1 ...8 9 10 12 13 14 ...17 Doch je länger er das auslebte, desto öfter erwischte er sich selbst bei dem Gedanken an Jennifer in einem romantischen Kontext zu denken. Wenn er sie auf Partys mit anderen Typen, meist viel älter als er, flirten sah, manchmal auch nach Hause verschwinden, erwischte er sich dabei, eifersüchtig zu sein. Umso mehr freute er sich, wenn es auch ab und an dazu kam, dass sie über Nacht bei ihm blieb und ihm erzählte, was für ein Idiot der „Konkurrent“ war.
Er redete sich lange ein, das sei nur Einbildung, aber er konnte sich nicht helfen und verliebte sich hoffnungslos in Jennifer. In dieser Zeit entstanden einige wunderschöne, herzergreifende Lovesongs, da er seinen Gefühlen wie immer auf diese Weise Ausdruck verlieh. Die wurden aber zu dem Zeitpunkt noch nicht veröffentlicht, er zeigte sie auch der Band nicht, dann wären Fragen gekommen, um wen es gehe. Er behielt es lange für sich, sprach mit niemandem darüber, versuchte sich mit anderen Mädchen abzulenken und hoffte, diese Gefühle für Jennifer würden wieder weggehen. Doch sie blieben über Monate und es wurde nur noch schlimmer.
Dass sein bester Freund Beni ihm das irgendwann anmerken würde, war ebenfalls klar. Es war an einem Samstagabend, als sie gemeinsam in einem Club waren. Jennifer hatte schon im Vorfeld erklärt, dass sie jemanden kennengelernt hatte, den sie mitbringen würde. Er ging gegen die 30 und war Bankangestellter. Er war breit gebaut, offensichtlich Bodybuilder, hatte sich eine Glatze rasiert und wirkte allgemein ziemlich protzig. Nachdem Jennifer von ihm eins nach dem anderen ausgegeben bekam und langsam gut bei Laune war, sass Denniz, auch schon gut angetrunken, deprimiert an der Bar.
Beni setzte sich zu ihm: „Alles klar?“ fragte er.
„Ja, natürlich!“
„Du wirkst aber nicht so!“
Denniz zuckte mit den Schultern: „ Ich bin nur schon etwas angetrunken, nichts weiter“.
In dem Moment trat Jennifer hinter die beiden, im Schlepptau ihre neue Errungenschaft und teilte mit, dass sie nun nach Hause gehen. Beni und Denniz drehten sich auf ihren Barhockern um und sahen die beiden an. Der Club war inzwischen leerer geworden, die Leute, die noch da waren schienen, wie man es nennt, am „Reste suchen“ zu sein. Mit den obligaten drei Küsschen verabschiedeten sie sich. Jennifers Begleiter meinte nur, er wünsche eine gute Nacht, er werde sie bestimmt haben und zwinkerte selbstverliebt. Dann drehten die beiden ihnen den Rücken zu und gingen. Denniz sah ihnen nach, drehte sich dann um und rief den Barkeeper, um sich noch einen Whiskey zu bestellen. Beni kontere nach und bestellte ebenfalls noch einen. Als die Gläser vor ihnen standen, fragte Beni vorsichtig, im vollem Bewusstsein, dass sein bester Freund genervt war: „Was denkst du denn über diesen Bodybuilder?“
Denniz äffte ihn nach: „Bestimmt werde ich eine schöne Nacht haben!“
„Du bist verliebt ihn sie!“ Beni lachte und pustete diese Worte mit einer eingehender Bestimmtheit heraus.
Denniz sah ihn an, schüttelte den Kopf: „Nein, bin ich nicht!“
Beni bohrte weiter: „Du kannst mir doch so etwas nicht verheimlichen. Ich kenne dich nun seit dem Kindergarten und ich weiss, dass du nicht so reagieren würdest, wenn ich nicht recht hätte.“
Denniz nippte an seinem Whiskey und senkte bedrückt den Kopf. „Ich verstehe einfach nicht, wieso sie sich mit solchen Typen einlässt.“
„Weil du verliebt in sie bist!“ Beni sah ihn wieder eindringlich an.
Denniz hob seinen Kopf, drehte ihn zu Beni, schloss kurz gedankenverloren die Augen und gab es schliesslich zu: „Ja, vielleicht bin ich das.“
„Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass das so kommt!“
Beni hatte ihm das erste Mal als er ihm von Jennifer und sich erzählte bereits gesagt, dass das nicht gut gehen würde. Er war nicht der Meinung, dass Sex ohne Liebe funktioniert. Er meinte, dass in der Konstellation von Jennifer und Denniz sich früher oder später jemand in den anderen verlieben und die Freundschaft dadurch kaputt gehen würde.
„Ja, Doktor Freud, nun ist es wie es ist, was soll ich jetzt deiner Meinung nach tun?“
„ Es ihr sagen!“
Denniz lachte kurz laut und schüttelte den Kopf: „Sie sieht in mir einen Jungen, vielleicht einen guten Freund, aber nicht mehr. Du siehst es ja, die Typen, mit denen sie ausgeht, sind viel älter als ich, ernsthaft für eine Beziehung interessiert sie sich, abgesehen davon, dass sie gar keine will, sicher nicht für mich. Wenn ich ihr sage, dass ich verliebt in sie bin, ist unsere Freundschaft Vergangenheit. Es würde nie mehr so sein wie früher.“
„Das weisst du doch gar nicht! Und selbst wenn, so kann es nicht weiter gehen! Es ist nicht das erste Mal, dass ich das denke. Wie gesagt, ich hab von Anfang an gedacht, dass das passiert. Und wenn du es ihr sagst und sie sagt, es tue ihr leid, aber sie empfinde nicht so, dann weisst du es wenigstens und kannst nach vorne schauen. So verliebt wie du bist, tut es dir keinesfalls gut, weiterhin mit ihr Sex zu haben! Ich kann nur sagen, besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende!“ Beni zog die Augenbrauen hoch.
Denniz Blick wurde immer düsterer. Sein Whiskey war schon wieder leer und er bestellte noch zwei. „Das kann ich nicht! Ich kann es einfach nicht und ich will es nicht! Ich will die Freundschaft mit ihr nicht aufs Spiel setzen. Es ist nur eine Phase und die wird auch wieder vorübergehen!“ meinte er und zog die Schultern hoch.
„Ich werde dich wohl heute nicht mehr zur Vernunft bringen“ sagte Beni resigniert, hob sein Glas und prostete ihm zu. Er legte verständnisvoll seine Hand auf Denniz Schulter, der ihn ebenfalls einen dankbaren Blick schenkte und nickte.
So tranken die beiden noch zwei, drei Whiskey, redeten über Frauen und wie schwer sie es einem machen konnten, bevor sie nach Hause gingen und noch einen Joint rauchten. In der WG taten sie dies ab und zu im Wohnzimmer. Sie genossen es, einfach tun zu können was sie wollten, sie konnten am nächsten Tag die Fenster aufmachen, sie hatten mehr als genug Geld, selbst sollte wenn sie ausziehen später einmal die Verwaltung das Wohnungsstreichen von ihnen kassieren. Die beiden diskutierten noch einige Zeit vor dem Fernseher, beteuerten was es für eine gute Idee war, alleine zusammenzuziehen, bis sie schliesslich mit einem guten Gefühl der Freundschaft ins Bett verschwanden.
Denniz lag noch einige Zeit wach und schaute zum Fenster raus. Dabei dachte er über die Worte von Beni nach. Vielleicht hatte er ja Recht. Vielleicht sollte er sich auf sich selbst besinnen und keine Rücksicht auf die Freundschaft nehmen. Er wusste es nicht, doch er war auch zu betrunken und bekifft, heute noch eine Entscheidung zu treffen. Die Zeit wird eine Lösung bringen.
In den nächsten Tagen machte er sich aber weiterhin viele Gedanken darüber. An einem Nachmittag, er war zum Nachtessen bei seinen Eltern eingeladen, hatte er mit seiner Mutter spontan schon ein, zwei Gläser Weisswein auf nüchternen Magen getrunken. Sie merkte ihm an, dass er bedrückt war und sprach ihn darauf an. Er druckste etwas herum, gab aber dann aber zu, dass es um eine Frau ging.
„Jennifer!“ meinte sie verständnisvoll nickend.
Mit grossen Augen sah er sie an, als sei er ertappt worden: „Woher weisst du das?“
„Ich kenne dich! Ich sehe euch, wie ihr miteinander umgeht und ich wusste, dass das auf Dauer nicht gutgehen kann.“
„Beni hat dasselbe gesagt, muss wohl was dran sein. Warum hast du nie was gesagt?“
„Das sind Dinge, die für dich selbst rausfinden musst. Das Leben findet am Ende immer einen Weg, man kann das Schicksal nicht umgehen!“
Denniz schaute bedrückt sein Weinglas an und nickte traurig.
„Was hast du jetzt vor? Hast du es ihr gesagt?“
„Nein, ich hatte eigentlich nicht vor, das zu tun, ich will unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen.“
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