„Nein!“, kam die prompte Antwort von Lui.
„Er meint ‚Ja!’, korrigierte Kishou. „Es ist Lui. Er gehört zu uns. Habadam und er können auch miteinander sprechen – ich leider nich’. Lui kann nur ‚nein’ sagen, aber er kann uns verstehen! – Schön dich zu sehen!“, richtete sie sich wieder lächelnd an Lui. „Bei uns ist soweit alles gut gegangen. Wissen Habadam und die anderen Bescheid?“, fragte sie den Vogel.
„Nein!“, war die zu erwartete Antwort.
Sag’ mal Lui – kannst du nicht einfach mit dem Kopf nicken, wenn du ‚ja’ meinst?, blitzte plötzlich eine Idee in ihr auf.
„Nein!“, bestätigte Lui sofort und nickte dabei mehrmals heftig mit dem Kopf.
„Wieso sind wir nicht gleich darauf gekommen?“, wunderte sich Kishou. „Damit können wir uns ja dann fast schon richtig unterhalten!“
Lui trat von einem Bein auf das andere und nickte wieder mit dem Kopf.
„Es war wohl zu einfach, um darauf zu kommen!“, lachte sie. Eine Feststellung, die von einem Kopfnicken, begleitet von Krächzenden Lauten Luis Zustimmung fand.
„Sind die anderen noch da, wo wir uns zuletzt getroffen haben?“, wollte Kishou wissen.
„Nein!“, kam es bestimmt von Lui. Das von Kishou erwartete Kopfnicken blieb allerdings aus.
„Du meinst, sie sind jetzt woanders?“, fragte sie sicherheitshalber noch einmal nach.
„Nein!“, war die Antwort, nun aber begleitet von einem Kopfnicken.
„Wohin sind sie denn jetzt?“, erschrak sie.
Ein langgezogenes „Nein!“ war die Antwort. Lui wiegte seinen Kopf und Körper hin und her.
„Falsche Frage!“, stellte Kishou nüchtern fest, und dachte angestrengt nach. „Sind sie wegen der Horden der Gleichen weggegangen oder weil sie …. Nein … “Unterbrach sie sich selbst. „Eins nach dem anderen! Sind sie wegen einer Gefahr da weggegangen?“
Lui verneinte.
„Also wollen sie irgendwo hin!“, dachte Kishou laut nach. Da gab es eigentlich nur eine Ziel, das ihr in den Sinn kam. „Folgen sie uns?“
„Nein!“, nickte Lui heftig.
„Puh…!“, machte Kishou. „Schön zu hören, aber hoffentlich geht das gut. Sie müssen unheimlich aufpassen. Andererseits müssen sie ja sowieso auch irgendwie zur Grenze kommen!“, überlegte sie laut. „Wir sind auf dem Weg nach Katum. Das ist hier die größte Stadt. … aber das wissen sie sicherlich selber!“, winkte sie ab. „Sag ihnen, dass ich da mit wichtigen Leuten der ONO zusammentreffe. Was dann wird, weiß ich noch nicht. … und das sonst alles bisher ganz gut klappt. Wir sind schon durch zwei Kontrollen durchgekommen!“ So versuchte sie so gut es geht, Lui die Fülle ihrer Eindrücke zu schildern, damit ihre Gefährten Bescheid wussten. Undolf schaute immer wieder hinter sich zu ihnen hinüber. Es musste ihm wohl sehr befremdlich erscheinen, das sich Kishou da mit einem Vogel unterhielt. Aber was war schon noch, wie es einmal war im Drom der Breenen, seit er Kishou getroffen hatte.
Mit einem kräftigen „Nein!“ verabschiedete sich Lui irgendwann, und stieg in den Himmel hinauf. Kishou winkte ihm noch nach bis er verschwunden war, und kletterte dann wieder zu Undolf auf den Kutschbock. „Es ist ein gutes Gefühl, trotz der Umstände noch eine Verbindung zu den Freunden zu haben!“, meinte sie.
Undolf nickte etwas bemüht, und schaute zum Himmel hinauf. „Ich glaube nicht, dass es noch Regen geben wird. Es wird sich wohl bald aufklären. … also du hast vorhin nach den Gleim gefragt, wie sie sich vermehren …“, entschied er sich wohl, ein Thema aufzunehmen, dass zu seiner überschaubaren Welt gehörte.
„Ja?“, war Kishou ganz Ohr.
„Also wenn einer getötet wird, dann … dann teilt er sich irgendwie in zwei Neue. Es ist sehr schwer zu beschreiben, aber ich habe es einmal selbst mit angesehen …“
„Das hat aber der, den ich auf meiner Flucht getroffen habe, nicht gemacht!“, widersprach Kishou.
„Nein – so schnell geht das nicht!“, winkte der Breene ab. „Es dauert Stunden – mindestens sieben oder acht, bis es losgeht. Es ist sehr schwer zu beschreiben. Sie klappen irgendwann plötzlich auseinander – also der tote Gleim kippt nach einer Seite, und gleichzeitig auch zur anderen Seite … Besser kann ich es nicht beschreiben … und dann sind es zwei. Aber es sind nicht dieselben. Sie haben beide andere Gesichter als der ursprüngliche Tote. Sie stehen dann auf, als wenn nichts gewesen wäre … und das war’s dann!“
„Mmh…“, überlegte Kishou. „Das ist vielleicht der Grund, warum Boorh und die anderen nicht wissen, warum sie immer mehr werden. Sie waren damals wahrscheinlich nie lange genug am selben Ort – also da, wo gekämpft wurde – um es mitzukriegen. Aber dann macht’s ja wirklich überhaupt keinen Sinn, gegen sie zu kämpfen!“
„Nein, aber man gewinnt immerhin Zeit, wenn es gelingt, sie auszuschalten – so wie du sie ja auch hattest!“
„Aus einem toten Gleim werden zwei lebende … echt verrückt, was sich Suäl Graal alles einfallen lässt!“, sinnierte Kishou.
„Experten der ONO suchen nach Möglichkeiten, diese Vermehrung zu verhindern. Bisher aber ohne Erfolg. Es gibt immerhin eine Theorie, wie es überhaupt dazu kommt!“
„Du meinst, ihr habt eine Erklärung, wie es zu dieser Verdoppelung kommt?“, horchte Kishou auf.
„Nur eine Theorie – nichts Sicheres!“, korrigierte der Breene. „Ich bin kein Experte, und kann es nicht ordentlich genug erklären, aber sie meinen, das die Energie, die den Gleim tötet, so groß sein muss, wie die, die in ihm selbst ist – oder so ähnlich!“, Er dachte angestrengt nach, und machte immer wieder Pausen zwischen den Sätzen. „Sie halten es also für möglich, dass die Energie, die ihn getötet hat, sich nun zu seiner eigenen dazuzählt ... ich bekomme das nicht richtig zusammen ...“, wollte er fast resignieren. „Also das gewissermaßen die Energie, die ihn getötet hat, sich zu seiner eigenen wie … wie ein Spiegel verhält – also der Gleim sich in ihr spiegelt, oder so ähnlich. Auf jeden Fall sind am Schluss nicht ein Gleim, sondern Zwei von ihnen da – irgendwie eine Mischung aus diesen beiden Energien. Damit erklären sie sich den Umstand, dass die beiden Neuen anders aussehen als der Alte!“ Er stöhnte ob der Anstrengung, die Einzelheiten der Theorie zu erinnern. „Die Experten suchen deshalb nach einer Waffe, die keine Energie freisetzt. Bislang aber ohne Erfolg!“, schloss er endlich.
„Die Idee ist garnicht so schlecht!“, meinte Kishou. „Klingt sehr nach Suäl Graal! Also ich meine eigentlich überhaupt nach der Sippe der Chemuren!“, fiel ihr auf. „Weißt du, Mo kann zum Beispiel sowas ähnliches – also wenn was auf sie trifft, dann verschwindet es einfach. Also sie saugt irgendwie die Kraft, die auf sie trifft, in sich hinein – und dann ist sie weg. Allerdings hat das auch Grenzen, und sie verdoppelt sich dann auch nicht, sondern glüht immer heller auf … keine Ahnung was dann passiert, aber auf jeden Fall nichts Gutes. Ich hab’ mal erlebt, wie sie dabei dann zusammengebrochen ist – ist schon lange her. Ich dachte schon, sie wäre Tot!“ Sie erschauerte förmlich, wie sie sich daran erinnerte.
„Das musst du unbedingt den Experten erzählen!“, erregte sich Undolf. „Es wird ihre Theorie beträchtlich stärken und ihre Sicherheit erhöhen, wenn sie erfahren, dass sie auf dem richtigen Weg sind!“ Es war wohl das erste Mal seit Kishous Auftritt, dass der Breene alle Bedenken und Befürchtungen, die ihr Erscheinen auslöste, für einen Moment vergaß.
Inzwischen neigte sich der Tag dem Ende zu, und Undolf entschied, in der nächsten Ortschaft, die ihm dort bekannte Herberge aufzusuchen.
Конец ознакомительного фрагмента.
Читать дальше