„Wie wär’s wenn du uns nun mal sagst was anliegt?”, erkundigte sich Daniela bei Richie.
„Oder willst du noch einen Fachvortrag halten?” Zender grinste. Er holte eine Mappe aus dem Skoda und reichte jedem ein DinA4 Blatt mit der Scankopie eines Fotos.
„Das ist Wilfried Darkow, der heut hier die Hauptrolle spielt”, sagte Richie Zender und warf die Mappe zurück in sein Auto. Er legte seinen 3 Mitstreitern die Sachlage klar, und wies sie in ihre Aufgaben ein.
„Sind bis hierher Fragen, dann stellt sie.” Ein Blick in die Runde zeigte dass alles soweit verstanden wurde.
„Wie die Observation im Einzelnen aussieht brauche ich euch ja nicht zu erklären. Wir wissen nicht ob der Vogel, Funksprache, in der Lage ist eine Verfolgung zu erkennen. Dennoch ist äußerste Vorsicht geboten. Fahrt nicht zu weit auf, denkt aber auch daran das Ampelschaltungen kurz sein können. Und… wenn der Vogel weg ist, ist er weg. Es wird kein Kopf und Kragen riskiert, es geht nicht um Leben oder Tod. Wird jemand geblitzt so trage ich die Kosten. Für die Punkte in Flensburg ist jeder selber verantwortlich. Sollte irgendetwas in der Richtung schief gehen, dass wir uns verlieren, der Funk ausfällt und so weiter, schlägt sich jeder Eigenständig nach Hause durch. Wir treffen uns zur Auswertung dann am Montag, 10 Uhr, am Wasaplatz in meinem Büro. Voraussichtlich fährt der Vogel einen silbergrauen Mercedes. Wir machen noch eine kurze Funkprobe und dann begibt sich jeder an seinen Ausgangsort. Und denkt daran, Funkdisziplin. Jetzt Fragen? Dann los.” Sie testeten den Funk. Alles I.O. Zender hatte den weitesten Weg zu seinem Stellplatz. Er stand unweit der Einmündung, wo die Straße von dem Grundstück der Darkows auf die Hauptstraße stieß. Zu seiner Erleichterung hatte Richie am rechten Sandsteintorpfosten eine Miniaturkamera angebracht, die den Vorplatz des Hauses abdeckte. Am gleichen Platz wo er vor 2 Tagen den Skoda geparkt hatte, stand heute der silbergraue Mercedes. Von den Darkows selbst war nichts zu sehen. Richie ging zu seinem Auto zurück, setzte sich ans Steuer, fuhr den kleinen Bildschirm am Armaturenbrett aus und stellte die Funkverbindung zur Mini Cam her. Bild lag an, nur etwas klein. Deshalb, schob er eine Vergrößerungsscheibe vor den Bildschirm. So war es schon besser. Ein Blick auf die Uhr, 14.10 Uhr, und das Warten begann. Als Zender wieder zur Uhr sah waren 2 Stunden vergangen. In Gedanken ging er die Stellplätze seiner Partner nochmals ab. Am einfachsten hatte es Wollmer gehabt. Er konnte nämlich da bleiben wo sie sich getroffen hatten. Da für lange Warterei ein Motorrad etwas ungeeignet war, hat Richie Daniela und Mike in Ränitz postiert. So konnte Daniela die Wartezeit mit Mike im Auto verbringen. Der wird bestimmt schon wieder an der Matratze horchen, so wie Richie ihn kannte. Ein kleines Zeichen zur Aufmunterung konnte da sicher nicht schaden.
„Pik 7 an alle, der Vogel sitzt noch im Nest.”
„Pik 1 verstanden”, das war Wollmer.
„Pik 3 und 5 verstanden”, gab Daniela als 3 ihr Zeichen. Na klar da schläft Mike wieder.
„Pik 5 Frage: Wie viel Eier sind im Nest?” Na als ob er meine Gedanken erraten hatte.
„Pik 7, da muss ich zählen gehen.” Und auf dem Vorplatz tat sich noch immer nichts. Er zwang sich nicht ständig auf die Uhr zu sehen. Davon wurde es auch nicht besser. Als dann irgendwann seine Beine eingeschlafen waren schaute er doch wieder zur Uhr. Donner Wetter schon 18.00 Uhr. Und noch immer nichts. Müsste es nicht langsam dunkel werden? Ach Sommerzeit. Hatte die Darkow nicht gesagt ihr Mann wollte Nachmittag abfahren? Ist eben alles relativ. Zender musste sich noch eine ganze Stunde in Geduld üben ehe auf seinem kleinen Bildschirm etwas in Bewegung kam. Der Herr Darkow stellte einen kleinen schwarzen Aktenkoffer auf die Rückbank seines Mercedes und setzte sich selbst ans Steuer. Hatte wohl noch Abendbrot gegessen. Komisches Date, wenn es überhaupt eines war. Susi, so sollte er sie ja nennen, stand in der Tür und winkte kurz zum Abschied. Es ging also endlich los.
„Pik 7, der Vogel fliegt“, gab Richie über Funk durch. Für seine Kollegen das Zeichen sich bereit zu halten. Es war Punkt 19.00 Uhr, das nur fürs spätere Protokoll. Richie konnte den Mercedes jetzt aus dem Grundstück fahren sehen, startete seinen Skoda und hängte sich mit sicherem Abstand dran. Noch war über die Richtung nichts klar. Sein Handy klingelte.
„Ja.”
„Er ist jetzt losgefahren”, hörte er Susanne Darkow mit ihrer unverkennbaren Stimme am anderen Ende der Leitung sagen.
„Ich weiß, wo will er hin?”, entgegnete Richie mit einem tiefen Atemzug.
„Arbeiten.”
„Na dann noch schönes Wochenende.” Zender unterbrach die Leitung. Wilfried Darkow hatte die Radeburger Straße erreicht, setzte den Blinker links und musste warten, da der Verkehr um diese Zeit noch beträchtlich war.
„Vogel fliegt Richtung Zentrum. Mercedes Ken DD WD a53f.” Während Richie die Meldung absetzte war er etwas langsamer gefahren. Nun musste er sich aber beeilen um zu dem Mercedes aufzuschließen, da er nach Möglichkeit an dem Darkow dran bleiben wollte. Doch dazu kam er nicht mehr. Ein gelber Ford Mustang mit blauen Rally Streifen überholte ihn haarscharf und setzte sich in die Lücke. Als der Mercedes abfuhr rollte der Ford nur langsam bis an die Radeburger Straße und hielt. Idiot blöder, murmelte Zender vor sich hin. Erst drängeln und dann nicht fahren.
„Vogel Freiflug”, rief Richie über Funk. Der Ford stand immer noch. Verdammt, schon drei Autos hinter Darkow. Richie musste die aufkommende Panik bekämpfen. Der Ford Fahrer duselte immer noch vor sich hin und dröhnte mit lauten Bässen durch die Gegend.
„Pik 5, übernehme, Vogel in Sichtweite.” Gott sei Dank, dachte Richie. Das hätte schief gehen können. Da zog der Ford mit quietschenden Reifen an, hätte fast einen Motorradfahrer in den Graben gedrängt und zog ab wie eine Rakete. Endlich war Richie auch auf der Radeburger Straße als ihm bewusst wurde das der Motorradfahrer Daniela Straube war. Das war alles verdammt knapp. Dürfte aber das Pech ihrer Aktion nun vollkommen aufgebraucht haben, dachte Zender.
„Vogel fliegt A4 West”, gab Mike durch den Funk. Na wenn der Darkow weiter so gemächlich fuhr war auf der Autobahn erst mal Durchatmen angesagt. Endlich waren sie auf der A4 als Mike Hartig durchgab: „130 Formation.” Das besagte das der Mercedes konstant 130 fuhr und kein Grund zur Sichtablösung bestand. Wenn Richie alles mitbekommen hatte, fuhren sie in loser Reihe hinter dem Objekt her. Mike Hartig mit Sichtkontakt, dann Daniela Straube, und nun sah Zender auch Andreas Wollmer aufschließen. Sie hatten den tiefsten Punkt der Dresdner Autobahn erreicht und mussten nun wieder aus dem Elbtal heraus. Durch die sich stellenweise überholenden LKW am Berg fiel die Geschwindigkeit auf 100 km/h. Richie rechnete mit einem Anstieg der Geschwindigkeit eigentlich erst nach dem Tanneberger Loch, das seit jeher einen Unfallschwerpunkt darstellte. Da der Herr Darkow alle Abfahrten ungenutzt ließ, war der nächste kritische Punkt das Autobahndreieck Nossen. Hier hielt er sich rechts, also mögliche Fernziele, Leipzig, Halle, Magdeburg oder Hannover, oder gar noch weiter. Sie fuhren weiter in Formation, da die Fahrt des Mercedes exakt bei 130 lag. Kurz vor dem Autobahnrast- und Parkplatz Hansens Holz sagte Mike über Funk:
„Vogel dreht ab. Ich gehe voraus. Ende.” Das bedeutete das Darkow eine Rast einlegte, Hartig aber weiterfuhr. Mit der Anzahl Fahrzeuge konnte man derartige Spielchen leicht bewältigen. Richie fuhr auf den Parkplatz als Darkow seinen Mercedes neben einen dunkelgrünen Audi abstellte. Er schaltete sofort die Videokamera ein, deren Linse im linken Scheinwerfer eingebaut war. Das aufgenommen Bild kontrollierte Richie auf dem kleinen Bildschirm. Als Darkow sein Fahrzeug verlassen hatte stieg aus dem Audi eine Frau. Richie schätzte sie Anfang dreißig. Sie begrüßten sich mit einer Umarmung. Schnell zoomte Richie ran. Das ersparte lange Personenbeschreibungen. Die Frau hatte rötlich, glänzendes Haar das auf ihrem Hinterkopf mit einer Spange zusammengehalten wurde. Über einem weißen Pullover trug sie eine braune Lederweste, blaue Jeans. Die Füße waren nicht sichtbar. Na also, dachte Zender. Wie ich vermutet hatte. Der Alte fährt zu einem Schäferstündchen. Alles auf Band. Beweismaterial genug. Er blickte zur Uhr, obwohl die Videoaufzeichnungen Datum und Zeit anzeigten. 19.43 Uhr und die Sonne tauchte am Horizont ein. Ob er noch zur Einweihungsfeier kam? Wer weiß. Richtig geküsst hatten sie sich ja nicht. Aber das konnte ja noch etwas werden. Vielleicht später. Wilfried Darkow holte seinen Aktenkoffer vom Rücksitz, verschloss sein Auto und stieg bei der Rothaarigen ein. Die startete umgehend. Kein Techtelmechtel am Steuer. Zender ordnete an: „Pik 7 schickt Pik 1, Vogel fliegt ab. Neu Audi grün BTF AI 175f.”
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