1 ...7 8 9 11 12 13 ...50 zu seinem Gastgeber:
»Ich muß jetzt von dir scheiden; denn mir war befohlen,
dir den Brief meines Herrn zu geben und
gleich weiter zu ziehen nach dem Hause Mahomeds
des Trägen. So laß nun mich und mein Gefolge weiter
ziehen.«
Da nahmen sie Abschied voneinander, und Mesruri
Sayafi zog weiter.
Als er nun zu Mahomed kam, gab er ihm den Brief
Harun al Raschids. Ehe dieser ihn gelesen hatte,
sprach er zu dem Boten:
»Tritt ein in mein Haus und trinke mit mir eine
Tasse Kaffee!«
Mesruri Sayfi antwortete:
»Mein Auftrag war, dir den Brief meines Herrn abzuliefern
und weiterzureisen, sobald du ihn gelesen
haben würdest.« Denn der Sultan befahl mir: »Verweile
nicht, gib den Brief und laß Mahomed mit dir
kommen!«
Als Mahomed dies gehört hatte, sprach er:
»Ich höre, und dem Wunsche des Sultans werde ich
folgen. Erst aber bitte ich dich, in meinem Hause Kaffee
zu trinken.«
Mesruri Sayafi aber sprach:
»Mir wurde nicht befohlen, Kaffee bei dir zu trinken.
«
Mahomed antwortete:
»Du mußt von meinem Kaffee trinken.«
Und er bat ihn inständig, bis er einwilligte und in
das Haus trat und in das Empfangszimmer ging. Dorthin
brachte man kleine Schalen starken Kaffees. Als
nun Mahomed getrunken hatte, kam ein Sklave und
legte ihm einen Beutel mit fünfhundert Denaren in
den Schoß.
Mahomed sprach zu Mesruri Sayafi:
»Du bist tagelang in der Wüste gewesen und mußt
dich ermattet fühlen. Erfrische deine Glieder in einem
Bade.«
Mesruri Sayafi ging in den Baderaum und fand die
Luft dort voll süßen Rosenduftes; denn das Bad, welches
man ihm bereitet hatte, war nichts anderes als
feinstes Rosenwasser. Eunuchen kamen und bedienten
ihn mit seidenen, weichen Handtüchern. Danach
brachten ihm Sklaven neue kostbare Kleider, die gewebt
waren aus seidenen und goldenen Fäden. Die tat
er an. Danach ging er wieder in den Empfangsraum
und setzte sich nieder auf kostbare, weiche Polster.
Als er sich alles ansah, was in dem Raume stand und
auf dem Fußboden lag, sprach er zu sich selber:
»Sogar meines Sultans Haus ist nicht eingerichtet wie
dieses! Es ist das Schönste, was ich je sah!«
Man brachte Wasser in goldenen Schalen, und
Mesruri Sayafi, sein Wirt und die Gäste, die anwesend
waren, wuschen sich die Hände; denn es war ein
Mahl bereitet worden, und junge Sklaven trugen es
auf.
»Dergleichen aß ich noch nie!« dachte Mesruri
Sayafi, indem er sich die Speisen munden ließ.
Darauf führte man ihn in ein Schlafgemach, und als
Sklaven ihm sein Lager bereitet hatten, traten schöngekleidete
Mädchen ein, die spielten auf wohltönenden
Instrumenten und sangen Lieder, in denen sie
Mesruri Sayafi priesen. Er schlief ein und wachte gestärkt
wieder auf, als die Sonne am Himmel stand.
Sklaven standen an der Tür seines Schlafgemaches,
die warteten, damit sie ihn in den Baderaum führten.
Wieder fand er dort ein duftendes Bad bereitet, wieder
brachte man ihm neue, goldgewirkte Kleider und
führte ihn dann zu seinem Wirt in den Empfangssaal;
dort speiste er zur Nacht, und als es spät und er müde
war, wies man ihm ein Schlafgemach, dessen Einrichtung
noch köstlicher war, als die des Raumes, in dem
er vorher geruht hatte. Und er schlief bis zum andern
Morgen. Als er seine Augen aufschlug, fand er, daß
bereits Sklaven warteten, damit sie ihn zu seinem
Bade führten. Als er gebadet hatte, gab man ihm neue
Kleider und brachte ihm einen Beutel mit fünfhundert
Silberstücken. Nachdem Mesruri Sayafi mit Mohamed
den Morgenimbiß genommen hatte, sprach er:
»Ich habe mich länger bei dir aufgehalten, als recht
ist. Laß uns zu meinem Herrn ziehen.«
Aber Mohamed sprach:
»Verweile noch einen Tag; damit ich meine Maultiere
beladen lassen kann mit Geschenken, die ich
dem Sultan bringen werde.«
Da verging noch ein Tag für Mesruri genau wie der
vorige. Am folgenden Morgen war alles bereit zur
Reise. Vierhundert Maulesel waren beladen worden.
Mahomed ließ zwei Tiere satteln mit Goldsätteln und
reich mit Steinen verzierten Zäumen und starken seidenen
Zügeln; diese ritten er und sein Gast, und so
zogen sie mit großem Gefolge gen Bagdad.
Als die Sonne untergegangen war, wurden Zelte
aufgeschlagen für die Nacht. Das Zelt, in dem Mohamed
und Mesruri Sayafi schliefen, war aus Seide, und
die Pfähle, über welche der kostbare Stoff gespannt
war, waren von Holz der Aloe geschnitzt.
Am andern Tage zogen sie weiter, und nach etlichen
Tagen erreichten sie das Ziel ihrer Reise.
Mesruri Sayafi aber dachte:
»Wenn ich den Sultan spreche, so muß ich ihn fra-
gen, wie dieser Mann zu seinem großen Reichtum gekommen
ist; denn ich entsinne mich, daß sein Vater
noch ein öffentliches Bad hielt.«
Als sie den Palast des Sultans erreicht hatten und
Harun al Raschid ihnen entgegentrat, fiel Mohamed
zur Erde und fragte:
»Darf ich zu dir sprechen?«
Da sagte Harun al Raschid:
»Sprich!«
Als Mohamed seine Augen aufhob und seine Lippen
öffnete, tat sich das Dach des Hauses auf, und es
erschienen Paläste und Gärten mit herrlichen Bäumen,
deren Blätter Perlen und deren Früchte Korallen
waren.
Der Sultan war sehr verwundert, als er das sah, und
fragte:
»Woher kommt all dieser Reichtum? Wir wissen,
daß du derselbe Mohamed bist, den die Leute den
Trägen nennen, und dein Vater hielt ein öffentliches
Bad. Wie also ist es gekommen, daß du zu so unermeßlichen
Gütern gelangt bist?«
Mohamed erwiderte:
»Wenn du es befiehlst, so werde ich dir meine Geschichte
erzählen. Ich habe all diese Geschenke dir
mitgebracht, nicht, weil ich dich fürchte, sondern weil
ich außer dir keinen Menschen weiß, der ihrer würdig
ist. Jetzt laß mich dir erzählen, was mein Leben war.
Als ich jung war, starb mein Vater und ließ meine
Mutter und mich in tiefer Armut. Ich war zu faul, um
zu arbeiten, ja zu faul, um zu essen; deshalb tat meine
Mutter mir jeden Bissen in den Mund. Wenn ich lag,
war ich zu faul, mich von einer Seite auf die andere zu
wenden; meine Mutter tat es für mich. Die Speise
aber, die wir aßen, mußte meine Mutter erbetteln, und
das währte fünfzehn Jahre.« Eines Tages kam sie
heim und brachte fünf Silbermünzen mit, die man ihr
geschenkt hatte. Diese gab sie mir und sprach:
»Nimm diese Münzen und gib sie dem Scheik Abalmathfar,
der sein Schiff rüstet, um damit nach China
zu reisen. Bitte ihn, daß er dir für das Geld Waren
kaufe, die du hier mit Vorteil verkaufen kannst; denn
der Scheik ist ein frommer Mann, der die Armen liebt.
Gehe nun zu ihm und bringe ihm das Geld.«
Ich aber antwortete:
»Wie kann ich gehen!«
Da wurde sie zornig und drohte.
»Gehst du nicht zu ihm, so bist du nicht länger
mein Sohn. Weder Speise noch Trank werde ich dir
reichen, und wenn du in der Sonne liegst, werde ich
dich liegen lassen. Wenn dich hungert, werde ich dich
sterben lassen!«
Sie schwor bei Allah, zu tun, wie sie sagte; deshalb
willfahrte ich ihr und ließ sie mir meine Sandalen
antun und mein »Kanzu«. Dann ließ ich mir von ihr
einen Stock geben, damit ich mich stützen konnte,
und meine Mutter mußte mich aufrichten. Darauf
sagte ich zu ihr:
»Nun stelle dich hinter mich und schiebe mich, daß
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