Kein Nebel: ein klarer, lustig-heller, frischfroher Morgen, eine
Kälte, die dem Blut einen Tanz vorpfiff, goldenes Sonnenlicht,
ein himmlischer Himmel, lieblich-erquickende Luft, fröhliche
Glocken. O wie herrlich, wie herrlich!
»Was ist denn heute für ein Tag?« rief Scrooge einem Knaben in
Sonntagskleidern zu, der unterm Fenster stand.
»Wie?« fragte der Knabe mit der al ergrößten Verwunderung.
»Was ist heut' für ein Tag, mein Junge?« fragte Scrooge.
»Heute?« antwortete der Knabe. »Nun, Christtag.«
»Es ist Christtag«, sagte Scrooge zu sich selber. »Ich habe ihn
also nicht versäumt. Die Geister haben alles in einer Nacht
erledigt. Sie können al es, was sie wol en. Natürlich, natürlich. -
Heda, mein Junge!«
»Was denn!« antwortete der Knabe.
»Kennst du des Geflügelhändlers Laden in der zweitnächsten
Straße an der Ecke?« fragte Scrooge.
»I, warum denn nicht?« antwortete der Junge.
»I, warum denn nicht?« antwortete der Junge.
»Ein gescheiter Junge«, nickte Scrooge. »Ein merkwürdiger
Junge! Weißt du nicht, ob der Preistruthahn, der dort hing,
verkauft ist? Nicht der kleine Preistruthahn, sondern der große.«
»Was, der so groß ist wie ich?« entgegnete der Junge.
»Was für ein lieber Junge!« lächelte Scrooge. »Es ist eine
Freude, mit ihm zu sprechen. Freilich wohl, mein Prachtjunge.«
»Der hängt noch dort«, antwortete der Junge.
»Ist's wahr?« sagte Scrooge. »Na, dann lauf und kaufe ihn.«
»Hat sich was«, spottete der Junge.
»Nein, nein«, sagte Scrooge, »es ist mein Ernst. Geh hin und
kaufe ihn und sag, sie sol en ihn hierher bringen, daß ich ihnen die
Adresse geben kann, wohin sie ihn tragen sollen. Komm mit dem
Träger wieder her, und ich gebe dir einen Shil ing. Kommst du
rascher als in fünf Minuten zurück, bekommst du eine halbe
Krone.«
Der Bengel verschwand wie ein Blitz.
»Ich will ihn Bob Cratchit schicken«, flüsterte Scrooge, sich die
Hände reibend und fast vor Lachen platzend. »Er soll nicht
wissen, wer ihn schickt. Er ist zweimal so groß wie Tiny Tim.
Einen Witz wie den hat's noch nie gegeben.«
Einen Witz wie den hat's noch nie gegeben.«
Als er die Adresse schrieb, zitterte seine Hand, aber er schrieb
so gut es ging und stieg die Treppe hinab, um die Haustür zu
öffnen und den Truthahn zu erwarten. Wie er dastand, fiel sein
Auge auf den Türklopfer.
»Ich werde ihn lieb haben, solange ich lebe«, rief Scrooge, ihn
streichelnd.
»Früher habe ich ihn kaum angesehen. Was er für ein ehrliches
Gesicht hat! Es ist ein wunderbarer Türklopfer! - Da ist der
Truthahn. Hal o! Hussa! Wie geht's?
Fröhliche Weihnachten!«
66
Das war ein Truthahn! Er hätte nicht mehr lang lebendig auf
seinen Füßen stehen können. Sie wären - knix - zerbrochen wie
eine Stange Siegellack.
»Was, das ist ja fast unmöglich, den nach Camden Town zu
tragen!« sagte Scrooge. »Ihr müßt einen Wagen nehmen.«
Das Lachen, mit dem er dies sagte, und das Lachen, mit dem er
den Truthahn bezahlte, und das Lachen, mit dem er den Wagen
bezahlte, und das Lachen, mit dem er dem Jungen ein Trinkgeld
gab, wurde nur von dem Lachen übertroffen, mit dem er sich
gab, wurde nur von dem Lachen übertroffen, mit dem er sich
atemlos in seinen Stuhl niedersetzte und lachte, bis ihm die
Tränen die Backen herunterliefen.
Das Rasieren war keine Kleinigkeit, denn seine Hand zitterte
immer noch sehr, und Rasieren verlangt große Aufmerksamkeit,
auch wenn man nicht gerade währenddessen tanzt. Aber selbst
wenn er sich die Nasenspitze weggeschnitten hätte, würde er ein
Stückchen Pflaster darauf geklebt und sich damit zufrieden
gegeben haben.
Er zog seine besten Kleider an und trat endlich auf die Straße.
Die Leute strömten gerade aus ihren Häusern, wie er es gesehen
hatte, als er den Geist der diesjährigen Weihnacht begleitete; und
mit auf dem Rücken zusammengeschlagenen Händen durch die
Straßen gehend, blickte Scrooge jeden mit einem freundlichen
Lächeln an. Er sah so unwiderstehlich freundlich aus, daß drei
oder vier lustige Leute zu ihm sagten: »Guten Morgen, Sir,
fröhliche Weihnachten!«, und Scrooge sagte oft nachher, daß
von al en lieblichen Klängen, die er je gehört, dieser seinem Ohr
am lieblichsten geklungen hätte.
Er war nicht weit gegangen, als er denselben stattlichen Herrn auf
sich zukommen sah, der am Tage vorher in sein Kontor getreten
war, mit den Worten: »Scrooge und Marley, glaube ich.« Es gab
ihm förmlich einen Stich ins Herz, als er dachte, wie ihn wohl der
alte Herr beim Vorübergehen ansehen würde; aber er wußte,
welchen Weg er zu gehen hatte, und ging ihn.
»Lieber Herr«, rief Scrooge, schnel er laufend und den alten
Herrn an beiden Händen ergreifend. »Wie geht es Ihnen? Ich
hoffe, Sie hatten gestern einen guten Tag? Es war sehr freundlich
von Ihnen. Ich wünsche Ihnen fröhliche Weihnachten, Sir.«
»Mr. Scrooge?«
»Ja«, sagte Scrooge. »So ist mein Name und ich fürchte, er
klingt Ihnen nicht sehr angenehm. Erlauben Sie, daß ich Sie um
Verzeihung bitte! Und wol en Sie die Güte haben« hier flüsterte
ihm Scrooge etwas ins Ohr.
»Himmel!« rief der Herr, als ob ihm der Atem ausgeblieben
wäre. »Mein lieber Mr. Scrooge, ist das Ihr Ernst?«
»Wenn es Ihnen beliebt«, sagte Scrooge. »Keinen Penny
weniger. Es sind viele Rückstände dabei, ich versichere es Ihnen.
Wol en Sie die Güte haben?«
»Bester Herr«, sagte der andere, ihm die Hand schüttelnd. »Ich
weiß nicht, was ich zu einer solchen Freigebigkeit sagen sol .«
»Ich bitte, sagen Sie gar nichts dazu«, antwortete Scrooge.
»Besuchen Sie mich. - Wol en Sie mich besuchen?«
67
»Herzlich gern«, rief der alte Herr. Und man sah, es war ihm
Ernst mit dieser Versicherung.
»Ich danke Ihnen sehr«, sagte Scrooge. »Ich bin Ihnen sehr
verbunden. Ich danke Ihnen tausendmal. Leben Sie recht wohl!«
Er ging in die Kirche, ging durch die Straßen, sah die Leute hin
und her laufen, klopfte Kindern die Wange, sprach mit Bettlern,
spähte hinab in die Küchen und lugte hinauf zu den Fenstern der
Häuser: und er fand, daß ihm alles das Vergnügen bereiten
könne. Er hätte es sich nie träumen lassen, daß ihn ein
Spaziergang oder sonst etwas so glücklich machen könnte.
Nachmittags lenkte er seine Schritte nach der Wohnung seines
Neffen.
Er ging wohl ein dutzendmal an der Tür vorüber, ehe er den Mut
hatte anzuklopfen. Endlich faßte er sich ein Herz und klopfte.
»Ist dein Herr zu Hause, liebes Kind?« sagte Scrooge zu dem
Mädchen. Ein nettes Mädchen, wahrhaftig!
»Ja, Sir.«
»Wo ist er, liebes Kind?« sagte Scrooge.
»Er ist in dem Speisezimmer, Sir, mit Madame. Ich will Sie
hinaufführen, wenn Sie erlauben.«
»Danke, danke. Er kennt mich«, sagte Scrooge, mit der Hand
schon auf der Türklinke. »Ich will gleich eintreten, liebes Kind.«
Er machte die Tür leise auf und steckte den Kopf hinein. Sie
betrachteten gerade den Speisetisch (der mit großem Aufwand
gedeckt war); denn junge Hausfrauen sind immer sehr bedacht
darauf und sehen gern alles in hübschester Ordnung.
»Fred«, rief Scrooge.
Heiliger Himmel, wie seine Nichte erschrak! Scrooge hatte in
Heiliger Himmel, wie seine Nichte erschrak! Scrooge hatte in
dem Augenblick vergessen, daß sie mit dem Fußbänkchen in der
Читать дальше