Bantu-Negern, so daß man beide Gruppen unter folgendem
typischen Bilde zusammenfassen kann:
Lange Kopfform, vorstehender Unterkiefer, weit auseinanderstehende
Augenhöhlen, daher geringe Entwicklung
oder Flachlegung des Nasenbeines, breite,
stumpfe Nase, wulstige Lippen, kurzwolliges, krauses
Kopfhaar, geringer Bartwuchs, magere Extremitäten,
dunkle Hautfarbe, vom glänzenden Schwarz nüancierend
durch alle Schattierungen von Grau und Braun
etc.
Die verwandtschaftlichen Verhältnisse zwischen
den einzelnen hierher gehörigen Stämmen sind noch
sehr wenig erforscht. Ich ordne die wenigen Stämme,
die ich hier aus ihrer großen Menge aufführen kann,
lediglich nach ihrer geographischen Situation:
I. W e s t l i c h e M i s c h n e g e r - V ö l k e r :
a) Efik, Ibo, Yoruba (westlich vom unteren Niger),
Nupe (am mittleren Niger).
b) Ephe, Gã7 (Akra), Tschwi, Adeli (an der Goldund
Sklavenküste).
c) Temne, Bullom bei Sierra Leone.
d) Kru, Mande (Bei) an der Liberia-Küste.
e) Wolof am Senegal.
II. M i t t l e r e M i s c h n e g e r - V ö l k e r .
a) Pūl (Fula, Fulbe).
b) Sonrai, Tedā (Tubu, Tibbo im N. und NO. vom
Tsadsee), Logonē, Wandalā am mittleren Niger.
c) Kanuri in Bornu am Tsadsee.
d) Bagrima in Bagirmi am Tsadsee.
e) Maba in Wadāi.
f) Kondschāra in Dār-Fūr.
g) Umāle (Tumāle).
h) Haussa.
III. Ö s t l i c h e M i s c h n e g e r - V ö l k e r .
a) Dinka, Schilluk, Bongu, Bari am oberen weißen
Nil.
b) Oigob (Massai), Kwafi westlich und südwestlich
vom Kilimandscharo.
c) Nubier.
Außer diesen größeren Völkergruppen finden sich
noch kleinere Splitter von Z w e r g v ö l k e r n hier
und da eingesprengt, welche Überreste verdrängter
Ureinwohner zu sein scheinen. Hierher gehören die
Akka oder Tiketike westlich vom Albertsee, die Ab-
ongo oder Akoa südlich vom Ogowe, die Bakebake
an der Loangoküste, die Batwa südwestlich von den
Stanleyfällen des Kongo und am Albert-Edwardsee
und die Voko im südlichen Abessynien. Sie handhaben
meist die Sprache ihrer Nachbarn neben der ihrigen,
von der bisher nur wenig bekannt geworden ist.
Fußnoten
1 Vergl. meinen Aufsatz: Zur Charakteristik des ostafrikanischen
Negers in Meineckes »Kolonialem Jahrbuch
« 1892.
2 Vergl. Schneider: Die Religion der Naturvölker.
3 Vergl. H. Chatelain: Some causes of the Retardation
of African Progress. Journ. of Americ. Folklore.
1895.
4 Wie zahlreich diese letztere Gattung entwickelt ist,
geht beispielsweise daraus hervor, daß J.G. Christaller
unter den Tshwi-Negern deren 8000 sammelte.
5 Vergl. H. Chatelain, Folktales of Angola p. 22.
6 Vergl. Christaller, Mitteilungen der Geogr. Ges. zu
Jena. XIII. Bd.
7 sprich: Gan mit nasalem n.
A
Die Völker mit semitischen Sprachen
1. Die modernen Ägypter
Die erste Sure1 des Kora
∪
´ns
(Das Vaterunser der Araber)
Ü b e r s e t z u n g
Im Namen Gottes, des barmherzigen Erbarmers!
Lob sei Gott, dem Herrn der Welten, dem barmherzigen
Erbarmer, dem Herrn des Gerichtstages! Dich
beten wir an, und zu Dir rufen wir um Hilfe. Führe
uns den geraden Pfad, den Pfad derjenigen, an denen
Du Wohlgefallen gefunden hast und denen Du nicht
zürnst, und nicht den Pfad der Irrenden! Amen!
Fußnoten
1 D.h. Kapitel
Der Gebetsruf des Muezzin
Ü b e r s e t z u n g
Allah ist groß (4 mal). Ich bezeuge, daß es keinen
Gott giebt außer Allah (2 mal). Ich bezeuge, daß Mohammed
Allahs Gesandter ist (2 mal). Auf zum Gebet
(2 mal)! Auf zum Heil (2 mal)! Allah ist groß (2
mal). Es giebt keinen Gott außer Allah!
Die Geschichte von der singenden Nachtigall1
Es war einmal ein Mann, der hatte drei Söhne und
eine Tochter. Als der Vater starb, bauten die Brüder
ein Schloß für die Schwester und ließen sie samt der
Mutter darin wohnen. Die Jungfrau entbrannte in
Liebe zu einem Jünglinge, aber die Brüder wollten
ihre Einwilligung nicht geben. Sie sprach daher zu
einer alten Frau: »Ich liebe einen Jüngling, aber
meine Brüder wollen ihn mir nicht zum Manne
geben.« Die Alte sprach: »Sage zu ihnen, ihr habt
mir ein schönes Schloß gebaut, aber es fehlt etwas.«
Sie werden dir sagen: »Was?« Dann antwortete
ihnen: »Die singende Nachtigall.« »Sie werden sich
aufmachen, sie zu holen, und die Nachtigall wird
Sand auf sie werfen und sie in die siebente Erde versenken.
« Als die Brüder kamen, sprach sie zu ihnen:
»Bringt mir die singende Nachtigall zu meiner Ergötzung!
« Der ältere Bruder war's zufrieden und sprach
zu dem jüngern: »Nimm hier meinen Rosenkranz!
Wenn er vertrocknet, so wisse, daß die singende
Nachtigall mich getötet hat.« Darauf reiste er ab und
zog durch die Wüste. Unterwegs begegnete er einem,
der fragte ihn: »Wohin des Wegs, junger Mann?« Er
antwortete: »Ich suche die singende Nachtigall.« Darauf
erwiderte ihm jener: »Wie viele Leute wie du sind
schon von der singenden Nachtigall getötet! Kommst
du aber an ihren Turm, so verbirg dich in einer Ecke
und laß dich nicht sehen, bis sie herauskommt und in
ihren Käfig geht, um zu schlafen. Dann schließ den
Käfig hinter ihr zu und nimm sie mit dir.« So ging er
hin und verbarg sich in einem Winkel, bis sie herauskam;
er wartete aber nicht, bis sie fest eingeschlafen
war, sondern versuchte den Käfig zu schließen, während
ihre Zehen noch draußen waren. Da sprang sie
heraus, bewarf ihn mit Sand und versenkte ihn unter
die Erde. Der Rosenkranz aber vertrocknete in der
Hand seines Bruders. Darauf sprach der zweite Bruder
zum jüngsten: »Nimm diesen Ring und stecke ihn
an deinen Finger! Wenn du siehst, daß er sich zusammenzieht,
so wisse, daß ich dir im Tode vorangegangen
bin. Ich ziehe jetzt aus, die singende Nachtigall
zu holen und meinen Bruder zurückzubringen.« Darauf
verließ er sie und zog davon. Er wanderte und
wanderte, bis er zur singenden Nachtigall kam. Diese
kam heraus, um in ihren Käfig zu gehen. Er versuchte
den Käfig zuzumachen, aber sie sprang heraus, bewarf
ihn mit Sand, und versenkte ihn unter die Erde.
Da verengte sich der Ring am Finger des Jüngsten,
und dieser ging zu seiner Mutter und sprach zu ihr:
»Ich will meine Brüder aufsuchen und die singende
Nachtigall holen. Nimm diese Rose! Wenn du siehst,
daß sie verwelkt ist, so wisse, daß ich auch tot bin.«
Er wanderte und wanderte, bis er zum Turm der
Nachtigall kam, verbarg sich in einem Winkel, bis
sie herauskam und in ihren Käfig ging. Darauf wartete
er, bis sie fest eingeschlafen war und schloß den
Käfig hinter ihr zu. Die singende Nachtigall sprang
erschreckt auf und sprach zu ihm: »Verschone mich
und setze mich in Freiheit!« Er antwortete: »Gieb mir
meine Brüder wieder, so werde ich dich loslassen.«
Sie sprach zu ihm: »Gut, nimm von dem Sand unter
dem Käfig, streue ihn auf die Erde, und deine Brüder
werden wieder erscheinen.« Er that also, und als er
die Augen erhob, sah er mehr als tausend Männer,
teils Neger und teils Türken, die sprachen zu ihm:
»Du hast die singende Nachtigall gefangen. Wir
waren alle zu demselben Zweck gekommen, konnten
sie aber nicht fangen; wenn es nicht dein Schicksal
gewesen wäre, hättest du sie auch nicht gefangen.«
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