betheiligen, da es ihm stets dabei so schlimm ergangen
war. Er trat vor seinen Vater und sagte: »Väterchen,
nähe mir einen Reisesack; ich habe Lust mir die
Welt anzusehen.« Das war auch ganz nach dem Sinne
des Vaters, der schnell einen ledernen Sack fertig
nähte und ihn dem Sohne reichte. Den Sack auf dem
Rücken, begab sich Mikko jetzt auf die Wanderung
und schritt lange durch verschiedene Länder, bis er
einst an einen hohen Berg kam, auf dessen Spitze ein
Bursche sass, welcher fortwährend zwei Felsen aneinander
stiess.
Als dieser Felsenzusammenstosser sah, dass Mikko
sich dem Berge näherte, begrüsste er ihn und rief ihm
zu: »Ich grüsse dich, Mikko Mieheläinen! Nimm
mich zum Gefährten an!« – »Komm nur mit, da du
ein tüchtiger Mann zu sein scheinst; besser wandert es
sich zu Zweien«, sagte Mikko Mieheläinen; und der
Felsenstosser kam vom Berge herab und ging mit. Sie
mochten eine Weile miteinander gewandert sein, als
sie einen Burschen erblickten, der mit den Händen
zwei Flüsse zusammenlenkte; diesem Manne näherten
sich die Wanderer. Der Flüsselenker hielt sofort in
seiner Arbeit inne und sagte zu Mikko: »Ich grüsse
dich, Mikko Mieheläinen! Willst du mich nicht zum
Gefährten annehmen?« – »Komm nur mit, wenn du
Lust hast; gut ist's, auf der Wanderschaft Gefährten
zu haben«, antwortete Mikko Mieheläinen, und die
drei Männer gingen miteinander weiter. Nach einiger
Zeit gelangten sie in einen tiefen Wald und erblickten
darin aus der Ferne etwas, das ihrem Auge wie ein
Haus erschien, und als sie näher kamen, sahen sie,
dass es eine Menschenwohnung war, für ein Schloss
zu klein, für eine Hütte zu gross. Als sie in den Hof
traten, sahen sie eine Menge Kühe in einer Einfriedigung
stehen; desshalb glaubten die Wanderer, das
Haus sei bewohnt, und gingen in die Stube hinein.
Aber da trafen sie keine Seele an, das ganze Haus war
wie ausgestorben. Die Burschen, die auf ihrer Wanderung
müde und hungrig geworden waren, legten sich
in der Stube zur Ruhe nieder und beriethen sich,
woher sie sich wohl Nahrung schaffen könnten. Da
sagte Mikko Mieheläinen zu den Anderen: »Da das
Haus ganz verlassen, das Gehege aber voller Kühe
ist, werden wir keinen Mangel an Nahrung haben,
selbst wenn wir einen Festschmaus halten wollten;
lasst uns desshalb eine Kuh aus dem Gehege schlachten!
«
Dieser Rath war auch ganz nach dem Sinne der Anderen;
sie gingen Alle sofort zur Einfriedigung, suchten
sich die beste Kuh aus und schlachteten sie. Der
Felsenstosser wurde angestellt aus dem Fleische das
Essen zu bereiten, die beiden Anderen gingen in den
Wald, um Brennholz zu schlagen.
Die Wohnung gehörte jedoch der Hexe, die während
der Zeit im Walde gewesen war; sie kehrte eben
heim und fand den Burschen in der Stube vor, wie er
die Kuh kochte. Die Hexe kreischte dem Koch zu:
»Ei, du Aasjunge, bist du in meine Stube gekommen,
um zu feuern und zu schmoren?« Damit packte sie
den Burschen an, hob mit der einen Hand den Sperrbaum
in die Höhe und steckte mit der andern den
Kopf des Burschen in das Loch darunter. Dann schaute
sie nach dem Essen, schlang all das Fleisch in sich
hinein und ging fort.
Der Bursche unter dem Sperrbaum sprang hin und
her, bis er den Kopf aus der Oeffnung herausgezogen
hatte; schnell that er die Knochenreste, welche die
Hexe übrig gelassen, in den Kessel zurück und kochte
daraus eine neue Suppe. Danach ging er hinaus und
rief die Gefährten zum Essen. Die Anderen kamen
schnell aus dem Walde herbei, da sie sehr hungrig
waren, und sie fingen an zu essen; doch die Suppe
wollte den Zweien nicht schmecken, und sie fragten
den Koch: »Woher ist die Suppe so mager? Es schien
uns doch, dass wir die beste Kuh geschlachtet hatten!
« »Diese Hütte ist alt und baufällig«, sagte der
Felsenstosser, »sie gerieth so sehr ins Schwanken,
während ich kochte, dass die Suppe auf den Boden
floss, und als ich den Rest aufs neue kochte, ist das
Essen nicht besser gerathen.«
Nun, die Anderen mussten die Suppe nehmen, wie
sie eben war, und liessen sich für den Tag an solchem
Essen genügen. Als es wieder Morgen ward, schlachteten
sie aufs neue eine Kuh aus dem Gehege, und der
Flüsselenker ward zum Kochen daheim gelassen; die
Anderen gingen aus, um Holz zu schlagen wie gestern.
Was nun weiter? Während der Bursche kochte,
kam die Hexe in die Stube und schrie ihm zu: »Bist
du schon wieder in meiner Stube, du Aasjunge, obgleich
ich dir's gestern verboten habe?« Sie packte
den Burschen an und steckte seinen Kopf unter den
Sperrbaum; doch das Essen schlang sie hinunter und
ging dann ihrer Wege.
Endlich machte sich der Bursche unter dem Sperrbaum
frei und las die wenigen Knochenreste, welche
die Hexe übrig gelassen hatte, zusammen und kochte
daraus eine neue Suppe. Darauf rief er die Gefährten
aus dem Walde herbei und man fing an zu essen.
Während der Mahlzeit murrten die Anderen wieder
über die Unschmackhaftigkeit der Suppe und sagten:
»Es ist doch ein Wunder, dass dieses Gesud so mager
ist, wir haben doch eine gute Kuh geschlachtet!« –
Aber der Flüsselenker antwortete mit den gestrigen
Worten seines Gefährten: »Während ich kochte,
schwankte die Hütte so stark, dass die Suppe auf den
Boden floss, und als ich den Rest aufs neue kochte,
ward das Essen nicht gut.«
Was sollten sie thun? Dieser Tag verging ihnen
und sie schliefen die Nacht durch; doch kaum dämmerte
der Morgen, als der Hunger über die Männer
kam, da sie sich mit so kärglichem Essen an den zwei
vorhergegangenen Tagen hatten begnügen müssen,
und sie schlachteten eine dritte Kuh aus dem Gehege.
Diesmal blieb Mikko Mieheläinen selber zum Kochen
da und schickte die beiden Anderen in den Holzschlag.
Während des Kochens ward ihm die Zeit lang,
und als die Suppe brodelte, machte er sich eine Kan-
tele2 zurecht; in der Stube war keine Bank, auf die er
sich hätte setzen können, desshalb trug er vom Hofe
einen grossen eichenen Trog herein, stülpte ihn auf
dem Fussboden um, setzte sich darauf und fing an
seine Kantele zu spielen. In diesem Augenblicke kam
die Hexe nach Hause und kreischte Mikko entgegen:
»Ei, Mikko Mieheläinen, was kommst du her und
lärmst in meiner Stube?« – »Na, ruhig, ruhig, Alte!«
sagte Mikko Mieheläinen; »ich spiele ja deinen Kinderchen
was vor; wo sind denn deine Kleinen?« Darüber
ergrimmte die Hexe noch mehr und schrie vor
Zorn: »Was kümmert mich dein Spiel? Komm, lass
uns kämpfen, du Aasjunge!« Doch als Mikko Mieheläinen
die Alte zu packen kriegte, zerschmetterte er
sie und that sie dann unter den eichenen Trog, der umgestülpt
auf der Diele stand. Darauf kochte er in Ruhe
die Suppe fertig und rief die Anderen zum Mahle. Die
kamen bald aus dem Walde heran, und als sie beim
Essen waren, fragte Mikko Mieheläinen seine Gefährten:
»Nun, ist die Suppe diesmal gut?« – »Ja, sehr
gut!« versicherten die Anderen und rühmten Mikko
wegen der schmackhaften Zubereitung. Da stand dieser
vom Essen auf, hob den Trog in die Höhe und
sagte: »Da ist nun diejenige, die das Haus geschüttelt
hatte! Warum habt ihr mich nicht gewarnt? Jetzt wird
wohl die Hütte nicht mehr wackeln; aber lasst uns
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