Willem Boorsma
Schriftsteller: Willem Boorsma
Übersetzung: Karl Peter Gockel
Umschlag: Wilma Oosterhuis
Die Bibelzitate kommen aus der Lutherbibel 1984 (sofern nicht anders angegeben).
Die Zitate aus dem Buch von Charles Swindoll mit Genehmigung des Verlegers.
Kein Teil dieser Publikation darf ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Herausgebers durch Druck, Fotokopie, Mikrofilm oder auf andere Weise reproduziert und / oder veröffentlicht werden.
„Der gnädige Gott“ ist ein Bibelstudium über das Wort „Gnade“ in der Bibel. Die Bibel ist eine große Geschichte der Liebe und überall zwischen den Gesetzen scheint Gottes unermessliche Gnade durch. Das beginnt bereits in der Schöpfungsgeschichte. Die Erde ist in aussichtslose Finsternis gehüllt und Gott schafft das Licht. Die Erde ist vollständig von Wasser bedeckt und Gott schafft erste, trockene Flächen. Gott weiß um „gut“ und „böse“ und möchte seine Schöpfung, den Menschen, bewahren. Der Mensch zog es jedoch vor, eigenständig zu leben, zu entscheiden und zu urteilen und geriet damit unter den gnadenlosen Einfluss des Bösen.
Auch in dieser Situation wird Gottes Gnade sichtbar. Er kündigt an, jemanden zu senden, der Satan den Kopf zertreten und damit das Böse das den Menschen zerstören würde, vernichten wird.
So beginnt die Bibel mit Gnade und sie endet mit Gnade. Die letzte Zeile der Bibel in dem Buch der Offenbarung lautet: „Die Gnade des Herrn Jesus sei mit allen.“
Unabhängig von dem direkten Wort „Gnade“ finden wir prächtige Erzählungen über Gnade, wie zum Beispiel die Geschichte von Ruth, Esther, über Mefisboset, über den verlorenen Sohn und viele andere mehr.
Ich nehme nicht für mich in Anspruch, dass ich lückenlos alles zu dem Thema aufgezeigt und beschrieben habe aber ich hoffe, dass ich ein ermutigendes Buch für diejenigen geschrieben habe, die sich auf die Spur unseres gnädigen Gottes heften möchten.
Willem Boorsma (1951) war bis September 2017 Leiter der
Evangelische Open Thuis Gemeendte
in
Drachten/Niederlande
. Anfänglich studierte er Weg- und Wasserbaukunde an der HTS (Technische Hochschule) in Leeuwarden und arbeitete 15 Jahre im Baugewerbe. Nach seiner Bekehrung studierte er Theologie und arbeitete als Jugendleiter und Ältester. Häufig war er in der deutschen Vereinigung „Leben und Einheit“ beteiligt.
Im Jahre 2002 wurde er zum Pastor in Drachten berufen.
Seit September 2017 ist er pensioniert. Er spricht noch immer regelmäßig in verschiedenen Gemeinden und Zusammenkünften in der Umgebung und gelegentlich auch in deutschen Gemeinden. Willem ist mit Geertje verheiratet. Sie leben in Drachten in den Niederlanden.
Ich widme dieses Buch meiner wunderbaren Frau Geertje.
Einführung
Besserer Vater?
Während einer Krise, die meine Familie und die Gemeinde der ich diente, heftig schüttelte, entdeckte ich immer mehr von Gottes Gnade. Nach ein Auseinandersetzung mit einem meiner Kinder sagte ich: “Du weißt jetzt wie ich darüber denke und was die Bibel dazu sagt, aber welche Entscheidung du auch triffst, du bist und bleibst mein Kind.” Kurz danach hatte ich den Eindruck, Gott tippte mir auf die Schulter und fragte: “Meinst du, du bist ein besserer Vater als ich es bin?” Die Frage hat mich zum Nachdenken gebracht. Was meinte Gott mit dieser Frage?
Mir war klar, dass es mit meiner Aussage zu tun hatte: “Du bleibst mein Kind.” Sicher ist es gut, das einem Kind einmal zu sagen, aber eigentlich ist es eine absolut unnötige Bemerkung. Dein Kind ist dein Kind, weil du es gezeugt hast und weil es damit einen Teil deiner Gene trägt. Ein DNA Test würde unumstößlich die Vaterschaft und die Kindschaft belegen. Dieses ‘Blut-Band’ ist unzerstörbar.
Ich glaube, dass Gott das klar machen wollte. Er hat uns gezeugt und als wir ein Kind Gottes wurden und der Heiligen Geist in uns Wohnung nahm, begannen wir auch damit, einen Teil seiner Gene zu tragen. Durch das kostbare Blut seines Sohnes Jesus Christus entstand ein ‘Blut-Band’ mit unserem himmlischen Vater, und dieses wird ewiglich bleiben.
Findet Gott dann alle unsere Verhaltensweisen gut? Wenn das dein erster Gedanke bei diesen Worten sein sollte, erinnere dich doch einfach an die menschliche Elternschaft. Fanden deine Eltern alles gut, egal was du gemacht hast? Meine nicht. Wenn ich etwas tat, was ihnen nicht gefiel, war ich dann nicht mehr ihr Kind? Das war nie die Frage! Gott findet auch nicht alles gut was wir tun. Genau wie unsere Eltern stellt Gott unser Kind-Sein nicht in Frage. Im Gegenteil. Er hat alles unternommen, um die Beziehung mit uns
aufrecht zu erhalten. Die gesamte Bibel hindurch offenbart ER sich als der gnädige Gott.
Als der Sohn aus Lukas 15 nach seiner Wanderung durch den Bereich der Sünde nach Hause kommt, stinkt er nach Unreinheit. Soeben noch verbrachte er seine Zeit bei den Schweinen, die für den jüdischen Vater als unreine Tiere galten. Die Bibel sagt uns, dass der Vater seinem Sohn entgegenrennt. Aber, die reichen Grundbesitzer der damaligen Zeit pflegten nicht zu rennen, sondern in ihren langen Gewändern daher zu schreiten. Um rennen zu können, musste der Vater sein Gewand hoch raffen und warf damit seine Würde über Bord. Das ist genau das was Gott macht, wenn ein Sünder am Horizont erscheint! Der Sohn musste nicht auf seinen Knien die Treppe zur Tür hoch kriechen. Der Vater rannte die Treppe herunter um seinen Sohn, stinkend wie er war, zu umarmen.
Müsste nicht die Kirche so mit Sündern umgehen, die es wagen, ihren Fuß hinein zu setzen? Sie mit einem warmen „Willkommen“ umarmen und Mahlzeit mit ihnen halten. Brot und Wein mit ihn teilen und gemeinsam mit ihnen glauben, dass Gott es ist, der Menschen ändert und nicht die Kirche. Trotzdem verhalten wir uns öfter wie der ältere Bruder und nicht wie der Vater.
Während der ältere Bruder auf dem Land des Vaters arbeitete, hielt der Vater ständig Ausschau danach, ob der verlorene Sohn vielleicht heimkäme. Der Daheimgebliebene definierte sich über seine Leistungen und fühlte sich nicht geschätzt. Nie habe er vom Vater etwas bekommen, beklagt er sich bei diesem. Die Geschichte beginnt damit, dass der Vater sein Besitz zwischen die Söhne verteilt. Da sie zu zweit waren, stand dem jüngsten Sohn demnach ein Drittel und dem älteren Sohn zwei Drittel zu. Der Vater hat also Recht, wenn er ihm sagt: “Alles gehört aber dir.” Der Sohn wagte es nie, etwas davon zu nehmen. Er hat nie aus Gnade gelebt und jetzt war er nicht fähig, diese Gnade seinem Bruder zu gönnen.
Der Begriff „Gnade“ hat zwei Bedeutungen, die sich gut aus den englischen Begriffen „mercy“ und „grace“ ableiten lassen. „Grace“ bedeutet, dass du bekommst was du nicht verdient hast. Im Deutschen oft übersetzt mit „Gnade“. „Mercy“ bedeutet, dass dir erspart bleibt, was du eigentlich verdient hättest und bezieht sich auf die Strafe, die jemand verdient hat. „Mercy“ wird manchmal auch übersetzt als „Barmherzigkeit“ oder „Güte“.
Die Kirche sollte ein Ort sein, der nicht den strafenden Gott, sondern den gnädigen Gott repräsentiert, der voll Erbarmen die Gebrochenheit dieser Welt sieht, dem es das Herz bricht, wenn er seine Geschöpfe leiden sieht.
Diese Form der Kirche zu sein bedeutet nicht, jedes Verhalten gut zu heißen, alles mit dem Mantel der Liebe zuzudecken und Fehlverhalten mit einem Streicheln über den Kopf abzutun. Sie sollte ein Haus sein, in das Menschen so kommen dürfen wie sie sind und in der persönlichen Begegnung mit Jesus Veränderung erfahren können.
Selbstverständlich muss es in der Kirche auch Zucht geben. Dabei müssen wir aber verstehen, dass mit Zucht nicht in erster Linie Strafe gemeint ist. Als König David den Kampf gegen seinen Sohn Absalom antreten muss, befiehlt er seinem Heerführer: ‘Verfahrt mir schonend mit meinem Sohn Absalom!’ (2 Samuel 18:5) Dieser Befehl muss uns als Söhne und Töchter Gottes wie Musik in den Ohren klingen! Ebenso muss es uns als Kirche wichtig sein, gnädig zu sein und schonend mit Gottes Söhnen und Töchtern umzugehen.
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