Tränen der Hoffnungslosen
1. Dezember 2015
2. 2010 Ein neues Leben kann beginnen
3. Leben ohne Sanira
4. Einige Monate später
5. 2012 Demokratische Republik Kongo
6. Jens in Bukavu
7. Afghanistan 2010 –Operation Halmazag
8. Im Lager Fizi
9. Abschied vom Hindukusch
10. Wiedersehen
11. Bukavu
12. Peter in Fizi
13. Jens in Bukavu
14. Urlaub in der Heimat
15. Frühling 2013 Besuch in Lampedusa
16. 2014 Esmeralda in Lampedusa
17. Julia und Karsten, Jens und Katharina
18. Peter in Deutschland
19. Dezember 2016
20. Peter und Mona in der DR
21. Im Osten von Sud Kivu
22. Esmeralda in Lampedusa
23. Kinshasa
24. Gefängnis Makala
25. Sud Kivu
26. Plan der Befreiungsaktion
27. Gefängnis Makala
28. Befreiungsaktion
29. Peter in Kenia
30. Kinshasa
31. Goma
32. Kinshasa
33. Lampedusa 2014
Epilog
Über die Autorin
Meinung der Autorin dieses Romans:
Von Lisa Winter liegen außerdem vor:
Dezember 2015. Es ist Silvester. Esmeralda und Jonas leben mit ihrer kleinen Tochter Sanira glücklich auf der Insel Lampedusa. Das neue Jahr möchten sie mit der Familie in Köln begrüßen. Die kleine Sanira ist mittlerweile ein Jahr alt und soll nun der deutschen Familie vorgestellt werden.
Jonas ist promovierter Arzt und hat sich, wie auch Esmeralda, der `Internationalen Hilfsorganisation zur Rettung für Flüchtlinge in Lampedusa` angeschlossen.
Dr. Fontane ist immer noch im Dienst. Er hatte Esmeralda medizinisch versorgt, nachdem sie als Flüchtling in Lampedusa als eine der wenigen Überlebenden angeschwemmt worden war. Das vollkommen überfüllte und veraltete Boot, welches sie in die Freiheit bringen sollte, sank und fast alle Passagiere kamen dabei ums Leben.
Er hatte sich sehr gefreut, als Esmeralda nach Jahren ihrer Rettung ihn besucht hatte und freute sich besonders darüber, dass auch sie als Krankenschwester für diese wohltätige Organisation tätig sein wollte.
„Mittlerweile hatte sie sich zu einer erwachsenen Schönheit entwickelt. Ihre Intelligenz, ihren Fleiß und Ausdauer hatte Dr. Fontane schon Jahre früher an ihr geschätzt.
„Durch ihre Erfahrungen ist sie die passende Persönlichkeit, um den Angekommenen, vom Leid gezeichneten Flüchtlingen, zu helfen“, dachte Dr. Fontane, nachdem er sie persönlich eingestellt hatte.
Zu ihren Aufgaben gehört, neben der medizinischen Versorgung, die amtlichen Registrierungen durchzuführen, bevor die Flüchtenden zu ihrem nächsten Ziel gebracht werden. Mit viel Mitgefühl, Rat und Tat steht sie den meistens hilflosen Menschen bei. Es sind lange Arbeitstage, harte Arbeit, oft 12 Stunden am Tag.
„Jonas, hast du den Strom im Sicherungskasten abgeschaltet?“
„Ja, habe ich.“
„Auch alle Stecker aus den Steckdosen herausgezogen? Und den Hauptwasserhahn im Keller zugedreht?“
Esmeralda ist beschäftigt, die restlichen Sachen für Sanira einzupacken.
„Ja Schatz, ist alles erledigt. Es wird schon nichts passieren, während wir in Deutschland sind“, meint Jonas.
Fertig angezogen sitzt die kleine Sanira fröhlich und quiekend in ihrem Laufstühlchen. Die Reise kann losgehen.
„Dr. Fontane freut sich mit uns, wenn wir Papa besuchen. Er lässt ihn herzlich grüßen.“
„Ja er ist ein guter Arzt und ein großartiger Mann und vor allem hat er für jeden ein großes Herz. Sonst hätte er über die vielen Jahre die Problematik der Flüchtlinge nicht so wegstecken können. Er ist vollkommen überarbeitet. Auch ihm würde mal ein etwas längerer Urlaub gut tun. Weg von allem.“
„Schatz, wohin sollte er gehen, um Urlaub zu machen? Er hat sein ganzes Leben für die Hilfe von Bedürftigen geopfert. Er hat keine eigene Familie oder noch lebende Angehörige.“
Esmeralda sitzt neben Jonas auf dem Beifahrersitz in ihrem Kombi und die kleine Sanira in ihrem Kindersitz auf der Rückbank. Zufrieden knabbert Sanira an einer trockenen Brotkruste und schaut während der Fahrt aufmerksam aus dem Fenster.
Nach der Überfahrt mit der Autofähre, hören sie auf der Autobahn über das Radio Nachrichten über neu angekommene Flüchtlinge, die aus nordafrikanischen Ländern geflohen waren. Immer mehr Menschen fliehen aus dem Elend, das in ihren Heimatländern herrscht und suchen Frieden und Sicherheit in Europa.
Während der Autofahrt erinnert sich Esmeralda an die vergangenen Jahre, vor und nach ihrer Entlassung aus dem Sanatorium für Suchterkrankte.
2010 Ein neues Leben kann beginnen
Peter und seine eritreische Frau Sanira hatten für ihre achtzehnjährige Tochter Esmeralda ein kleines gemütliches Appartement im Schwesternheim gemietet, das direkt neben dem Krankenhaus in einem Vorort von Frankfurt lag. Sie teilte es sich mit Julia. Julia war im gleichen Alter.
Beide waren gleichzeitig erfolgreich mit ihrer Ausbildung als Krankenschwestern fertig geworden.
Julia war langbeinig, schlank und hatte halblanges hellblondes Haar, das sie meistens zum Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Durch ihre aufgeweckte, offene Art war sie Esmeralda sofort sympathisch geworden. Dies beruhte sich auf Gegenseitigkeit. Sie wurden Freundinnen. So waren die gemeinsamen langen, meist ruhigen Nachtdienste, nicht ganz so ermüdend und langweilig gewesen, da sie sich immer etwas zu erzählen hatten. Doch niemals hatte Esmeralda von ihren dunklen Erlebnissen aus ihrer Vergangenheit erzählt.
Beide jungen Frauen wurden durch ihren Fleiß und Hilfsbereitschaft von den Ärzten, sowie von den Patienten geschätzt.
Nach einem gemeinsamen Nachtdienst erschien es Esmeralda, dass Julia aufgekratzt und gar nicht müde, so wie sonst war. Esmeralda kam bettfertig in ihrem Nachthemd aus dem Badezimmer und Julia saß untätig auf ihrem Bett.
„Wieso ziehst du dich nicht aus. Willst du noch weg?“, fragte Esmeralda.
„Ja, ich geh noch weg.“
Julia wirkte etwas verlegen.
„Wohin denn?“
„Es ist früher Morgen, viel zu schade, um ihn zu verschlafen. Außerdem haben wir heute den ganzen Tag frei, bis morgen zum Frühdienst“, antwortete Julia.
Julia ging ins Badezimmer.
Esmeralda legte sich in ihr Bett und war gerade am Einschlafen, als Julia geschminkt und umgezogen vor ihrem Bett stand. Sie spürte, dass Julia etwas auf dem Herzen hatte.
„Sag endlich was du vor hast. Vorher lässt du mich doch nicht einschlafen.“
Esmeraldas Neugier war geweckt.
Julia kicherte:
„Ich bin zum Frühstück verabredet. Mit Dr. Müller, dem neuen Assistenzarzt.“
„Hab ich es mir doch gedacht! Ich habe doch gemerkt, dass da irgend etwas zwischen Euch läuft. Ansonsten hättest du dich nicht freiwillig zum Nachtdienst gemeldet.“
Esmeralda lachte.
„Der ist doch süß, oder? Ich finde ihn hinreißend.“
„Ja, dass wird er wohl sein. Dann geh und komme nicht so spät zurück. Auch Verliebte müssen mal schlafen.“
Esmeralda lächelte und gähnte.
„Und da ich Gott Lob nicht verliebt bin, brauche ich jetzt meinen Schlaf“, fügte sie hinzu und drehte sich zur Wand um.
Bevor sie einschlief dachte sie über ihre neue Freundin nach. Esmeralda hatte aus den Erzählungen geschlossen, dass Julia in Liebesangelegenheiten noch sehr unerfahren war. Während ihrer Schulzeit hatte sie einen Freund in ihrer Klasse, der sehr schnell etwas mehr als `Händchenhalten` von ihr forderte. Daraufhin hatte Julia den Kontakt mit ihm beendet. Für mehr war sie nicht bereit gewesen.
Außer dem leitenden Professor der Klinik, Dr. Schüler, kannte niemand Esmeraldas Vergangenheit. Prof. Schneider, der ihr damals geholfen hatte aus ihrer Suchterkrankung heraus zu kommen, hatte ihr mit guten Worten geholfen, einen Neuanfang als Krankenschwester beginnen zu können. Er übernahm sozusagen eine persönliche Bürgschaft für Esmeralda.
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