Nach anfänglichem Stocken, komme ich aus mir heraus. Das macht Spaß! Es ist so anders, als die traditionellen Lieder. Ich werde mutiger, schere aus dem gewohnten, glockenhellen Singsang aus und wage es, meine Stimme der Aussage des Liedes anzupassen. Bereits nach wenigen Takten vergesse ich meine Befangenheit und gehe ganz in der Musik auf. Ein Glücksgefühl rauscht durch meinen Körper und selten ist mir etwas so leichtgefallen. Als die letzte Note ertönt, lachen wir beide befreit.
„Das war super. Hast du jemals darüber nachgedacht, in einer Band zu singen, Fanney?“ Ich will seine Frage schon als lächerlich abtun, als ich es unvermittelt weiß: In einer verrauchten Location zu stehen und die Gefühle über meine Stimme in die Herzen des Publikums zu transportieren, liebe ich noch mehr als das Reiten.
Ich nehme einen Schluck aus der Wasserflasche. Dann greife ich nach der Gitarre und warte, dass es still wird im Saal. Das letzte Stück von uns ist immer eine ruhige Ballade. Der akustische Leckerbissen ist Höhepunkt und Abschluss zugleich. Jon und ich übertreffen uns jedes Mal gegenseitig, wenn es darum geht, die Songs dafür auszuwählen. Der Effekt ist umso größer, je wilder die Originalversion ist. Ich rücke das Mikro zurecht und blinzle in das Licht
„Hey, Leute, ihr seid ein super Publikum. Stripped sind: am Piano: Gunnar, an der Flöte und E-Gitarre: Karin, an der Geige: Inga und an Gitarre und Drums: Jon.“ Begleitet von Applaus stelle ich jedes einzelne Mitglied der Band vor.
„Ich bin Fanney und es würde mich freuen, wenn ihr nächste Woche wieder dabei seid. Hier kommt unser letzter Song.“
Es wird still im Saal und ich räuspere mich. Einen Moment wandert mein Blick ins Leere und dann geht es los. Die Geige beginnt und spielt die markante Eingangssequenz, nur viel langsamer als im Original.
Die Reaktion kommt verzögert. Jon wirft mir einen triumphierenden Blick zu. Zwischen uns läuft eine geheime Wette, wie lange die Leute jedes Mal brauchen, das Original zu erkennen. Je länger, desto besser.
Heute ist es besonders schwer und erst als ich mit dem Gesang einsetze, kommen die ersten Rufe. Es ist gar nicht so einfach, den Dancehit ‚ Sugar ’ von Robin Schulz in dieser langsamen, sinnlichen Version zu singen. Ein Raunen geht durch die Menge, als endlich der Groschen fällt. Als ich die Liedzeile ‚ Before you play with fire, do think twice ’ singe, gebe ich dem Drang nach, der mich seit einer Stunde umtreibt. Christian zuckt zusammen, als ich ihm endlich direkt in die Augen schaue. Der Text ‚ Wenn du mit dem Feuer spielst, sei nicht überrascht, wenn du dich verbrennst ’ erscheint mir wie eine stille Warnung an ihn. Dabei habe ich gar nicht vor, ihn sich verbrennen zu lassen. Ich will doch gar nichts von ihm!
Rasch senke ich meinen Blick. Innerlich bin ich so aufgewühlt, dass ich das Ende des Songs herbeisehne. Mit dem letzten Ton tobt das Publikum. Ich schaue meine Bandkollegen an und kann das Glück in ihren Augen sehen. Obwohl wir nur eine kleine Lokalband sind, verpassen uns diese Auftritte einen gehörigen Adrenalinkick, nach dem wir mittlerweile süchtig sind. Wir legen die Arme über die Schultern der anderen und verbeugen uns. Aus dem Augenwinkel sehe ich Christian klatschen.
Elin strahlt mich an und macht eine Handbewegung auf ihre Armbanduhr. Ah, ja! Jetzt fällt es mir wieder ein.
„Jon, noch nicht abbauen. Es gibt heute eine kleine Zugabe.“ Die Bandmitglieder sind verwirrt. Zugabe ist bei uns nicht üblich. Vor allem, weil wir dem Wirt versprochen haben, dass er spätestens um halb eins zusperren kann. Und wir brauchen noch eine Weile, bis wir alles abgebaut haben.
„Elin hat gleich Geburtstag“, flüstere ich Jon ins Ohr. Es wird knapp. Jon schafft es kaum, hinter dem Schlagzeug Platz zu nehmen, als ich bereits den Countdown herunterzähle. Elins glückliches Strahlen, als wir Happy Birthday anstimmen und die anderen Gäste einstimmen, verschwimmt zu einem verzerrten Grinsen, als sie versucht, ihre Ergriffenheit zu verbergen. Später, in meinen Armen, lässt sie sich gehen und schluchzt herzzerreißend an meiner Schulter.
„Alles Gute, Elin. Jetzt bist du volljährig und kannst deine eigenen Entscheidungen treffen. Auf dass all deine Wünsche in Erfüllung gehen.“ Ihren Tränenschleier fortwischend, schnieft sie und wirft einen raschen Seitenblick zu Christian, der wenige Meter von uns entfernt seine Rechnung bei Samu begleicht.
Ich runzle die Stirn. Gestern fand ich es noch rührend, dass Elin so auf den deutschen Gast steht. Jetzt irritiert es mich mehr als mir lieb ist.
DAS TOR NACH ATLISDAL
VON CHRIS FORTUNE
(...)
Fannlag lacht glockenhell, als Matt sich ächzend vom Lager erhebt und verschwindet durch die geöffnete Hüttentür. Sein Blick verweilt auf ihren wiegenden Hüften und wie ein Mondsüchtiger folgt er ihr durch das Dorf. Die Bewohner verharren in ihrem Tun und neigen grüßend den Kopf. Ihre neugierigen Blicke mustern den Fremdling. Aus der Art, wie die anderen Elfen Fannlag begegnen, schließt er, dass sie in der Gemeinschaft einen hohen Rang einnimmt.
Und alle lieben sie. Sie streicht Kindern über den Schopf, gibt in der ihm immer noch fremden Sprache, von der er nur Brocken versteht, Ratschläge zur Vorratshaltung, knüpft einen zerrissenen Grasüberwurf neu, oder streicht Salbe auf ein sieches Bein. Fannlag ist ihr Zentrum, die Sonne. Die Elfengesichter erhellen sich vor Freude, wenn sie unter ihnen ist. Genauso, wie sich Matts eigenes Herz erhellt.
Sie ist eine Elfenprinzessin!
Auf einem runden Platz, der durch die ringförmig stehenden Hütten gebildet wird, klatscht sie in die Hände und mehr und mehr Dorfbewohner strömen herbei. Fannlag greift nach einer Laute und stimmt ein Lied an. Es wird mucksmäuschenstill.
Ihre klare Stimme erhebt sich über die Hüttendächer, wird von den dichten Bäumen zurückgeworfen, scheint das ganze Tal zu durchdringen und die Elfengemeinschaft zu verzaubern. Sie hält Matt in ihrem Bann.
Fannlag!
Sie hebt die Augen und schaut direkt in sein Innerstes, versengt seinen Verstand, umwebt sein Herz und lässt es im Takt ihrer Lieder surren.
Seine Lippen werden warm und ihm ist, als habe sie ihn mit ihrem bloßen Blick geküsst.
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