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Lektorat und Korrektorat: Lena Navart
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. Personen und Handlung sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Fürs Omi
„ Suche das Glück nicht mit dem Fernrohr “
Isländisches Sprichwort
ANKUNFT ANKUNFT
SCHNAPSIDEE SCHNAPSIDEE
ELIN ELIN
ELFENPRINZESSIN ELFENPRINZESSIN
Das Tor nach Atlisdal DAS TOR NACH ATLISDAL VON CHRIS FORTUNE
BLICKE BLICKE
SCHWINGUNGEN SCHWINGUNGEN
STRIPPED STRIPPED
Das Tor nach Atlisdal DAS TOR NACH ATLISDAL VON CHRIS FORTUNE
SPIEL MIT DEM FEUER
DER FUND
Das Tor nach Atlisdal
AUSRITT
REFLEX
ERTAPPT
GOLDEN CIRCLE
Das Tor nach Atlisdal
GEYSIR
ASTA
GRÜNES LICHT
DREI WÜNSCHE
TAGTRÄUME
SPÄTER
RAUSCH
IM HEU
GEFAHR
ERNÜCHTERUNG
GEFANGEN
Das Tor nach Atlisdal
ALLES AUS
ALLES AUF ANFANG
Das Tor nach Atlisdal
SECHS JAHRE SPÄTER
Am Ziel
Jesse
Shane
Ausritt
Danksagung
Über die Autorin
„Magst du strohwischen?“
Ich blicke in Elins geweitete Augen. „Was, ich?“
Lächelnd halte ich ihr ein Bündel Stroh hin. Das Mädchen nimmt es mir ab. Ihre Hände zittern, als es damit zaghaft den feuchten Körper des Fohlens abtupft.
„Du kannst richtig reiben. Das bringt den Kreislauf in Schwung.“ Elins Bewegungen werden selbstbewusster und ich kümmere mich derweil um Saga, die erschöpft auf der Seite liegt und vor sich hin schnauft.
„Das hast du toll gemacht.“ Beruhigend klopfe ich Sagas Hals. Der Stall ist erfüllt von dem süßlich-herben Duft nach Fruchtwasser und der Körper der Stute ist schweißüberdeckt. Erleichterung durchströmt mich. Kurzzeitig hatte ich die Befürchtung, Dr. Hagansson rufen zu müssen. Aber dann hat diese starke Stute es ganz allein hinbekommen. Meine Saga! Ich war bei ihrer eigenen Geburt dabei. Einer dieser innigen Momente, die ich mit meiner Mutter geteilt habe, als sie noch lebte. Und nun ist Saga selbst Mutter.
Ich liebe dieses Pferd und streiche mit unendlicher Zärtlichkeit über die erregten Nüstern. Endlich hebt die Stute ihren Kopf und nimmt ihr Fohlen wahr. Ich gebe Elin ein Zeichen, dass die Mutter jetzt bereit ist. Elin zieht sich zurück, lässt den Stohwisch auf den Boden der Box fallen, auf dem Reste der Geburt liegen.
Ich beobachte Elin. Die Fohlengeburt hat sie emotional mitgenommen. Ihre Augen kleben an der Stute, die ihr Neugeborenes abschleckt. Auch ich bin ergriffen, aber das junge Mädchen ist vor Ehrfurcht wie erstarrt. Ich seufze und kann sie verstehen. In diesem Moment grüble ich selbst über Mutterliebe nach. Wie wird es erst für Elin sein, deren Mutter vergangenen Sommer von heute auf Morgen verschwunden ist? Es muss die Siebzehnjährige sehr getroffen haben und ich kann mir vorstellen, dass das Zusammenleben mit ihrem verbitterten Vater Dagur alles andere als einfach ist. Ansonsten würde sie nicht den Großteil ihrer Zeit auf unserem Hof verbringen. Instinktiv habe ich ihr Obhut gegeben. Zu meinem Vorteil, wie ich gestehen muss. Elin hat sich als unentbehrliche Hilfe erwiesen. Sie ist universell einsetzbar, sei es als Stallgehilfin oder als Zimmermädchen in unserem Bed & Breakfast.
Behutsam lege ich den Arm um die bebenden Schultern des zierlichen Mädchens und ziehe sie sacht an mich, während wir zuschauen, wie das Fohlen Kraft schöpft und sich unter Sagas Hilfe auf die wackligen Beine stemmt. Elin klatscht vor Freude in die Hände, als es gelingt, und ich selbst wische mir verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel.
Smilla, unsere Islandhündin, schlägt draußen auf dem Hof an und ich weiß, dass die Pflicht ruft. Das wird Jon sein.
„Komm, Elin. Wir werden hier nicht mehr gebraucht.“ Als ich mich erhebe, spüre ich erst, wie verkrampft ich die letzte Stunde gesessen habe. Die Beine protestieren, als ich sie zu strecken versuche. Die Geburt hat meine Jeans in Mitleidenschaft gezogen. So genau mag ich gar nicht darüber nachdenken, woher die feuchten Flecken auf der Vorderseite der Hose stammen. Nicht gerade ein repräsentatives Outfit für den neuen Gast. Ich fluche verhalten. Dann zucke ich die Achseln. Was soll´s?
Elin und ich waschen uns gründlich die Hände am Waschbecken im Stall. Das muss reichen. Mit einem letzten Blick auf Saga und ihr Kleines treten wir nach draußen. Gierig sauge ich die klare Morgenluft ein. Es war mitten in der Nacht als mich Elin geweckt hat, weil Saga erste Anzeichen der bevorstehenden Geburt gezeigt hat.
Das stetige Gluckern des Bachs im Rücken unserer Farm und der Ausblick auf das Meer, dessen Wellen über den schwarzen Lavastrand lecken, löst einen tiefen Frieden in mir aus. Vor allem, wenn es sich um einen wolkenlosen Tag handelt wie heute. Gähnend fahre ich mir über das Kopftuch, mit dem ich mein Haar gebändigt habe, während wir den Hof überqueren. Gott, wenn ich nicht so schnell wie möglich einen Kaffee bekomme, sterbe ich.
Auf Smilla ist Verlass. Ich sehe den Jeep von Jon die lange Stichstraße zu unserem Hof näherkommen und bin auf unseren neuen Gast gespannt. Ich habe zwar über Email mit ihm korrespondiert, aber es ist jedes Mal schön, die Menschen persönlich kennenzulernen. Schnell dirigiere ich Elin in das Haupthaus und postiere mich hinter der kleinen Theke, die unserem Bed & Breakfast als Rezeption dient. Durch das Fenster behalten wir das Geschehen im Blick.
Smilla flippt vor Aufregung völlig aus, als der Wagen mit einem selbstbewussten Schwung auf den Vorplatz fährt. Ich grinse, weil ich vermute, dass Jon das jetzt brauchte. Beim Aussteigen zwinkert er mir zu. Das heißt, er wird annehmen, dass ich ihn beobachte, kann mich jedoch im Inneren durch die Scheibe von außen nicht ausmachen. Die vertraute Wärme, als mir bewusst wird, wie gut Jon und ich auch ohne Worte kommunizieren, durchflutet mich. Ich weiß genau, was er mir mitteilen will: der Gast hat ihn die fast drei Stunden vom Flughafen bei Reykjavik hierher mit irgendetwas genervt. Ich soll mich auf etwas gefasst machen.
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