Bernart Dierolf atmete tief durch und wurde ganz ruhig.
„Was ist passiert, Hannah? Was ist da drüben in Minnesota geschehen?“
Mit starrer Miene lauschte er Hannahs Erzählung. Sie berichtete von ihren Begegnungen mit den Bewohnern von Dark Moon Creek. Wie sie die Wölfe registrierte, die sie ständig beschatteten, und von ihren Begegnungen mit den Wilderern. Sie sparte sich die Details. Niemals wieder wollte sie über die entsetzlichsten Stunden ihres Lebens reden. Doch ihre Andeutungen verrieten dem Wolf mehr, als sie ahnte. Er roch ihre Angst und ihre Panik, die leise im Hintergrund lauerte, und musste schwer an sich halten, um nicht in lautes Wutgeheul auszubrechen.
Mit geballten Fäusten und gesenktem Kopf hörte er zu. Erst als sie von dem Vampir erzählte, sah er ruckartig auf.
„Rothenstein“, zischte er. „Das habe ich also an dir gerochen, aber ich wollte es nicht glauben. – Dieser Mistkerl hat schon immer Interesse an dir gehabt. – Erzähl weiter!“
Hannah sparte vorsichtshalber auch hier die Details aus. Sie beendete schließlich ihre Erzählung und eine Zeitlang herrschte wieder Schweigen.
„Du hast aber wirklich niemanden ausgelassen“, kommentierte Dierolf mit grimmiger Miene. „Kriegerwölfe und Vampire. Verdammt, Mädchen, diese Gesellschaft endet für die allermeisten Menschen tödlich!“
„Das mag ja sein, aber bisher haben mir alle geholfen. Was man von dir ja nicht behaupten kann.“
Wieder krachte seine Faust gegen das Armaturenbrett und hinterließ eine riesige Delle.
„Hannah“, grollte er. „Ich habe dir bereits erklärt, warum ...“
„Das weiß ich“, schrie sie ihn wütend an. „Und ich kann dich sogar verstehen. Aber jetzt geht es um meine Familie! Um deine Familie! Du kannst uns nicht mehr beschützen, Pa. Nicht alleine! Wenn dir wirklich etwas an uns liegt, dann rede mit Tucker!“ Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. „Bitte, Pa! Lass mich nicht damit allein!“
Er fasste nach ihr und zog sie auf seinen Schoß.
Hannah umklammerte ihn und heulte wie ein Schlosshund. All die Ängste und Anspannung der letzten Tage, flossen aus ihr heraus.
Dierolf umschlang sie und vergrub das Gesicht in ihren Haaren. Tief sog er ihren Duft ein und erschauerte. Wie hatte er sie vermisst. Ihren Duft, ihre Augen, die ihn immer so vertrauensvoll angestrahlt hatten. Ihr Temperament und ihren unbedingten Willen, ihm nachzueifern. Jede Herausforderung anzunehmen und alles zu geben, um ihm gerecht zu werden.
„Du wärst eine wirklich beeindruckende Wölfin gewesen“, murmelte er. „Genauso wie dein Wulf. Ich war so froh, als du deinen Philip kennen gelernt hast und dachte, dass er es schaffen würde, dich genügend von meinem Verschwinden abzulenken.“
„Du hast ihn gekannt?“
Hannahs Stimme klang dünn und verheult.
„Natürlich. Glaubst du im Ernst, dass ich einen Idioten an dich ranlassen würde?“
„Pa!“
Sie drückte sich empört von ihm weg und sah in sein grinsendes Gesicht.
„Wir haben uns ein paar Mal getroffen. Er wusste natürlich nicht, wer ich bin. Wir mochten uns und er hat mir viel von dir und den Kindern erzählt. Dass er so früh gestorben ist – es tat mir ehrlich leid, Hannah. Er war gut für dich. – Dass du dich danach aber gleich einem Leitwolf an den Hals wirfst, hätte ich nicht erwartet.“
In ihren Augen blitzte es auf, aber er hob beschwichtigend die Hand.
„Es ist gut, Hannah. Ich werde mit deinem Wolf reden. Zumindest werde ich mir anhören, was er zu sagen hat. Weiß Bolender schon Bescheid?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Nein, ich glaube nicht. Tucker meint, sonst wäre er schon längst bei Wulf oder Lilly aufgetaucht.“
„Du weißt, wie Bolender zu mir steht?“
Sie nickte und man sah ihr ihre Besorgnis an.
„Sobald er erfährt, dass ihr zu mir gehört, wird er nicht zu bremsen sein. Er hasst mich, weil er mich nicht kontrollieren kann. Ist dein Tucker gerade bei ihm?“
„Nein, er ist bei Chief Martinak.“
Er blinzelte überrascht.
„Bei Martinak? Was will er bei dem?“
Hannah hob die Schultern.
„Er vermutet, dass Martinak von ihm mehr über die Wilderer wissen will.“
Dierolf blickte nachdenklich vor sich hin.
„Na gut“, meinte er schließlich und startete den Wagen. „Ich bringe dich zurück. Wenn O’Brian wieder auftaucht – und ich vermute mal, dass das bald sein wird, melde ich mich.“
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.