Der römische König Sigismund befand sich damals in Italien, wohin er schon im November 1431 gegangen war, um die Rechte des Reiches wieder herzustellen und nach alter Sitte beide Kronen in Mailand und in Rom zu nehmen. Wenn dieses späte Verlangen nach einem Titel fast launenhaft erschien, so war es wenigstens damals verständlich. Ohne Heer, nur mit einigen hundert ungarischen Reitern konnte Sigismund keinen Eindruck auf die Italiener machen, die seiner Majestät spotteten. Er brachte außerdem die Sache der Reform in Gefahr, indem er dem Papst Gelegenheit gab, die Bewilligung der Kaiserkrönung an Bedingungen zu knüpfen, welche gegen das Konzil gerichtet waren.
Sigismund fand Italien von jenen Inneren Kriegen erfüllt, welche dieses Land noch fast hundert Jahre lang peinigten. Noch immer kämpften Florenz und Venedig wider den Herzog von Mailand, und diesen begünstigte der römische König, ja er war von ihm zu Hilfe gerufen und hatte mit ihm ein Bündnis gegen Venedig gemacht, während Eugen als Venezianer sich veranlasst fühlte, wider den Visconti Partei zu ergreifen. Am 25. November 1431 nahm Sigismund in S. Ambrogio die eiserne Krone 8und blieb den Winter in Mailand, ohne dass ihn Filippo Maria einer persönlichen Begrüßung würdigte. Er wollte schnell nach Rom gehen, wo die Colonna ihn erwarteten. Aber Eugen widersetzte sich der Romfahrt, sowohl aus Feindschaft gegen Mailand, als aus Misstrauen gegen das Konzil, welches Sigismund beschützte. Am Anfange des folgenden Jahres zog dieser nach Piacenza. Dort erfuhr er die Veröffentlichung der Bulle Eugens zur Auflösung des Konzils und protestierte durch ein Schreiben an den Papst. Sodann ging er nach Parma und Lucca. Lucca wie Siena waren Verbündete des Herzogs gegen Florenz, und diese Republik mahnte den Papst dringend von der Krönung Sigismunds ab. Sie bewog ihn, seine Truppen mit den ihrigen zu vereinigen, um den Übergang des Königs über den Arno zu verhindern, was jedoch nicht gelang. Denn glücklich erreichte er Siena, wo er am 11. Juli 1432 einzog und mit prachtvollen Festen geehrt wurde. Sigismund blieb dort, gleichsam eingesperrt, neun lange Monate, zur Verzweiflung der Sienesen, welche den kostbaren Gast und seinen gierigen Hof verpflegen mussten. Er unterhandelte eifrig wegen der Kaiserkrönung mit dem Papst, denn Eugen forderte als ihren Preis die Zustimmung des Kaisers zur Verlegung des Konzils in eine Stadt Italiens. Doch dieses erreichte er nicht. Den Baslern selbst hatte Sigismund feierlich gelobt, nicht eher die Kaiserkrone zu nehmen, bis nicht der Papst das Konzil anerkannt habe. Bereits war das Konzil machtvoll gegen Eugen eingeschritten; es hatte ihn am 6. September 1432 in Anklage versetzt und am 18. Dezember aufgefordert, seine Bulle innerhalb sechzig Tagen zu widerrufen, unter Androhung des Prozess Verfahrens. Fürsten und Völker, Synoden und Universitäten stimmten diesen kräftigen Handlungen bei und ließen das Papsttum sinken.
Handel um die Kaiserkrone
Eugen fürchtete seine Absetzung; er unterhandelte mit Basel und mit Sigismund zugleich. Am 14. Februar machte er ein erstes Zugeständnis: er erließ eine Bulle, worin er zweideutig erklärte, dass er durch seine Legaten ein Konzil in Basel abhalten lassen wolle. Aber die Väter verlangten die Rücknahme der Auflösungsbulle und die klare Anerkennung, dass das Konzil bereits eröffnet sei und zu Recht bestehe. Sie forderten Sigismund auf, heimzukehren. Der König hatte sich jedoch schon in zu tiefe Unterhandlungen mit dem Papst eingelassen; er befand sich zu Siena in drückender Verlegenheit, wollte nicht mehr ohne die Kaiserkrone vor den Toren Roms umkehren und gab sich deshalb mit den Versprechungen Eugens zufrieden.
Am 8. April schlossen seine Machtboten, der Kanzler Caspar Schlick und Graf Matiko, in Rom den Krönungsvertrag. Sie gelobten, dahin zu wirken, dass Eugen IV. als der unzweifelhafte Papst von der Christenheit anerkannt werde. Als das Konzil davon Kunde erhielt, kam seine Mahnung an den König zu spät. Da nun auch der Friede zwischen Florenz, Venedig und Mailand am 26. April unterzeichnet worden war, rief Eugen den König nach Rom. Dem Vertrage gemäß sollte er nur mit seinem Hofgefolge kommen, und als solches galten die 600 Reiter und einige hundert Mann Fußvolk, mit denen derselbe Sigismund kläglich einher zog, welcher einst in den Zeiten des Konzils zu Konstanz so groß gewesen war.
Er ritt in Rom ein am 21. Mai 1433, auf einem weißen Ross unter goldenem Baldachin, ein freundlicher Herr mit ergrauendem Bart, würdevoll und voll Humanität. Er nahm Wohnung im Palast des Kardinals von Arles am S. Peter. Eugen IV. krönte ihn am 31. Mai, worauf der Kaiser die Konstitutionen seiner Vorgänger in Bezug auf den Kirchenstaat und die Immunität des Klerus bestätigte. Bei seinem Krönungsritt nach dem Lateran 9fehlten die strahlenden Ritter, die Städteboten, die großen Vasallen Italiens, und des Kaisers Ross führten statt der Senatoren oder Barone der Soldan, das heißt der Polizeikapitan des Papstes, und ein Römer vom Haus Mancini. Auf der Engelsbrücke schlug er viele Herren zu Rittern, unter ihnen auch Caspar Schlick, den er zum lateranischen Pfalzgrafen erhob. Durch den Akt seiner Krönung hatte sich Sigismund den Traditionen des Mittelalters wieder zugewendet und der neuen Zeit abgekehrt; dagegen hatte der Papst durch sie eine moralische Stärkung gegenüber dem Konzil zu Basel erlangt. Er gewann jetzt vom Kaiser, was ihm der römische König nicht zugestanden: Sigismund erkaltete für das Konzil. Noch bis zum 14. August blieb er in Rom, im freundlichsten Verkehr mit dem Papst und eifrig mit der Besichtigung der Monumente der Stadt beschäftigt, wobei ihm der berühmte Altertumskenner Cyriacus von Ancona zum Führer diente. Die Kosten seines römischen Aufenthalts und seiner Heimreise erbettelte er von den Reichsständen, selbst von Venedig. Er zog endlich ruhmlos von Rom ab, ging über Todi, Perugia, Ferrara nach Mantua, wo er Gianfrancesco Gonzaga am 22. September zum Markgrafen ernannte. Dann eilte er nach Tirol, jetzt Freund der Venezianer und Feind Viscontis. Als gekrönter Kaiser und bescheidener Reisender traf er am 11. Oktober 1433 in Basel ein.
Die Feinde Eugens IV.
Der Kaiser hatte kaum Rom verlassen, als hier ein neuer Sturm wider den Papst losbrach. Er ging nicht geradezu vom Konzil aus, aber das stand doch im Hintergrund als die Autorität, welche die Feinde Eugens ermunterte, über ihn herzufallen und den Kirchenstaat in Besitz zu nehmen. Unter diesen Feinden war der unversöhnlichste Visconti. Er reizte zuerst Fortebraccio, einen Schwestersohn des berühmten Braccio, gegen Eugen, in dessen Dienst er mit Vitelleschi und Ranuccio Farnese den Präfekten Jacobus von Vico bekriegt hatte, ohne, wie er behauptete, hinlänglich belohnt worden zu sein. Der Condottiere drang im Fluge durch die Sabina bis vor Rom, nahm am 25. August 1433 Ponte Molle und besetzte die Aniobrücken, unterstützt von dem rachelustigen Colonna. Eugen floh in die Engelsburg, dann nach S. Lorenzo in Damaso. Zugleich brachen andere Kapitäne, Italiano Furlano und Antonello von Siena, in die spoletische Mark ein. Der Papst zog Kriegsvolk nach Rom und rief Vitelleschi, den damaligen Rektor der Marken, herbei. Dieser warf sich Fortebraccio und den Colonna bei Genazzano entgegen, musste aber bald nach der rebellischen Romagna zurückkehren. So konnte Fortebraccio am 7. Oktober 1433 in Tivoli bei Rom einziehen, von wo aus er durch das Stadtgebiet streifte und Rom monatelang belagert hielt. Er nannte sich in Briefen den Exekutor des heiligen Konzils.
Auf Grund ihrer Verbindung mit diesem Feind erneuerte Eugen den Bann gegen die Colonna am 9. Oktober. Prospero, der Kardinal dieses Hauses, war nach Basel entflohen, und ihn wie seinen Bruder empfahlen die Väter des Konzils achtungsvoll dem Schutze des Virginius Orsini. Eugen erfuhr auch den Abfall der Marken durch den verräterischen Einbruch des Francesco Sforza, welchen der Herzog von Mailand in Sold genommen und durch das Versprechen der Hand seiner unehelichen einzigen Tochter Bianca an sein Haus gefesselt hatte. Sforza, vom Visconti im November 1433 in die Marken geschickt, begehrte Durchzug nach Apulien, wo er Lehen besaß, und kaum hatten ihm die päpstlichen Behörden diesen zugestanden, als er die Maske abwarf. Viele Städte, selbst Ancona, durch das gewalttätige Regiment Vitelleschis erbittert, nahmen ihn auf, und der mailändische Condottiere beschönigte seine Usurpation mit der Erklärung, dass er durch das Konzil dazu ermächtigt sei. Der Herzog von Mailand nannte sich den Vikar eben dieses Konzils in Italien. Sforza rückte nach Umbrien, sodann in das römische Tuskien, wo sich die päpstlichen Städte für ihn erklärten. So wurde Rom von beiden Seiten des Tibers bedrängt, von der tuskischen her durch Sforza, von der lateinischen durch Fortebraccio.
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