1 ...7 8 9 11 12 13 ...27 »Schon gut, schon gut, schon gut.«
Die Tür öffnete sich und ein junger Mann in knappen Shorts und T-Shirt kam herein und sagte knapp: »Ich soll mich bei Ihnen melden.«
»Bitte setzen Sie sich. Herr ... Herr ...?«
»Martin Wildgruber.«
»Herr Wildgruber, bitte.«
Kreithmeier zeigte auf einen leeren Besucherstuhl. Der junge Mann kam der Aufforderung nach und schaute neugierig auf die beiden Polizisten. Es war ihm noch nicht klar, warum er hier war.
Melanie begann die Befragung: »Sie wissen anscheinend noch nicht, warum wir Sie sehen wollen.«
Er schüttelte mit dem Kopf.
»Wir sind von der Mordkommission. Und wir haben einige Fragen an Sie.«
»Mordkommission?«
»Ja. Es geht um den gestrigen Tag. Und zwar um den Aufguss im Solestollen um 12 Uhr. Denn haben Sie doch durchgeführt. Richtig?«
»Ja, das habe ich. Geht es um den toten Mann in der Sauna?«
»Die Fragen stellen wir«, antwortete Kreithmeier. Ein verschärfter Blick Melanies gab ihm ziemlich deutlich zu verstehen, er solle sich etwas zurückhalten.
»Sie haben vollkommen Recht«, sagte sie. »Es geht um diesen Mann. Wenn Sie uns bitte einmal aus Ihrer Sicht der Dinge erzählen könnten, was am Montag so alles geschehen ist.«
»Nun, ich bin wie immer pünktlich zum Dienst erschienen. So gegen halb Zwölf habe ich dann im Personalbereich das Salz für den Aufguss zusammengemischt. Meersalz und ein Öl aus Eukalyptus und Menthol. Es brennt zwar leicht auf der Haut, befreit aber die Atemwege und entschlackt den Körper.«
»Hat jemand anderes Zutritt zu Ihrem Personalbereich?«
»Jeder, der hier arbeitet. Man braucht dazu aber einen Schlüssel.«
»Erzählen Sie bitte, wie ging es weiter.«
»Das Übliche. Nichts Besonderes.«
»Bitte!«
»Ich habe die Glastür zum Stollen geöffnet«, fuhr der junge Mann fort, »habe mit dem Handtuch frische Luft hineingefächert, dann eine kurze Begrüßung an die Gäste: Vorstellung, Regeln und Ablauf. Türe auf, den Eimer genommen und mit einer Holzkelle jedem Salz auf die Hand geschaufelt.«
»Hat der Mann auch Salz von Ihnen bekommen?«
»Mit Sicherheit, aber speziell an ihn kann ich mich nicht so genau erinnern.«
»Haben Sie gesehen, wie er sich mit dem Salz eingerieben hat?«
»Das Licht ist im Vorraum gedämmt. Da ist es schwierig, etwas exakt zu erkennen.«
»Wer hat dem Mann den Rücken eingerieben?«
»Ich bin mir nicht sicher, aber er war allein da. Er saß in der Sauna neben zwei jungen Frauen. Die gehörten nicht zu ihm. Ich glaube, er hat sich von einem anderen Gast den Rücken einreiben lassen. Das ist bei uns so üblich, wenn man alleine kommt, und es nicht selbst machen kann oder will.«
»Und wer war das?«, fragte der Kommissar und unterbrach Melanies Befragung.
»Ich glaube eine Frau.«
»Herrgott noch einmal. Ich glaube, ich glaube, ich glaube. Glauben kann man in der Kirche. Haben Sie denn etwas gesehen?« Kreithmeier wurde ungeduldig und fauchte Martin Wildgruber giftig an.
Melanie beschwichtigte ihn sofort: »Bitte strengen Sie sich an. Das kleinste Detail könnte uns helfen.«
»Es war eine Frau. Eine Schwarzhaarige.«
»Na geht doch«, blökte Kreithmeier.
»Alois, bitte. Herr Wildgruber, können Sie die Frau beschreiben?«
»Sie war bildhübsch. Dunkle Augen. Schwarzer Lippenstift. Schwarzer Nagellack. Sie saß in der Sauna auf einem der heißesten Plätze, direkt neben dem Ofen. Genau gegenüber dem Herrn. Wie war sein Name noch mal?«
»Wir haben ihn noch nicht genannt. Er hieß Markus Backhaus.« Melanie ließ den Namen einen kurzen Moment wirken, dann fragte sie: »Kennen Sie ihn oder besser kannten Sie ihn?«
»Nein, den Namen höre ich heute zum ersten Mal. Ich habe auch den Mann vorher noch nie gesehen.«
»Und die Frau?«
»Das kann schon sein. Sie trägt an der Hüfte am Rücken ein kleines Tattoo. Eine schwarze Lilie.«
»Warum ist Ihnen das aufgefallen?«, hakte Melanie nach.
»Weil sie eine Freundin hat, die hat die gleiche Blume, nur in weiß.«
»Eine weiße Lilie, auch über dem Po?«
»Ja.«
»Wieso interessieren Sie sich so für Tattoos?«
»Weil ich selbst tätowiert bin und gerne am ersten Donnerstag im Monat Dienst habe.«
»Warum denn das?«, fragte Kreithmeier erstaunt.
»Weil dieser Tag so ein inoffizieller Treffpunkt für Tätowierte und Gepiercten in der Therme ist. Da geht es hier drinnen ganz schön ab.«
»Was Sie nicht sagen?« Kreithmeier konnte es nicht unterlassen, einen knappen Kommentar loszuwerden. »Was heißt das denn, hier geht es ziemlich ab?«
»Lauter hübsche Frauen, tolle Tattoos. Die ganze Therme knistert dann nach purer Lust und Erotik.«
»Sie meinen die Therme verwandelt sich dann zu einem Swingerclub?«
»Nein, nein, wo denken Sie hin. Das ist hier streng untersagt. Da passen wir schon auf. Nur es gibt einige Frauen, die genießen es, an diesen Abenden ihre Haut öffentlich zur Schau zu tragen. Nicht puritanisch in ein Handtuch gewickelt, sie laufen dann nur noch nackt herum. Und genießen es.«
»Und da haben Sie diese Frau mit der schwarzen Lilie schon einmal gesehen.«
»Ja! Das habe ich.«
»Und ihre Freundin?«
»Auch! Sie trägt auch schwarze Haare, aber eine weiße Lilie als Tätowierung.«
»Zwei kleine Lilien sind ja keine großartigen Tattoos, die ich an einem solchen Tag auf meinem nackten Körper zeigen muss. Da gibt es doch sicher ganz andere.«
»Das stimmt. Es gibt Frauen, die sind von Kopf bis Fuß bemalt. Aber diese beiden Frauen haben von allen, den meisten Sexappeal, wenn ich das mal so sagen darf. Ihre erotische Ausstrahlung ist nicht von dieser Welt.«
»Sagt Ihnen der Name Black Beth etwas?«, drängelte sich Kreithmeier dazwischen.
»Black Beth? Ja, natürlich. Black Beth, oder die Schwarze Elisabeth ist eine der begnadetsten Schriftstellerinnen für Horrorliteratur. Ich kenne fast alle ihre Bücher.«
»Ich werde Ihnen jetzt ein Geheimnis verraten, sie wird leider keine Bücher mehr schreiben.«
»Wieso denn das?«, fragte Wildgruber entsetzt.
»Weil sie am Montag in Ihrer Sauna gestorben ist. Markus Backhaus ist Black Beth, die Schwarze Betty. Es war sein Pseudonym. Und er ist jetzt tot. Oder sie ist jetzt tot. Egal. Alle beide sind jetzt tot.«
Der junge Mann blickte erschrocken auf. Er stotterte: »Ddddas habbbee ich nnnnicht gegegeewusst. Die Black Beth ist ein Mann?«
»Ja! Und er ist tot. Und warum?«
»Das weiß ich doch nicht.«
Melanie führt das Verhör weiter fort: »Ist das nicht komisch, dass ein Horrorschriftsteller während Ihrer Arbeitszeit ermordet wird, während der Arbeitszeit eines seiner größten Fans?«
»Sie glauben doch nicht ....«
»Wir glauben im Gegensatz zu Ihnen gar nichts. Wir orientieren uns an Hand der Fakten. Und die sprechen im Moment gegen Sie. Wer sagt uns denn, dass Sie nicht der Lady in Black mit dem Tattoo auf dem Po, vergiftetes Salz gegeben haben, damit sie damit den Backhaus zu Tode reibt.«
Martin Wildgruber sprang auf und schrie: »Das können Sie nicht ...«
»Ganz ruhig«, versuchte Melanie den Aufgebrachten zu beschwichtigen, »Ganz ruhig! Wir verdächtigen Sie ja nicht. Noch nicht. Aber es ist doch eigenartig. Oder? Setzen Sie sich bitte wieder.«
Der plötzliche Widerstand des jungen Mannes brach genauso schnell zusammen, wie er hochgekommen war. Er setzte sich wieder, zitterte aber am ganzen Körper.
»Erzählen Sie uns mehr von dieser Frau«, fragte Kreithmeier.
»Ich kenne sie nicht, nicht namentlich. Sie ist auch nicht aus Erding. Doch sie war ein paar Mal Donnerstags da.«
»Wann ist das nächste Treffen?«
»Da müsste ich im Internet nachschauen. Normalerweise am ersten Donnerstag im Monat. Nur nicht in den Ferien und an Feiertagen. Diese Leute wollen unter sich sein. Das wäre dann jetzt am Donnerstag.«
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