Copyright: © 2015 Michael Kornas-Danisch
Denn
So das EINE
sich VERHÄLT
zum ANDEREN
Da ist
ZEIT
Als das MAß
Als die REGEL
Des EINEN gegenüber dem ANDEREN
Denn
So das EINE
sich VERHÄLT
zum ANDEREN
Da ist
GESETZ
Da ist
ORDNUNG
Das Drom der Breenen
Das Geheimnis der Allmächtigen
K
ishou starrte mit großen Augen in die neue Welt. Was für ein Anblick. Sie stand inmitten von saftigem Grün, soweit das Auge reichte. Es musste eine gewaltige Oase sein, die direkt am Dritten Tal der Dritten Ebene des Dritten Droms angrenzte.
Ihr Kopf fuhr herum. Die Zollstelle gab es nicht mehr, und sie hatte es auch nicht anders erwartet. Das Große Belfelland kannte keinen Weg, der in das vorherige Drom zurück führte, wie sie nicht nur einmal vom Unteren Squatsch aufgeklärt wurde. Es war wohl die Zeit selbst, die es nicht zuließ, wie sie inzwischen zu verstehen meinte. Hier nun, wo sie das letztliche Ziel ihres Weges erreicht hatten, wollte es auch nicht einmal den Anschein erwecken. Es war nicht mehr nur eine weitere Etappe zum Ziel, sondern das Ende des Weges. Nichts konnte nun mehr sein, wie es war – sie ahnte es, je mehr sie mit staunenden Augen um sich sah ...
„Es ist keine Oase entschieden an diesem Ort!“ Meinte Mo plötzlich, als hätte sie Kishous Gedanken erraten.
„Nicht?“, schrak Kishou aus ihre Gedanken auf.
„Nein!“, krächzte Lui von Habadams Schulter herunter, während sein Kopf offenbar aufgeregt in alle Richtungen zuckte, dass man meinen könnte, er hätte keine Halswirbel.
„Boorh entscheidet: In der Vierten Ebene des Vierten Tals des Vierten Droms fließen noch die Wasser, wie einst überall im ganzen Großen Belfelland!“
„Erstaunlich! Höchst erstaunlich!“, meinte nun auch Habadam. „Es sieht so aus, als würde es sich tatsächlich so verhalten! ... als hätte Suäl Graal dieses Drom von der Trockenheit verschont – was aber eigentlich nicht sehr wahrscheinlich ist, denn …!“
„Sie wird es vergessen haben … vergessen haben. Wahrscheinlich weil der große Zauberer nicht bei ihr war, … nicht da war, um sie daran zu erinnern!“, provozierte das Untere Squatsch.
„Meinst Du auch, das es nicht nur eine große Oase ist?“, wandte sich Kishou an Madame KA, während sie sich von ihrem ungeliebten Breenenrock befreite, den sie sicherheitshalber bei ihrem Übertritt in das neue Drom tragen musste. Es hatte seine Arbeit getan.
„Wir werden es erfahren!“, antwortete sie, während ihre Augen ungewöhnlich aufmerksam die Umgegend und auch den Himmel musterten. ‚Aufmerksam’ trifft es eigentlich nicht richtig, wie ihre Augen so umherwanderten. Es war eher so etwas wie der Blick eines Reisenden, der an seinem Ziel angekommen war. „Alles war der Weg. Hier nun ist Belfelland!“, meinte sie dann auch tatsächlich – wenn auch mehr zu sich selbst. Sie gab in diesem Moment ihrem Biesel eine Richtung vor, und trabte im gemächlichen Schritt los. Die anderen folgten.
So unerwartet erfreulich der erste Eindruck dieses Droms auch war, so bot es nicht gerade einen guten Komfort, was das Vorankommen anging. Die pralle Natur erwies sich schnell als im höchsten Maße unbändig, und erzwang immer wieder die Suche nach einem begehbaren Weiterkommen. Es war eine Mischung aus Wald und dichtem Buschwerk mit vielen grünen Lichtungen, die gern im tiefen Morast endeten. Kleine und größere Teiche, Bäche und umgestürzte Bäume nötigten sie immer wieder zu Umwegen. Und nach den vielfältigen, verschiedensten Lauten um sie herum zu urteilen, war es auch sehr lebendig hier. Ein Teppich von Gezwitscher, Singsang, Krächzen und Zirpen lag überall in der Luft. Ihre Verursacher waren nur selten auszumachen. Das Blattwerk war zu dicht, und Kishou hatte nicht die Zeit, nach ihnen zu forschen. Nur hin und wieder sah sie ein kurzes Aufflattern irgendwelcher unbekannter Vögel. Größere Kreaturen tauchten zunächst nicht auf, obgleich manch ein Geräusch solche vermuten lassen durfte.
„Hast du ein bestimmtes Ziel?“, fragte Kishou Madame KA, als sie für einen Moment auf ihre Höhe kam.
Die Bewegung hat immer ein Ziel!“, lächelte Madame KA hintergründig. „Unsere zielt auf die Stadt ‚Trital’, die sich einst als nächst größerer Ort zur Grenze des Dritten Droms verhielt!“
„Und wie weit?“, wollte Kishou wissen.
„80 Mal wird die Sonne bis dahin das Allsein verdrängen! Sehr ‚wahrscheinlich'!’“ meckerte das Untere Squatsch, der wohl mitgehört hatte und nicht sehr glücklich über die Beschwernisse war. „Verzeiht meine kleine unbemessene Verdrängung des Allseins!“, maulte er dann aber doch noch, sich entschuldigend.
„Es ist nicht abzuschätzen!“, meinte nun Madame KA. Ursprünglich verhielt sich Trital einen halben Tagesmarsch auf den Bieseln zur Grenze des Dritten Droms. Aber die Verhältnismäßigkeiten haben sich geändert – es führten dereinst gute Wege dorthin.
Bereits mit den ersten Anzeichen der Dämmerung hielten sie Ausschau nach einem geeigneten Rastplatz. Würde die Dunkelheit erst einmal hereingebrochen sein, hätten sie keine Gelegenheit mehr dazu.
Sie entschieden sich für die aus dem Boden gerissenen Wurzeln eines umgestürzten riesigen Baumes. Ihr mächtiges Gehölz bildete eine geräumige Überdachung, die allen genügend Platz bot. Der bizarre Raum erinnerte an eine alte Tropfsteinhöhle. Farne und knöchrige Wurzelstränge hingen überall von oben herab.
Kishou machte es sich in Boorhs Schoß bequem. Vorsichtshalber. Sie hatte am Boden einige kleine krabbelnde unbekannte Kreaturen bemerkt, die ihr nicht geheuer waren. „Erzählt mir von den Breenen!“, meinte sie nun, während ihre Hände in ihrem Beutel fischten. „Immerhin ist ja Trautel Melanchful eigentlich die Regentin hier. … hat sie mir erzählt. Die Bewohner hier werden ganz schön gucken, wenn sie erfahren, dass ich von ihr komme!“
„Boorh entscheidet: Im Volk der Breenen trennt sich ein Volk der Furcht vom Allsein!“, tönte es mit Nachdruck über ihr.
„Ein Volk der Furcht?“, wunderte sich Kishou. „Was fürchten die denn?“
„Das ihnen der Himmel auf den Kopf fällt! ... der Himmel auf den Kopf fällt zum Beispiel!“, quäkte das Untere Squatsch.
„Das ihnen der Himmel auf den Kopf fällt?“, verstand Kishou nicht.
„Nun ...", lenkte Habadam ein. „Das Untere Squatsch will wohl damit sagen, das sie alles und nichts fürchten. Alles, das sich zu ihnen verhält, könnte auch eine Gefahr bedeuten. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür ist ja auch tatsächlich niemals auszuschließen!“
„Na dann ist doch alles ganz normal!“, meinte Kishou zu verstehen.
„Etwas anstrengend ... anstrengend – wenn ihr meine Wenigkeit fragt!“, bemerkte das Untere Squatsch. „Immer und überall eine Gefahr vom Allsein zu verdrängen … ziemlich anstrengend!“
„Und wie kommen die Breenen ohne Trautel Melanchful klar?, fragte Kishou. „Immerhin ist sie doch sowas wie eine Königin hier – hat sie mir erzählt. Was machen die Breenen ohne Trautel Melanchful?“
„Schwer zu sagen, wie sich dieser Umstand zu den Breenen verhält!“, meinte Habadam sinnend. Doch vergesst nicht, dass auch das Zweite Drom ohne die Anwesenheit von Boorh und Mo über all die Zeiten zurechtkommen musste. ..."
„Der Weißbart vergisst in euch vom Allsein zu trennen, ... vergisst er natürlich, dass immerhin meine Wenigkeit ... meine Wenigkeit als der legitime Herrscher der zweiten Ebene des Zweiten Tals des Zweiten Droms dort durchaus in all den Zeiten das Allsein verdrängte! Durchaus!", widersprach das Untere Squatsch.
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