Barbara Wimmer
Tödlicher Crash
Kriminalroman
Geheimnisvoller Tod Wien 2022. Der Finanzminister der Republik Österreich ist stolz auf sein selbstfahrendes Auto – eines der ersten, das im Lande zugelassen wurde. Doch plötzlich prallt das hochmoderne Fahrzeug auf dem Weg in seine Heimat, einer kleinen Gemeinde am Attersee in Oberösterreich, gegen eine Baumallee. Der Tod des Politikers sorgt für großes Aufsehen. Anfangs ist unklar, ob es sich dabei um einen Unfall handelt, oder die Schuld beim Computersystem liegt. Oder steckt ein Hacker-Angriff dahinter?
Die kritische Investigativ-Journalistin Stefanie Laudon aus Wien will den Fall für das Blatt »24 Stunden« aufklären und gerät plötzlich selbst ins Visier der polizeilichen Ermittlungen. Durch jahrelang gespeicherte Social-Media-Postings, „Precrime“-Computer, die ermitteln, ob jemand verdächtig ist, und Funkzellenabfragen wird ihr das Leben schwer gemacht. Wie kommt sie da bloß wieder raus? Und wie kam der Finanzminister wirklich ums Leben?
Barbara Wimmer ist preisgekrönte Netzjournalistin, Buchautorin und Vortragende. Sie wurde in Linz geboren und zog danach zum Studieren nach Wien. Nach dem Studium der Kommunikationswissenschaften begann sie als Journalistin bei einer großen Tageszeitung zu arbeiten. Sie schreibt als Redakteurin seit rund 15 Jahren über Technik-Themen wie IT-Sicherheit, Netzpolitik, Datenschutz und Privatsphäre. Wimmer entwickelte im Laufe der Zeit zahlreiche Ideen, wie sich Zukunftsthemen auch literarisch spannend verarbeiten lassen. 2018 gewann sie den Journalistenpreis »WINFRA«, 2019 wurde sie mit dem Dr. Karl Renner Publizistikpreis und dem Prälat Leopold Ungar Anerkennungspreis ausgezeichnet. »Tödlicher Crash« ist ihr erster Kriminalroman. barbara-wimmer.net
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Alle Rechte vorbehalten
2. Auflage 2020
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © Madrugada Verde /
shutterstock.com
ISBN 978-3-8392-6316-7
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Klick. Stefanie Laudon fotografierte ihre gerade frisch erworbene Eulen-Handtasche mit ihrem Smartphone. Sie saß in ihrem Hotelzimmer in Barcelona und schickte das Foto an Paul Mond. Er hatte ihr eine Message gesandt mit einem YouTube-Link zu einem Konzert seiner Lieblingsband. Natürlich verwendeten die beiden dazu »Signal«, diesen supersicheren Messenger, der die Nachrichten zuverlässig verschlüsselte und den selbst der berühmte Whistleblower Edward Snowden schon vor Jahren empfohlen hatte. Schade, dass sie Snowden nie persönlich getroffen hatte. Sie wäre neugierig gewesen, ob er wirklich so ein Patriot war, wie der Guardian-Journalist Ewen MacAskill in seinem Vortrag behauptet hatte, als sie diesen zum Interview getroffen hatte. Dieses Interview, das sie nie vergessen würde, weil es so bewegend gewesen war. Ihr Smartphone vibrierte und machte Bling.
»Hast du Spaß in Barcelona?«, schrieb ihr Paul zurück. Auch er hatte sein Smartphone praktisch rund um die Uhr bei sich. Als IT-Systemadministrator musste er schließlich ständig erreichbar sein. Er hatte oft genug Bereitschaftsdienst. Aber auch seine Freunde schickten ihm permanent Nachrichten via Signal. Nur so war das Leben eines »IT-Sysadmin«, wie sich die Mitglieder dieser Berufsgruppe selbst gerne abkürzten, erträglich. Durch Kommunikation, Unterhaltung, Ablenkung.
Stefanie schmunzelte, als sie die Nachricht von Paul las. Heute hatte Paul wohl wieder einen seiner guten, optimistischen Tage. Oft genug war er so in seine Arbeit vertieft oder so von den Kundengesprächen genervt, dass er nicht richtig auf das, was sie ihm schickte, reagierte. Die Journalistin beschloss darauf, ein ihnen beiden sehr vertrautes Spiel miteinander zu starten. Sie antwortete ihm:
»Nein!«
»Doch!«
»Nein!«
»Doch!«
»OH!«
Der Dialog, der aus einem französischen Film stammte, war im Internet längst zum Kult geworden und die beiden scherzten damit häufig herum, um sich gegenseitig zu provozieren. Bling. Bling.
»:)«
»:D«
»Was ist an der Tasche so besonders?«, fragte Paul. Frauen und ihr Faible für Handtaschen waren für ihn ein Rätsel. Ein Phänomen, das er einfach nicht verstand.
»Na, die Eule!«
Stefanie war ein großer Eulenfan. Die Tasche selbst war aus Kork und kam mit einer vergoldeten Metall-Kette. Unter der lila Eule stand außerdem ein Spruch: ›You only live once.‹ (Man lebt nur einmal.) Das vergaß man in der Praxis bloß so oft! Auch Stefanie hatte erst nach Barcelona auf Urlaub fliegen müssen, um sich wieder daran zu erinnern, dass die Arbeit nicht alles im Leben war. Weg von zu Hause, weg von der Arbeit. Die Luft des Meeres einatmen. Rund um den Placa Sant Jaume die kleinen, engen Gassen mit ihren zahlreichen individuellen Läden erkunden. Die Graffiti fotografieren, die hier selbst an den Hauseingängen als Street-Art-Kunstwerke zu finden waren. Stefanie fühlte sich hier richtig frei. Endlich musste sie einmal nichts über die Hintergründe zu irgendwelchen Fehltritten von Politikern recherchieren oder zu Umweltkatastrophen oder zu den jüngsten Angriffen auf staatliche Websites von Cyberkriminellen. Fünf Tage war sie weg von ihrer Redaktion, dem Blatt »24 Stunden«, für das sie im Ressort »Tagesthemen« als angestellte Redakteurin schrieb. Und Stefanie genoss jede Sekunde ihrer Freiheit. Nur ganz am Anfang, noch bevor sie ins Flugzeug gestiegen war, hatte sie kurz noch ein wenig einer aktuellen Geschichte, die sie nicht so abzuschließen vermochte, wie sie es sich vorgenommen hatte, nachgetrauert.
»Und jetzt, lieber Paul, gönne ich mir noch einen Cocktail! Hab noch einen schönen Abend!«
Paul war bereits wieder in seine Arbeit vertieft. Er richtete gerade eine neue Mailingliste für die Mitglieder des Vereins ein, bei dem er Vorstandsmitglied war. Der letzte Vorstand des Wiener Hackerspaces »Metalab« hatte nichts als Chaos zurückgelassen. Es war eine Menge Arbeit liegen geblieben, die Paul nun in seiner Freizeit aufarbeiten musste. Aber er tat es gerne. Der Hackerspace, das war seine Identität, sein Zuhause. Dort konnte er hingehen, wenn ihm zu Hause die Decke auf den Kopf fiel. Oder er Projekte im Kopf hatte, für die er den 3-D-Drucker brauchte, oder den Lasercutter oder Zeug zum Löten. Oder eine schnellere Internetverbindung, denn sein eigener Zugang zu Hause kam nicht über die 70 Mbit Download-Geschwindigkeit hinaus. Das reichte manchmal bei weitem nicht aus. Paul klopfte gerade eine wilde Kombination an Buchstaben und Sonderzeichen in die Tastatur, als der Messenger Signal noch einmal aufblinkte. Stefanies Nachricht war bei ihm angekommen. Immer wenn er an Stefanie dachte, wurde ihm warm ums Herz. Er hatte lang gebraucht, bis er sich das selbst eingestehen konnte, anfangs tat er seine Gefühle ab und redete sich ein, dass er sowieso keine Chance bei der selbstbewussten, intelligenten, superhübschen Frau hatte. Aber in Wahrheit hatte er schon lange ein Auge auf sie geworfen. Bisher hatte sie seine Annäherungsversuche nicht erwidert. Trotzdem stellte er sich ab und zu vor, wie sie wohl nackt aussah unter ihren frechen, bunten Kleidern, die sie gerne trug.
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