- Habe ich häufig Kontakte mit anderen Personen, so lässt es sich nicht vermeiden, dass sie mir gegenüber auch Verhaltensweisen zeigen, die für mich unannehmbar sind. Ich kann mich dann fragen, was ich tun kann, damit dieses Verhalten unterlassen wird. (c)
- Personen zeigen augenblicklich kein Verhalten, das für mich unannehmbar ist. Ich kann jedoch annehmen, dass das ggf. in der Zukunft der Fall ist und mir so die Frage stellen, wie ich ein derartiges Verhalten verhindern kann. (d)
- Es gibt nicht wenige Situationen, wo sowohl du ein Problem mit meinem Verhalten als auch ich gleichzeitig ein Problem mit deinem Verhalten habe. Es stellt sich dann für uns die Frage: Wie können wir unser gemeinsames Problem aus der Welt schaffen? (e)
Da sich diese Arbeit mit dem Vermeiden und einvernehmlichen Lösen von Konflikten beschäftigt, wird auf nachfolgende Gordonsche Themen Bezug genommen:
- Vermeiden von Konflikten
Ein Konflikt mit einer anderen Person kann vermieden werden, indem es mir gelingt, ein unannehmbares Verhalten einer anderen Person zu beseitigen (c) oder indem ein unannehmbares Verhalten erst gar nicht auftritt (d).
- Einvernehmliches Lösen von Konflikten
Das einvernehmliche Lösen eines Konflikts kann sich einmal darauf beziehen, dass ich einen Konflikt mit einem anderen habe, ich also in der Auseinandersetzung Partei (Betroffener) bin (e), als auch darauf, dass andere einen Konflikt miteinander haben, ich also nicht Betroffener, sondern Außenstehender bin, der eine Vermittlungsfunktion übernimmt (b).
Nicht Bestandteil dieser Arbeit ist so der Sachverhalt, dass eine andere Person ein Problem hat (a).
Wenn diese Arbeit nun Bezug nimmt auf die Gordonschen Lösungen des Umgangs mit und des Vermeidens von Konflikten, so handelt es sich um Problemlösungsmethoden, die (mittlerweile) auch Bestandteil von anderen Konzepten sind, die sich mit dieser Thematik befassen (vgl. hierzu die Literaturliste). Darüber hinaus lässt sich die Niederlagelose Methode der Konfliktlösung, ein Kernelement des Umgangs mit Konflikten, ableiten aus einem allgemeinen Problemlösungsmodell.
Diese Arbeit unterscheidet sich von dem in den Gordon-Büchern dargestellten Beziehungskonzept dadurch, dass bei einigen Themen zusätzliche Informationen eingefügt wurden, die zu einer vertiefenden Darstellung führen. Darüber hinaus wurden neue Themen hinzugefügt und damit der Anwendungsbereich erweitert. Gleichzeitig wurden Aussagen präzisiert und systematisiert, und letztlich wird die Darstellung des Beziehungskonzepts durch zahlreiche eigene Beispiele angereichert.
Die Arbeit wendet sich an Leser, die ein besonderes Interesse an der Vermeidung und dem befriedigenden Lösen von Konflikten haben. In Frage kommen so Personen, die von Berufs wegen mit vorgenannten Sachverhalten zu tun haben, aber auch solche, die ihre Paar- oder Eltern-Kind-Beziehung verbessern wollen. Wenngleich Methoden des Vermeidens und Beseitigens von Konflikten in dieser Arbeit an vielen Beispielen verdeutlicht werden und in Form von Übungen (siehe Anhang) und Empfehlungen, partnerschaftliches Konfliktverhalten im Alltag auszuprobieren, die Gelegenheit zur Anwendung besteht, können Leser ihre Fertigkeiten noch verbessern durch eine systematische Einübung neuen Konfliktverhaltens in Form eines Trainingsprogramms. Derartige Trainings werden u. a. von Gordon Training International Inc. angeboten (siehe auch Literaturliste).
Vorgehensweise in der Arbeit
Das Lösen und Vermeiden von Konflikten sind die Themen dieser Arbeit. Daraus ergeben sich verschiedene Einzelthemen:
- Besteht das Ziel darin, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sich Konflikte zufriedenstellend lösen oder gar vermeiden lassen, so muss zunächst einmal dargelegt werden, welche Bedeutung der Konfliktbegriff eigentlich hat.
- Es werden in dieser Arbeit mit dem Bedürfnis- und Wertkonflikt zwei Konfliktformen vorgestellt, die nach unterschiedlichen Beeinträchtigungen klassifiziert sind: Liegen Bedürfniskonflikten Bedürfnisbeeinträchtigungen zugrunde, so sind bei Wertkonflikten entsprechend Wertbeeinträchtigungen betroffen. Was nun eine Bedürfnis- von einer Wertbeeinträchtigung unterscheidet, soll zunächst verdeutlicht werden.
- In welcher Weise Konflikte vermieden bzw. gelöst werden sollen, ist mit abhängig davon, welche Wertvorstellungen vertreten werden.
- Es wird sodann die Aufmerksamkeit auf das Thema „Bedürfniskonflikte “ gelenkt. Dabei wird als erstes der Überlegung Rechnung getragen, dass es wünschenswerter ist, Konflikte zu vermeiden , als solche entstehen zu lassen. Als Mittel der Konfliktvermeidung werden dabei primär bestimmte Kommunikationsformen vorgestellt.
Liegen Bedürfniskonflikte vor, so können diese auf unterschiedliche Art und Weise gelöst werden. Mit der Niederlagelosen Methode der Konfliktlösung wird ein Instrument vorgestellt, das Konflikte im Konsens löst.
Die hier vorgestellte partnerschaftliche Form der Konfliktlösung lässt sich nur bei gleichberechtigten (symmetrischen) Beziehungen anwenden und bei hierarchischen (asymmetrischen) Beziehungen, wenn Ranghöhere die Initiative ergreifen. Es wird so zusätzlich dargelegt, welche anderen Formen der Konfliktlösung noch in Betracht kommen, wenn in hierarchischen Beziehungen Rangniedere Konflikte lösen wollen.
- Als nächstes wird der Sachverhalt thematisiert, dass Konflikte auch in Form von Wertbeeinträchtigungen vorliegen können.
- Sind das Lösen von Konflikten zwischen zwei Personen sowie deren Vermeidung auch die Hauptthemen, so soll zum Schluss der Arbeit dargestellt werden, wie eine Person bei einem Konflikt zwischen anderen vermitteln kann.
Neben der Wissensvermittlung werden Empfehlungen zur Anwendung von Kenntnissen im Alltag gegeben.
Der Arbeit sind noch Anhänge zugefügt mit unterschiedlichen Inhalten:
- Leser können zu einzelnen Themen Übungen hinzufügen
- Die einzelnen Methoden der Konfliktlösung und -vermeidung werden noch einmal im Gesamtzusammenhang dargestellt.
- Schließlich erfolgen einige Überlegungen zur Anwendung des partnerschaftlichen Konfliktkonzepts auf Kinder.
Die vorliegende Arbeit wurde im Buchdruck 2013 veröffentlicht und enthält als eBook einige Ergänzungen.
(1) Einzelne Konfliktmerkmale
Welche Vorstellungen verbinden Sie mit dem Begriff „Konflikt“? Denken Sie dabei an Streit mit einer anderen Person, an Meinungsverschiedenheiten, unterschiedlichen Interessen...
Begriffe haben es oft an sich, dass verschiedene Personen diese unterschiedlich verwenden und es so zu Missverständnissen in der Kommunikation kommt.
Im alltäglichen Sprachgebrauch werden diese Missverständnisse normalerweise in der Unterhaltung erst allmählich sichtbar und äußern sich z. B. in der Aussage: „Das habe ich so nicht gemeint. Ich meine mit ….“
Der Konfliktbegriff ist nun vieldeutig, denn nicht nur im Alltag, sondern auch in der Literatur, die sich mit Konflikten beschäftigt, wird er unterschiedlich verwendet. Sollen Methoden zur Lösung oder Vermeidung von Konflikten dargestellt werden, so ist deshalb zunächst einmal darzulegen, was hier unter „Konflikt“ verstanden wird. Damit wird darauf verwiesen, welche Merkmale der Konfliktbegriff umfassen soll.
Dauerhafte und flüchtige Beziehungen
Wenn Personen einen Konflikt miteinander haben, so beinhaltet das zunächst einmal, dass sie Kontakt haben, d. h. in einer Beziehung zueinander stehen, die eher flüchtiger oder dauerhafter Art sein kann.
Ein Beispiel für eine flüchtige Beziehung ist der Kontakt von Fahrgästen, der ggf. nur Sekunden betragen und einmalig sein kann. Demgegenüber unterhalten Eheleute, Arbeitskollegen, Eltern und Kinder am Tag häufige und länger andauernde Kontakte.
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