Auch die beiden Frauen, von denen Graf nur die Vornamen Elvira und Concho wusste, waren alles andere als nüchtern.
Elvira und Concho, die er eine Weile lang mit ihrem Dienstgrad angesprochen hatte, waren Rupert Graf während der Verhandlungsrunden nicht aufgefallen. Beide kannten jedoch seinen Namen und, wie sich im Verlauf des Gespräches herausgestellt hatte, seine tragende Rolle beim Zustandekommen des Geschäftes.
In Grafs Suite zogen sich alle drei aus und gingen ohne weitere Umstände ins Bett.
Rupert Graf registrierte ihre fast kahlen Schamgegenden und die Tatsache, dass der Bauch von Concho mit Schwangerschaftsstreifen überzogen war.
Der Austausch von Zärtlichkeiten wurde nur von Zeit zu Zeit dadurch unterbrochen, dass die Frauen im Badezimmer verschwanden, um ihre Blasen zu leeren, und einmal glaubte Graf zu hören, dass eine der beiden ihren Champagner erbrach. Nichtsdestotrotz war es für Rupert Graf eine bewegte Nacht. Elvira und Concho gaben sich Mühe, den ausländischen Gast zufriedenzustellen, waren aber dabei nicht abgeneigt, sich auch umeinander zu kümmern, was Graf, der sich nach dem schweren Essen und dem vielen Alkohol und den abwechselnden Begegnungen mit den beiden Frauen ausgelaugt fühlte, dann doch wieder in Erregung versetzte. Den beiden Mädchen zuzusehen, wie sie sich gegenseitig mit den Zungen Freude schenkten, oder wie sie sich wechselseitig mit Händen und mit einer Banane aus dem im Zimmer stehenden Obstkorb, die sie gepellt und zwecks Sicherung besserer Stabilität mit einem Präservativ überzogen hatten, befriedigten, machte auch Rupert Graf wieder munter.
Es war schon nach vier Uhr morgens, als Elvira und Concho nach einem Disput, ob sie bis zum Morgen bei Graf bleiben könnten, schließlich von ihm zur Zimmertür komplimentiert wurden.
Rupert Graf schlief bis zum folgenden Mittag.
Lima, Freitag, 3. Oktober
Roxana Torreblanca hatte in den gestrigen Fernsehnachrichten mit Carla die Unterschriftzeremonie verfolgt, und beide hatten aufgeregt reagiert, wenn Ludwig Kinzel oder Rupert Grafs kahler Kopf ins Bild gekommen waren. Da Graf einer derjenigen war, die eine Ansprache gehalten hatten, war er länger und häufiger gezeigt worden.
Die Tageszeitungen berichteten ausführlich über das Ereignis; der Wortlaut sämtlicher Reden war abgedruckt. In einer Passage von Ruperts Ansprache glaubte Roxana, selbst direkt angesprochen zu werden. Rupert hatte gesagt:
„Ich bin auch dankbar für die persönlichen und menschlichen Beziehungen, die im Laufe der Verhandlungen geknüpft werden konnten. Dies hat meinen Kollegen und mir erlaubt, völlig neue Erkenntnisse über Ihr Land und seine traditionsreiche Kultur zu gewinnen. Ohne die mir entgegengebrachte Freundschaft und Zuneigung einzelner Personen, die mir und meinen Kollegen sehr geholfen haben, Denkweisen und Entscheidungswege zu verstehen, hätte dieses Geschäft nicht zum Abschluss gebracht werden können. Ich möchte meinen Dank aussprechen besonders an die, die mir außerhalb der direkten Verhandlungen die Chance gegeben haben, neue und tiefe Einblicke zu gewinnen und die mir ihre Sympathie und Unterstützung gegeben haben.“
Damit konnte nur sie gemeint sein!
Natürlich hatte Rupert tiefe Einblicke gewonnen! Ihr Gynäkologe hätte keinen tieferen Einblick in sie gewonnen haben können! Und wie elegant Rupert dies ausgedrückt hatte, so dass nur sie es verstand! Und alle Zeitungen hatten es gedruckt! Wegen dieser der Öffentlichkeit nicht verständlichen Frivolität liebte sie ihn noch mehr.
Sie musste ihn unbedingt wiedersehen!
Roxana Torreblanca nahm ihr Mobilphon und wählte die Nummer des Hotel Oro Verde.
Während des Mittagessens mit seinem Vorstand Professor Ostendorf im Restaurant des Hotels, an dem auch Kellermann von der Werft und Ludwig Kinzel teilnahmen, ließ Rupert Graf mehr oder minder unbewegt die Glückwünsche über sich ergehen, dass er dieses Geschäft ins Trockene gebracht habe.
Erst, nachdem beim Digestif mehrfach auf den Geschäftserfolg angestoßen worden war, wies Rupert Graf darauf hin, dass das eigentliche Problem noch zur Lösung anstand:
„Ich will die Euphorie nicht stören. Aber wenn die Finanzierung nicht hinhaut, haben wir nur Spesen gemacht!“
„Aber das werden Sie doch wohl hinbekommen!“ sagte Ostendorf jovial, aber mit einem plötzlichen Unterton von Schärfe in der Stimme.
„Das wird auch daran liegen, wie kompromissbereit Sie selbst sein werden, Herr Professor,“ antwortete Graf.
„Wieso? Was hat denn das mit mir zu tun?“
„Wir sollten uns darauf einrichten, dass, wenn das Geschäft überhaupt in Deckung genommen wird, wir einen erklecklichen Selbstbehalt schultern müssen. Der dürfte über das hinausgehen, was wir als Profit kalkuliert haben. Letztlich sind Sie derjenige, der diesem Risiko zustimmen muss.“
Es war förmlich greifbar, dass Professor Ostendorf dieser Gedanke keinesfalls gefiel.
„Präsident Nasini, übrigens ein sehr netter Mann, hat mir gestern versichert, dass sein Land in der Lage sei, die Kredite zu tilgen. Wieso haben Sie daran Zweifel, Herr Graf?“
„Ich habe keine Zweifel, dass Nasini alles daran setzen wird, die Schulden seines Landes zu bezahlen. Nur, bis es soweit sein wird, haben wir das Risiko in den Büchern.“
„Lässt sich das nicht anderweitig versichern?“
„Vielleicht, das kann ich erst dann sagen, wenn ich weiß, wie hoch der Selbstbehalt tatsächlich wird.“
„Ich werde, sobald ich zurück bin, mal den Bundeskanzler anrufen. Der wird sich hüten, ein Jahr vor den Wahlen einen solch großen Auftrag schießen zu lassen,“ sagte Ostendorf selbstbewusst.
„Der Kanzler wird tun, was seine Beamten ihm raten,“ antwortete Graf trocken.
„Nun seien Sie mal nicht so pessimistisch!“ sagte Ostendorf.
„Ich bin nicht pessimistisch,“ antwortete Graf. „ Ich bin realistisch.“
Kinzel und Kellermann hatten dem Dialog stumm zugehört.
„Wie glauben Sie denn, die Finanzierung hinzubekommen, Herr Graf?“
„Ich denke, das wollen Sie besser nicht wissen, Herr Professor,“ antwortete Graf.
„Was soll das heißen?“
„Nun, es gibt Möglichkeiten der Einflussnahme...“
„Keine Parteispenden!“ unterbrach Ostendorf ihn scharf. „Sie wissen, dass unser Unternehmen keine Spenden an politische Parteien gibt!“
Graf nickte.
„An Spenden für die Parteien denke ich keineswegs.“
„Na, dann ist ja gut,“ sagte Ostendorf beruhigt. „So, Herr Kinzel, wann muss ich los, um meinen Flieger zu erreichen?“
„Wir müssten in einer halben Stunde aufbrechen, Herr Professor,“ sagte Kinzel.
„Gut. Ich muss noch ein paar Sachen packen. Ich wünsche Ihnen,“ dabei nickte er Kellermann und Graf zu, „eine gute Heimreise. Guten Tag, meine Herren.“
Ohne Handschlag stapfte Ostendorf, begleitet von Kinzel, in Richtung der Hotellobby.
„Hast du das bemerkt?“ fragte Graf, als er und Kellermann, die aufgestanden waren, sich wieder setzten.
„Was?“ fragte Kellermann.
„Dass er nicht wissen will, wie ich glaube, die Hermesbürgschaft zu bekommen. Seine einzige Sorge ist, nicht in der Spenderliste des Bundestages zu erscheinen. Ostendorf kann sich immer darauf berufen, mir vor Zeugen verboten zu haben, Spenden an Parteien zu geben. Du kannst sicher sein, bevor er seine Unterhosen einpackt, wird er einen entsprechenden Vermerk verfassen. Irgendwann, wenn die Finanzierung einigermaßen sicher ist und er von mir die Bestätigung hat, wird er wirklich den Kanzler anrufen und sich bedanken. Danach wird er sagen, es sei ihm gelungen, beim Kanzler die letzten Zweifel auszuräumen. Und das beste daran ist, er wird danach wirklich glauben, die Finanzierung besorgt zu haben!“
„Und wie willst du die Finanzierung hinbekommen?“
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