und kraftvoller, sodass er zuletzt einen Ueberfluss
an Kraft besass. Einst streifte er umher und gesellte
sich zu anderen Burschen und Mädchen, die
sich mit mancherlei Spielen die Zeit vertrieben. Zuletzt
wurde ein Ballspiel angefangen, und als die
Reihe an Mikko kam, den Ball zu werfen, schnellte er
ihn mit solcher Macht einem Mädchen zu, dass ihr der
Arm zerbrach, und die Leute zum Vater Mikko's mit
der Klage liefen: »Schaffe deinen Sohn fort, er tödtet
uns noch alle unsre Kinder!« Der Vater machte dem
Sohne Vorwürfe und sagte: »Warum hast du solches
gethan, mein Söhnchen? Nimm dich in Acht!« – »Ich
meinte den Ball nach altem Brauch geworfen zu
haben,« antwortete Mikko; »ich muss es doch wohl
aus Versehen etwas kräftiger gethan haben.« Der
Vater dachte jedoch in seinem Sinne: »Ich muss den
Jungen auf die Arbeit schicken, damit er nicht Zeit
findet Böses zu thun.« Darauf sagte er zu ihm: »Geh
hin, mein Söhnchen, bringe einige Lasten Holz aus
dem Walde, damit wir unsere Badestube heizen können!
« – »Das ist bald gethan,« sagte Mikko; »aber
hast du irgendwo einen Schlitten und Geschirr?« »Gewiss
«, sagte der Vater und übergab Geschirr und
Schlitten dem Sohne. Dieser ging damit ins Gehölz
und gerade in den besten Tannenwald. Dort erkannten
ihn die wilden Thiere und wollten sich auf ihn werfen;
aber Mikko erschrak nicht im mindesten, sondern
kämpfte mit ihnen und erschlug viele davon. Nun
ward es den Ungethümen selber angst, und sie flehten
Mikko an: »Tödte uns nicht, Söhnchen, wir werden
dir Gutes dafür thun!« »Ei, so mögt ihr am Leben
bleiben, wenn ihr mir ein paar Fuder Holz nach
Hause fahren wollt«, sagte Mikko Mieheläinen; er
wählte die besten unter den Raubthieren aus und
spannte sie vor seinen Schlitten. Dann brach er eine
grosse Tanne im Walde um, legte sie mitsammt den
Aesten auf den Schlitten und fuhr mit den wilden
Thieren nach Hause, wo er schnell vom Schlitten
sprang und seinem Vater zurief: »Hier, Väterchen,
hast du Holz, und hier sind auch Pferde für dich!«
»Hast du sie dir angeschafft, Söhnchen, so magst du
sie auch behalten; ich kann solche Pferde nicht brau-
chen«, meinte der Vater.
Nach einiger Zeit ging Mikko wieder hinaus zum
Spiel und fing an mit anderen Burschen und Mädchen
Ball zu werfen. Was geschah? Als er den Ball hinschleuderte,
traf dieser ein Mädchen ans Bein, welches
sofort zerbrach. Die Leute liefen wieder zum
Vater mit ihrer Klage und sagten: »Schaffe deinen
Sohn fort! Er vernichtet das ganze Volk mit seiner
riesigen Kraft!« Der Vater ärgerte sich wohl über die
Unthaten seines Sohnes, aber da er nicht Abhülfe
schaffen konnte, ersann er eine Arbeit für den Burschen
und sagte: »Geh doch mal hin, Mikko, und
fange mir Fische aus jenem Teiche, damit ich einmal
wieder eine Fischspeise zu kosten bekomme!« »Nun
so gieb mir, Väterchen, eine alte Mähre aus deinem
Stalle, die mir die Fische nach Hause schaffen kann;
dann werden wir bald Fische zum Essen haben«, antwortete
Mikko. Der Vater gab dem Sohne ein Pferd,
und Mikko ging mit der Angelschnur allein zum Fischen
aus. Als er am Ufer des Teiches angelangt war,
knickte er eine Tanne um, machte sich eine Angelruthe
daraus und setzte sich am Ufer zum Fischen hin.
Er angelte und angelte, da blieb plötzlich der Wassernix
an der Angel hangen; Mikko zog ihn ans Land
und schlug ihn halbtodt mit der Angelruthe. Da flehte
ihn der Wassernix an und sagte traurig: »Tödte mich
nicht, guter Mann, ich will dir Gutes thun!« – »Nun,
wenn du mir ein Fuder Fische aus dem Teiche
heraufschaffst, dass ich meinem Vater eine Fischspeise
bereiten kann, will ich dich am Leben lassen«,
sagte Mikko, und liess ihn in den Teich zurück mit
der Angelschnur im Munde. Bald darauf brachte der
Wassernix einen Sack voll Fische herauf und zog ihn
an das Ufer; aber Mikko hob prüfend den Sack in die
Höhe und sagte: »Bringe noch einen Sack voll herauf;
das ist noch keine Last für einen Mann!« Wieder
tauchte der Wassernix in den Teich hinein und brachte
aufs neue einen Sack voll Fische. – »So, jetzt habe
ich genug!« sagte Mikko zum Nix, »komm jetzt mit
und trage mir die Last nach Hause!« Der Wassernix
musste alle die Fische in den Säcken tragen, und die
Beiden kamen zusammen in Mikko's Heimat an. Sobald
sie sich dem Vater so weit genähert hatten, dass
er sie hören konnte, rief ihm Mikko entgegen: »Väterchen,
hier hast du Fische und eine Wirthschafterin
zum Wirthschaften.« Doch als der Vater die Beute
seines Sohnes sah, meinte er: »Was du dir angeschafft,
mein Söhnchen, magst du auch behalten; ich
brauche solch eine Wirthschafterin nicht!«
Sie hatten eine Zeitlang ruhig dahingelebt, als
Mikko zum dritten Male zum Spielen hinausging und
sich mit den anderen Burschen und Mädchen im Ballwerfen
übte. Doch wie erging es wieder? Als er den
Ball einem der Mädchen zuwarf, traf er sie in die
Seite, sodass sie ganz schief wurde. Die Leute liefen
klagend zum Vater und riefen: »Jetzt musst du deinen
Sohn fortschaffen! Er zerbricht alles Volk mit seiner
unmenschlichen Kraft!« Der Vater trug Sorge um seinen
Sohn, wie er ihn wohl daran hindern könnte
Böses zu thun. Nachdem er lange darüber nachgesonnen,
entschloss er sich, ihn auf weite Reisen zu schikken
und sagte zu ihm: »Seit drei Jahren schuldet mir
der Waräger König zwei Tonnen Goldes. Geh hin,
mein lieber Sohn, und verlange das Geld.« Mikko war
dazu bereit und machte sich reisefertig. Er spannte
das Raubthier vor den Schlitten, setzte sich in diesen
und übergab dem Wassernix die Zügel. Auf diese
Weise reiste er lange Zeit, bis er ins Warägerland
kam und sich des Königs Behausung näherte; dort
fuhr er mit solch einem Gerassel auf den Hof, dass der
Palast erzitterte. Darüber erschrak der Warägerkönig
heftig, denn er fürchtete, sein Palast stürze zusammen;
er rief seinen Sclaven zu: »Fragt den Reisenden
nach seinem Begehr, und gebt ihm Alles, was er verlangt,
damit er nur seiner Wege fahre!« Die Sclaven
eilten hin mit Mikko zu reden; doch als sie sahen, was
für ein Pferd und welchen Rosselenker er hatte, erschraken
sie noch viel mehr und fragten in ihrer
Angst: »Was verlangt der Fremdling?« – »Ich habe
zwei Tonnen voll Gold von eurem König zu fordern«,
antwortete Mikko muthig. Die Sclaven gedachten des
Gebotes ihres Herrn und trugen ohne Zögern die
Geldtonnen herbei; Mikko Mieheläinen hob sie in seinen
Schlitten und fuhr rasselnd nach Hause. Auf dem
eignen Hofe angelangt, spannte er das Raubthier aus
und trieb es in den Wald; den Wassernix dagegen
liess er in den Teich zurück, und selber trat er vor seinen
Vater hin und sagte: »Väterchen, hier ist das
Geld, welches du mich aus dem Warägerlande holen
hiessest, – nimm!« – Was sollte der Vater dazu
sagen? Er hätte eigentlich nichts dagegen gehabt,
wenn der Sohn auf der Reise geblieben wäre; aber das
viele Geld dünkte ihm doch gut, und so musste er
Mikko's Muth loben, da er die Sache so schnell in
Ordnung gebracht hatte.
Nun verging lange Zeit, ohne dass dem Vater irgend
ein Aergerniss durch den Sohn widerfahren war.
Endlich fand Mikko das Leben zu Hause doch langweilig;
freilich mochte er sich nicht mehr am Spielen
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