, anstatt für deine Schuldgefühle!“
„Wir kommen hier aber nicht mehr raus, verstehst du? Sieh dich doch um, wir sind in einem Keller, der einzige Ausgang ist dort oben und der ist bewacht! Wenn meine Mutter kommt und womöglich sogar noch meine Schwester mitbringt“ Denniz unterbrach den Satz, schüttelte verzweifelt den Kopf und blickte mit tränenüberströmten Augen nach oben. „Er wird uns alle umbringen!“
Jennifer sah ihn nur traurig an und rutschte etwas näher an ihn ran und umarmte ihn. So sassen sie eine Weile da und versuchten dann etwas zu schlafen. In diesem dunklen Keller hatten sie überhaupt kein Zeitgefühl. Ihre CU‘s wurden ihnen abgenommen und Uhren tragen sie keine. Sie wussten nicht, welche Uhrzeit es war, nicht mal ob es Tag oder Nacht war. Zwischendurch kam einer der Handlanger von Stewart vorbei und brachte ihnen etwas Wasser und trockenes Brot.
Im modernen Zeitalter, wo sich die Ingenieure hauptsächlich der Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten widmen konnten, gab es keine Handys mehr. Sie sahen zwar nach wie vor ähnlich aus, aber sie waren weit mehr als das. Die Geräte, die man jetzt bei sich trug, nannten sich sogenannte Communication Units. Sie liessen sich durch Gehirnströme steuern, man benötigte keine Tastatur mehr. Beim Kauf wurde die individuelle Gehirnfrequenz gespeichert so dass das Gerät nur auf die klar formulierten Gedanken des neuen Besitzers reagierte. Das funktionierte jedoch nur aus nächster Nähe zuverlässig. Denniz machte es sich lange Zeit zum Hobby, zu versuchen, das CU auch weiter entfernt zu steuern, zum Beispiel wenn es einige Meter von ihm weg im Flur lag. Er hatte dies bereits ziemlich gut im Griff. Nun wusste er nicht, wo die Männer ihre CU's aufbewahrten, nachdem sie sie an sich genommen hatten. Es waren sicher mehrere Wände dazwischen. Vielleicht, wenn sie clever waren und über die neuen Technologien genügend Bescheid wussten, hatten sie sie ausgeschalten. Denniz war es dennoch einen verzweifelten Versuch wert. Jennifer war nach wie vor an ihn geschmiegt und döste übermannt von der durchgemachten Nacht ein. Er verbrachte die ganze Nacht damit, verzweifelt mit seinen Gedanken SMS an seine Mutter zu schreiben. Es war eigentlich hoffungslos, zu glauben, dass das klappen könnte über diese Entfernung, aber schlafen konnte er ohnehin nicht.
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