Solveig Engel - Neondunkel

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Als innerhalb kurzer Zeit zwei ihrer Mentoren sterben und der dritte nur knapp dem Tod entgeht, stößt die Physikerin Dr. Melanie Glanz auf verwirrende Indizien. War es Mord? Aber wer außer ihr hätte ein Motiv? Mel gerät in einen Strudel aus Leistungsdruck, Schuldgefühlen und Angst. Die Schatten einer längst verdrängten Vergangenheit kriechen empor. Sie lauern im flackernden Neonlicht des unterirdischen Labors, durchdringen schwere Stahltüren und meterdicke Betonwände, bis sie niemandem mehr traut, am allerwenigsten sich selbst.

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Solveig Engel

Neondunkel

Jeder bekommt, was er verdient hat.

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Inhaltsverzeichnis

Titel Solveig Engel Neondunkel Jeder bekommt, was er verdient hat. Dieses ebook wurde erstellt bei

Prolog Prolog Niemand hört das Kratzen des Skalpells, die Musik, die aus dem Fernseher dudelt, oder den Atem der einzig anwesenden Person. Das Rasseln der alten Luftabzugsanlage erstickt jedes Geräusch. In dem engen Raum wirkt die wuchtige Anlage wie eine futuristische Küche, in deren Edelstahlfronten sich das Licht der Neonröhren bricht. Genau wie das Rasseln durchdringt auch das Licht jeden Winkel. Die grellen Strahlen prallen gegen die Wände, springen über die weißen Fliesen und winden sich gnadenlos bis in den hintersten Winkel. Nichts bleibt ihnen verborgen. Kein Traum. Keine Erinnerung. Kein Geheimnis. Es gibt kein Entkommen. Zwei Hände in blauen Latexhandschuhen arbeiten unmittelbar unter der Abzugshaube, als wären sie immun gegen den Lärm und das blendende Licht. Mit sicheren Bewegungen schaben sie eine matte Substanz von einer runden Metallscheibe, kaum größer als ein Fünfcentstück. Die Späne fallen in ein Glasgefäß, wo sie sich schäumend in einer klaren Flüssigkeit auflösen. Als die gesamte Substanz entfernt ist, legen die Hände Skalpell und Metallscheibe sorgfältig zur Seite und saugen die Flüssigkeit mit einer Spritze auf. Danach wischen sie das Gefäß mit einem Tuch ab, entsorgen den Lappen zusammen mit Skalpell und Metallscheibe in einem gelben Container und spülen das Glas im Waschbecken. Schließlich reinigen sie die Arbeitsplatte und schalten die Dunstabzugshaube aus. Für einen Moment erscheint alles still und friedlich. Nur aus dem Fernseher klingen die Töne einer sanften Melodie.

Mittwoch, 10. Dezember

Freitag, 12. Dezember

Dienstag, 13. Januar

Exkurs

Donnerstag, 05. Februar

Freitag, 27. Februar

Montag, 23. März

Sonntag, 29. März

Montag, 30. März

Dienstag, 07. April

Samstag, 18. April

Sonntag, 19. April

Montag, 20. April

Dienstag, 21. April

Mittwoch, 22. April

Donnerstag, 30. April

Freitag, 01. Mai

Montag, 04. Mai

Montag, 18. Mai

Dienstag, 19. Mai

Mittwoch, 20. Mai

Donnerstag, 21. Mai

Freitag, 22. Mai

Dienstag, 26. Mai

Montag, 20. Juli

Dienstag, 21. Juli

Mittwoch, 22. Juli

Donnerstag, 23. Juli

Sonntag, 25. Juli

Epilog

Nachwort

Danke

Impressum

Impressum neobooks

Prolog

Niemand hört das Kratzen des Skalpells, die Musik, die aus dem Fernseher dudelt, oder den Atem der einzig anwesenden Person. Das Rasseln der alten Luftabzugsanlage erstickt jedes Geräusch.

In dem engen Raum wirkt die wuchtige Anlage wie eine futuristische Küche, in deren Edelstahlfronten sich das Licht der Neonröhren bricht. Genau wie das Rasseln durchdringt auch das Licht jeden Winkel. Die grellen Strahlen prallen gegen die Wände, springen über die weißen Fliesen und winden sich gnadenlos bis in den hintersten Winkel. Nichts bleibt ihnen verborgen. Kein Traum. Keine Erinnerung. Kein Geheimnis. Es gibt kein Entkommen.

Zwei Hände in blauen Latexhandschuhen arbeiten unmittelbar unter der Abzugshaube, als wären sie immun gegen den Lärm und das blendende Licht. Mit sicheren Bewegungen schaben sie eine matte Substanz von einer runden Metallscheibe, kaum größer als ein Fünfcentstück. Die Späne fallen in ein Glasgefäß, wo sie sich schäumend in einer klaren Flüssigkeit auflösen.

Als die gesamte Substanz entfernt ist, legen die Hände Skalpell und Metallscheibe sorgfältig zur Seite und saugen die Flüssigkeit mit einer Spritze auf. Danach wischen sie das Gefäß mit einem Tuch ab, entsorgen den Lappen zusammen mit Skalpell und Metallscheibe in einem gelben Container und spülen das Glas im Waschbecken. Schließlich reinigen sie die Arbeitsplatte und schalten die Dunstabzugshaube aus.

Für einen Moment erscheint alles still und friedlich. Nur aus dem Fernseher klingen die Töne einer sanften Melodie.

Mittwoch, 10. Dezember

Aus dem alten Fernsehapparat spielt eine unbeschwerte Melodie von Wolfgang Amadeus Mozart. Ich weiß nicht, welches Stück es ist, aber es gefällt mir. Es unterstreicht die feierliche Atmosphäre im Stockholmer Konserthuset. Die Kamera fährt über die mit einem dicken, blauen Teppich ausgelegte Bühne, und ich erkenne die langen Stuhlreihen mit den Honoratioren, allesamt Mitglieder der schwedischen Akademie der Wissenschaften. Links von ihnen sitzen die Preisträger, und vorne rechts thront die schwedische Königsfamilie. Aber was mich am meisten beeindruckt, ist der üppige Blumenschmuck. Entlang des Podests, auf der Wand hinter der Bühne und an der Balustrade darüber hängen riesige, gerahmte Bilder aus frischen Blüten. Es müssen Zigtausende sein. Ich frage mich, wie sie riechen. Doch die Kamera schwenkt bereits von ihnen weg, über den Saal, wo nicht ich, sondern andere den Duft der Blumen einatmen und der Musik lauschen. Ich sehe Frauen in festlichen Kleidern mit funkelnden Diamanten im Haar und Männer in schwarzen Smokings. Trotz all des Prunks, oder gerade deswegen, bin ich froh, dass ich hiergeblieben bin.

Natürlich hat mich Rüdiger sofort gefragt, ob er mir eine Einladung zur Feier und auch für das große Bankett im Anschluss besorgen soll. Doch ich habe abgelehnt. Selbstverständlich bin ich stolz auf unsere Arbeit. Daran liegt es nicht. Nur mag ich dieses Spektakel nicht, die Show. Ich habe bei solchen Ehrungen das Gefühl, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Einige wenige werden ausgewählt, ihnen wird applaudiert, gratuliert, sie werden mit Medaillen und auch mit Geld überhäuft. Doch was ist mit den anderen? Ist ihre Arbeit weniger wert?

Der Fernsehkommentator erklärt für die Zuschauer noch einmal, welche herausragende Leistung unser Experiment darstellt. Unsere Ergebnisse hätten die Astrophysik neu geordnet. Das stimmt wahrscheinlich. Andererseits sind die Theorien, auf die wir uns damals beriefen, nicht vom Himmel gefallen. Sie waren das Resultat vieler kleiner Schritte, wie immer in den Naturwissenschaften. Yamakura in Japan hatte bereits ein ähnliches Modell zur Sternentstehung entwickelt. In Italien machten Roggero und Gialani fast identische Versuche. Allerdings hatten sie die Energie ihres Teilchenbeschleunigers etwas niedriger eingestellt, wodurch die natürliche Hintergrundstrahlung die Auswertung ihrer Ergebnisse erschwerte. Ist ihre Arbeit deswegen weniger wert? Die Tatsache, dass wir mit unserem Energiefenster genau eine Resonanz trafen, war reines Glück und lag letztendlich an den Eigenschaften der Ionenquelle, die ein begnadeter, aber namenloser Ingenieur entwickelt hatte, ohne die jedoch unsere Versuche undenkbar gewesen wären.

Das Orchester beendet die Darbietung, während sich der schwedische König von seinem Platz erhebt, um meinem Chef, Rüdiger Neuhaus, und unseren beiden Kollaborationspartnern, dem Kanadier George Kinsley und John Dalen aus den USA, den diesjährigen Nobelpreis für Physik zu überreichen.

Rüdiger tritt als Erster vor, um Urkunde und Medaille entgegenzunehmen. Im Frack kommt er mir beinahe fremd vor. Ich kenne ihn nur in verwaschenen Jeans und ausgetretenen Sandalen, in denen er durch das Labor streift, immer auf der Suche nach einer neuen Idee. Wie es scheint, kommt er sich in diesem Aufzug selbst komisch vor, dabei steht er ihm ganz gut. Offensichtlich hat seine Frau die Sachen maßschneidern lassen. Jedenfalls schmiegen sich das weiße Hemd, die helle Weste und der Frack sanft um seinen genussfreudigen Bauch. Nur die weiße Fliege hängt ein wenig schief.

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