»Ups«, sagte ich.
Berger schwieg und zog nur die Augenbrauen hoch.
»Okay ... okay. Einen Moment. Hab's gleich«, sagte ich und bewegte den Steuerhebel vorwärts.
Die beiden Palets kamen direkt mit aktivierten Lichtschwertern auf uns zugelaufen. Ich bezweifelte, dass uns die Flucht gelingen würde.
»Wow«, staunte ich, als das Lutek beschleunigte.
Krach!
»Ups«, sagte ich wieder und stellte fest, dass ich einen der beiden Palets angefahren hatte, der sich vor Schmerzen das Bein hielt. Es sah so aus, als ob der Knochen gebrochen wäre. Na ja, das wird schon wieder , dachte ich.
Krach!
»'tschuldigung«, sagte ich, als ich auch den zweiten Palet anfuhr, der dabei rücklings gegen einen Baum flog und dann zu Boden fiel.
»Sachte«, ermahnte Berger mich eindringlich, als ich nun auch noch vorwärts gegen einen Baum krachte.
»Gibt es hier Gurte?«, fragte Jennifer.
Ich zog den Steuerhebel ganz vorsichtig zurück. Das Fahrzeug bewegte sich langsam rückwärts. Dann bewegte ich den Steuerhebel nach rechts. Das Fahrzeug reagierte sofort. Als ich den Hebel langsam nach vorne bewegte, setzte sich das Lutek schwebend in Bewegung. Ich lenkte es sicher durch den Wald.
»War doch gar nicht so schwer«, wandte ich mich an Berger, doch er schwieg.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Jennifer.
»Wir suchen uns ein Versteck«, schlug ich vor, »und dann versuche ich nochmal mit meiner Schwester Kontakt aufzunehmen.«
Ich wandte mich Berger zu.
»Okay«, nickte er mir zu, »das ist eine gute Idee.«
Als wir den Waldrand erreicht hatten und sich eine Steppe ausbreitete, hielt ich das Fahrzeug an.
»Was nun?«, fragte ich. »Hast du ... Haben Sie einen Vorschlag?«, sprach ich Berger direkt an.
»Tja, keine Ahnung«, sagte Berger schulterzuckend. »Aber ich denke, dass wir das förmliche Sie beiseite legen sollten«, schlug Berger vor. »Ich bin der Helmut.«
Genau das wollte ich auch schon mal zur Sprache gebracht haben. Natürlich hatte ich gegen den Vorschlag nichts einzuwenden.
»Okay, Helmut«, sagte ich und grinste leicht.
»Habe auch nichts dagegen«, nickte Jennifer ihm zu.
»Und was ist mit der Bergkette dort hinten?«, fragte Jennifer und deutete nach rechts. »Vielleicht finden wir dort ein passendes Versteck«, schlug sie vor.
Wir schwebten der Bergkette entgegen, die im Schein der untergehenden Sonne rötlich leuchtete.
»Kann sich das Ding nicht schneller fortbewegen?«, fragte Helmut. »Dagegen ist mein BMW ja wie eine Rakete.«
Keine Ahnung, ob es das konnte. Ich bewegte den Steuerhebel soweit es ging nach vorne. Das Fahrzeug beschleunigte zwar, aber ich schätzte, dass wir nicht schneller als 100 km/h fuhren.
Was war das? Mit dem Zeigefinger fühlte ich eine kleine Erhebung am Steuerhebel. Ich war neugierig und drückte darauf, und der Steuerhebel ließ sich weiter vorwärts schalten. Es summte laut, so als würde das Fahrzeug unter Strom stehen, dann erschien über uns ein blaues Licht und legte sich wie ein Wagendach über das Lutek.
»Wow«, staunte Helmut. »Das Lichtschild hält den Wind ab«, stellte er fest.
Helmut hatte den Satz gerade beendet, als das Lutek beschleunigte.
»Oh! Kacke!«, schrie Helmut laut auf.
Ich wandte mich Jennifer zu. Sie schwieg, aber ich sah die Blässe in ihrem zarten Gesicht aufsteigen.
»Schnell genug, Helmut?«, lächelte ich ihn an.
An das Duzen mit Helmut musste ich mich noch gewöhnen.
In kurzer Zeit legten wir mit dem Fahrzeug eine beachtliche Strecke zurück. Wir näherten uns in rasender Geschwindigkeit der Bergkette und hofften dort, einen Unterschlupf für die Nacht zu finden.
Die Landschaft sah so friedlich aus, und ich konnte mir kaum vorstellen, dass hier ein Krieg ausgetragen wurde.
Endlich erreichten wir die Bergkette, und ich drosselte die Geschwindigkeit. Rechts von uns lag ein Nadelwald, dort konnten wir uns mit dem Fahrzeug verstecken. Ob wir dort aber vor den Palets in Sicherheit waren, bezweifelte ich, denn mit großer Wahrscheinlichkeit besaßen sie technische Geräte, womit man Wärmestrahlungen aufspüren konnte, und somit liefen wir Gefahr entdeckt zu werden.
»Dort oben«, sagte Jennifer hastig und deutete nach links. Der Berg war dort karg bewachsen, und Jennifer hatte einen Höhleneingang entdeckt. Ich hielt das Lutek an.
»Da ist ein Pfad«, sagte Helmut.
Als ich versuchen wollte, den Pfad hinaufzufahren, ermahnte mich Helmut: »Lass das sein! Es ist viel zu steil.«
Wir ließen das Lutek stehen und setzten den Weg zu Fuß fort. Der schmale Pfad, der kaum noch als solcher zur Erkennen war, führte den Berg hinauf, in Richtung der Höhle.
An zahlreichen Stellen bedeckten Pflanzen den Weg. An einigen Stellen hingen dicke Äste so weit über den Pfad, dass wir uns tief bücken mussten, um weiterzukommen. An einer Stelle führte der Pfad dicht an einem Abgrund vorbei. Ich sah, wie Jennifer ängstlich in die Tiefe blickte.
»Bist du nicht schwindelfrei?«, fragte ich.
»Doch, das schon«, antwortete Jennifer mit fester Stimme, »aber der schmale, holprige Weg macht mir Angst.«
»Dann geh ganz langsam. Ich folge dir ganz dicht«, sagte ich.
»Ist gut«, nickte sie mir zu.
Helmut machte den Anfang. Jennifer folgte ihm, und ich kam ihr vorsichtig hinterher. Es war nur ein kurzes Stück, bis der Pfad wieder breiter wurde. Helmut hatte es geschafft und wandte sich Jennifer zu, aber sie kam allein zurecht. Trotzdem reichte Helmut ihr die Hand.
»Angst?«, fragte Helmut mich lächelnd.
»Nein, überhaupt nicht«, antwortete ich ironisch. »Geschafft«, sagte ich erleichtert, als ich neben Jennifer stand.
Helmut ging vorsichtig weiter, und wir folgte ihm. Komisch, Helmut hatte der tiefe Abgrund überhaupt nichts ausgemacht. Er ging diesen Pfad, als wäre er ihn schon zigmal gegangen. Es vergingen einige Minuten, dann stießen wir auf einen breiten Weg, der von links kam und den Berg hinabführte.
»Verdammt«, fluchte ich lauthals, als ich von der Höhe einen Blick nach unten warf und sah, dass wir mit dem Lutek nur ein Stück weiter hätten fahren müssen und dann auf diesen Weg gestoßen wären.
Bis zur Höhle war es nicht mehr weit. Wir folgten dem Weg, der so breit war, dass wir hier mühelos mit dem Lutek hätten fahren können.
»Wenn die Höhle für eine Übernachtung geeignet ist, gehe ich das Lutek holen«, schlug ich vor.
Helmut nickte einverstanden.
Der Weg war nun so breit geworden, dass wir nebeneinander gehen konnten. Ich ärgerte mich. Wären wir doch bloß ein Stück weiter gefahren, dann hätten wir den Berg nicht hinaufsteigen müssen.
Wir standen vor dem halbrunden Höhleneingang, der nicht natürlich aussah, sondern als wäre er mit technischen Mitteln angelegt worden. Das machte uns natürlich stutzig. Ob wir in der Höhle auf unsere Feinde stoßen würden? Der Höhleneingang war so groß, dass man mit dem Lutek hineinfahren konnte.
Jennifer und ich standen direkt hinter Helmut, der vorsichtig in die Höhle hineinblickte. Als er keinen Palet entdecken konnte, schnüffelte er wie ein Hund. Vermutlich wollte er feststellen, ob irgendein Wildtier die Höhle bewohnte.
»So, und nun erlebt ihr mich als Höhlenführer«, wandte er sich uns fröhlich zu.
Jennifer lächelte leicht. Ich wusste noch nicht, ob ich lachen sollte und blieb ernst.
»Meine Damen«, sagte er und blickte Jennifer dabei an, dann wandte er sich mir gemächlich zu, »und Herren Touristen, bitte, treten Sie ein!« Helmut ahmte den Tonfall eines professionellen Fremdenführers nach. »Herzlich willkommen! Bitte passen Sie auf, wo Sie hintreten. Vermutlich gibt es Schlangen, Skorpione und allerlei anderes giftige Getiers hier im Vorhof zur Hölle. Ach ja, und wenn Sie auf einen Palet stoßen, dann bleiben Sie bitte nicht schreiend stehen, sondern begeben sich unverzüglich zum Ausgang zurück.«
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