Sylvia Oldenburg-Marbacher
The Journalist
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Inhaltsverzeichnis
Titel Sylvia Oldenburg-Marbacher The Journalist Dieses ebook wurde erstellt bei
Ein Kurzroman Ein Kurzroman Diese Geschichte und die darin handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten zu aktuellen Ereignissen sind rein zufällig.
Ein neuer Job
Das Vorstellungsgespräch
Feierabendbier
Der erste Arbeitstag
Die Woche der Recherche
Ehrliche Worte
Die Pressekonferenz
Die Mittel der CIA
Wie weiter?
Die letzten Stunden
Unumgänglich
Die Erkenntnis
Der Plan geht weiter
Impressum neobooks
Diese Geschichte und die darin handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeiten zu aktuellen Ereignissen sind rein zufällig.
März 2016 - Es waren die frühen Morgenstunden an einem lauen Frühlingstag in Zürich. Ein gewöhnlicher Dienstagmorgen. Vögel zwitscherten, ein paar Jogger und Radfahrer waren unterwegs. Erste Fussgänger stiegen aus den Trams und eilten zu ihren Arbeitsplätzen. Die Stadt wirkte verschlafen.
Finn Carter wohnte im Zürcher Kreis 9. Er lag noch tief schlafend unter seiner Bettdecke als der Wecker klingelte. Er klingelte einige Zeit. Dann hob Finn seinen Arm und tappte müde nach ihm, um für Ruhe zu sorgen. Er drehte sich um und schlief weiter.
Wenige Minuten später klingelte sein Handy. Er stöhnte genervt, drehte sich wieder um und griff danach. Es war sein bester Freund Rob. Mit einem tiefen Ausatmen drückte er mit verschlafener Stimme auf die grüne Taste:
„Hey!“
„Guten Morgen! Du klingst ja nicht gerade fit!“
„Bin ich auch nicht!“ antworte Finn gehässig.
„Du hast mir doch erzählt, dass du heute ein Vorstellungsgespräch hast, steht das noch?“
„Ich habe es zumindest nicht abgesagt.“
„Was machst du dann noch im Bett?“
Finn schwieg. Er wusste, dass Rob Recht hatte und er hasste es, wenn es so war:
„Ich wollte gerade aufstehen!“
„Ja klar, so hat es sich angehört! Wirst du jetzt aufstehen und hingehen? Du wolltest doch wieder was reissen?“
„Ja, ok, du hast Recht! Ich mach mich ja schon fertig! Wieso musst du nur so ein nerviger guter Freund sein?“
„Mach ich doch gerne! Was war das nochmal für eine Firma, bei der du dich beworben hast? Ich hab mir nur den Termin gemerkt, weil ich wusste, er war früh und dass ich dich rausklingeln werden muss!“
„Die Firma heisst SI, Swiss Independent. Soll wohl für die Unabhängigkeit der Schweiz stehen oder sowas. Ist eine Zeitung, unabhängige Berichterstattung und so. Mal sehen!“
„Ich höre, du hast dich genau informiert. Ich weiss nicht, ob das so klappt, aber ich drück dir auf jeden Fall die Daumen! Heute Abend 4. Akt? 19:00? Dann kannst du mir ja erzählen wie es gelaufen ist und ob du den Job nicht bekommen hast, weil du zu spät warst oder weil du keine Ahnung hattest, wofür du dich überhaupt bewirbst!“
„Ja, ist ok! Hab’s verstanden! Bier heute Abend ist ok. Ach ja, und danke!“
„Kein Problem, wozu hat man Freunde! Bis später!“
Finn strich sich mit der Hand durch die dunkelblonden Haare. Müde schaute er zum Fenster, wo die ersten Sonnenstrahlen hereinschienen. Seine blauen Augen funkelten darin. Dann zog er sich mühsam aus dem Bett und unter die Dusche. Rob hatte Recht. Er wusste es selbst und hatte in den letzten Wochen auch schon deswegen gejammert, aber so ist das nun mal manchmal mit dem inneren Schweinehund. Er hatte vor einigen Jahren bei der NZZ als Praktikant angefangen und ist dort später in eine Festanstellung reingerutscht. Das Team war super, er arbeitete gerne dort. Vor einem halben Jahr wurde seine Stelle aber gestrichen, weil die Printmedien stark rückläufig sind. Aufgrund dieser Umstellung hatte er sich grundsätzliche Gedanken über sein Leben gemacht und auch gleich die Sache mit seiner damaligen Freundin beendet, mit der es nicht mehr so richtig lief und es sich abzeichnete, dass es nichts fürs Leben war.
Der anfänglich neue Elan wandelte sich nach und nach in ein sich gehen lassen und so kam es, dass er seit einigen Wochen nicht viel mehr tat, als in den Zürcher Nachtclubs überteuertes Bier und Zigaretten zu konsumieren. Er hatte zeitweise einen Job als Barkeeper, das machte ihn zwar bei den Mädels beliebt, brachte ihm aber nicht das Geld ein, das er dringend benötigt hätte, um seine Rechnungen zu bezahlen.
Er war 28 Jahre alt. Wenn es langsam gegen die Dreissig geht, fängt man an, sich Gedanken zu machen, was man eigentlich vom Leben erwartet oder was man erreichen will. Finn hatte beim besten Willen keine Ahnung was er wollte. Er versuchte das Leben so gut es ging zu geniessen und diese Gedanken beiseite zu schieben. Er hoffe, irgendwann wird ihn die Inspiration schon finden. Bis ihn Rob immer wieder an den Ernst des Lebens erinnerte.
Nach der Dusche zog er sich die schönste Hose an, die er fand, und ein schwarzes Hemd. Irgendwo hatte er doch noch eine rote Krawatte. Er fand sie und versuchte sie zu binden. Nach fünf Minuten gab er auf. Nur das Hemd wird es wohl auch tun.
Er lief ihn die Küche, vorbei an ein paar leeren Bierflaschen auf dem Couchtisch, und startete die Kaffeemaschine. Dann ging er vor die Türe, um die Post zu holen. Er warf die Briefe auf den Tisch, nahm sich einen Kaffee und begann sie zu öffnen. Einer der fünf Briefe war Werbung. Alle anderen waren Rechnungen. Besonders hoch die zweite Mahnung für seine Wohnungsmiete, für die es irgendwie auch nicht mehr gereicht hatte. Finn hätte problemlos aufs Arbeitslosenamt gehen können, dann hätte er diese Probleme jetzt nicht. Aber er war zu stolz. Er hätte auch jederzeit seine Eltern anrufen und seinen Vater um Geld bitten können. Aber auch das liess sein Stolz nicht zu. Er war sich sicher, er würde das auch ohne Hilfe des Staates oder der Eltern hinkriegen.
Rob hatte Recht! Es war an der Zeit, das Leben wieder in die eigenen Hände zu nehmen!
Das Gebäude befand sich in einem Geschäftshochhaus nahe Puls 5 in der Innenstadt. Die Swiss Independent hatte ihren Sitz gemäss Ausschreiben im 15. Stock. Finn stand vor dem Wolkenkratzer und blickte hoch. Wäre nicht schlecht, dort den Arbeitsplatz zu haben, ging ihm durch den Kopf. Er ging rein, betrat den Lift und fuhr hoch. Er meldete sich am Empfang und wurde gebeten noch einen kurzen Moment im Vorraum Platz zu nehmen. Frau Wittaker werde gleich Zeit für ihn haben.
Er setzte sich also auf einen der edlen schwarzen Sessel, angereiht um einen schönen Glastisch vor einer Aussicht über Zürich, die ihresgleichen suchte. Es war elegant dekoriert, auf dem Tisch ein paar frische Blumen, die gesamte Einrichtung modern, kalt und doch auf ihre spezielle Weise wunderschön. Er sass da und blickte weit über dem hektischen Geschehen Zürichs über die Dächer bis ihn die Empfangsdame aus den Gedanken riss:
„Frau Wittaker hat jetzt Zeit für Sie!“
„Selbstverständlich! Vielen Dank!“
Er stand auf und blickte den langen Flur entlang, auf dem sich die Büros zu befinden schienen. Da stand nur eine Frau, sie schien gerade noch etwas für jemanden zu unterschreiben, ansonsten waren ausser der Empfangsdame alles Männer. Er hatte sich nicht wirklich versucht vorzustellen, wie Frau Wittaker aussieht, aber das hatte er nicht erwartet. Eine elegante, schlanke Frau, mit streng zusammengebundenen, blonden Haaren, einem engen Business-Kostüm. Sie wirkte jung, könnte in seinem Alter sein. Sehr attraktiv, dachte er. Im selben Moment hätte er sich für diesen Gedanken ohrfeigen können. Wenn das hier klappen sollte, wäre sie schliesslich seine Chefin.
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