Aber –
Aber dann sieht Gott zwar nicht aus wie wir, aber sein Wesen ist wie das unsere.
Er ist also heimtückisch, verlogen, gemein, ungerecht, egoistisch, eifersüchtig und autoritär. Gut, wenn man in die Bibel schaut, kann man feststellen, dass nicht wenige seiner Taten genau dies auch zeigen, und zumindest einige dieser Aspekte – „Ich bin ein eifersüchtiger Gott!“ – sagt er selbst. Schaut man sich die Menschheit an und behauptet dann, sie seien vom Wesen her nach Gottes Bilde, dann wundert uns gar nichts mehr. Gott ist ein Sünder. Eigentlich sogar der Obersünder.
Nun könnte man einwenden, dass ich das Bildnisgebot und die Gottesähnlichkeit bis hierhin ein wenig zu flapsig behandelt hätte. Und das stimmt auch – die moderne Theologie wendet viel Gehirnschmalz und Geschwätz auf die Frage, wie das mit dem Bildnis denn nun gemeint sei[95] und wird mir vorwerfen können, dass ich zu oberflächlich argumentiere. Es geht hier aber um kreationistische Ideen. Entscheidend ist Folgendes: Wenn das Bildnisgebot nicht den Blinddarm oder den Schluckreflex des Menschen betrachtet, dann ist der Mensch von Grund auf neu erschaffen. Designt. Gestaltet. Dann hatte Gott keine Vorlage und keine Sachzwänge.
Das ist also das Bild, das wir vom Bild Gottes haben müssen: Entweder er hat zehn Finger, oder er ist dem Wesen nach menschlich. Was nicht unbedingt etwas Gutes zu sein scheint. Wenn aber der Mensch nach seinem Bilde geschaffen ist, und damit ist nicht das körperliche Design gemeint, sondern das Wesen, dann hat Gott den Körper des Menschen von Grund auf neu konstruiert. Wenn Gott selbst einen Blinddarm hat, und sich entschlossen hatte, den Menschen nach seinem Bilde zu formen, dann kann man die Fehlkonstruktionen im menschlichen Körper durchaus verstehen: Gott ist halt auch nicht perfekt. Die Intelligent-Design-Ideologie aber sagt, so einfach und oberflächlich sei „nach seinem Bilde“ nicht gemeint. Dann aber ist die (Neu-)Konstruktion des menschlichen Körperbaus eine Katastrophe. Viele Tiere können ihr eigenes Vitamin C herstellen. Der Mensch kann das nicht. Er hat die zuständigen Gene sehr wohl in seiner Erbanlage, aber sie sind abgeschaltet. Danke, Herr.
Und damit kommen wir zum Thema dieses Kapitels.
Der menschliche Körper ist für ein designtes Objekt einfach furchtbar gestaltet, egal wie golden die Proportionen sind[96]. Er ist instabil, unpraktisch, gefährlich, fragil und nicht durchdacht. Sozusagen der Fiat unter den Körperbauten. Wenn man unterstellt, dass mit der Aussage, der Mensch sei nach dem Bilde Gottes geschaffen nur das Wesen gemeint sei und nicht der Körper, so muss dieser Körper wohl neu geschaffen sein. Und dann ist er einfach grauenhaft geschaffen. Das fängt schon damit an, dass es Stellen am Rücken gibt, an die man einfach nicht drankommt, und ausgerechnet diese Stellen jucken manchmal furchtbar. Ich will gar nicht erst anfangen mit der Freiheit, intelligent zu designen – wenn man von Grund auf ein Lebewesen neu gestaltet, könnte man sich schon noch ein paar Features ausdenken, die das Leben auf diesem Planeten nicht nur angenehmer, sondern besser gemacht hätten. Ein Sinn für Lügen und Wahrheit zum Beispiel. Die Möglichkeit zu fliegen. Gedankenübertragung. Ein etwas stärker ausgeprägtes Mitleid und eine größere Priese Empathie[97]. Unsichtbar-Werden. Beamen. Im Falle mancher Menschen auch: Im Boden versinken.
Aber abgesehen von den grundsätzlichen Möglichkeiten und der Frage, was man sich als Designer alles ausdenken könnte, wenn man etwas wirklich von Grund auf neu gestaltet, wollen wir uns hier einmal das Ergebnis anschauen, mit dem dieser Gott hier um die Ecke kommt. Was hat er sich denn so ausgedacht. Jahwe? Jaaahwe? Komm mal her und zeig, was Du bisher so gemacht hast. Nein, lass Luzi in Ruhe und zeig uns mal, wie Dein Projekt bisher – - - - - Oh.
Viele Menschen haben chronische Schmerzen[98], und diese sind in nicht zu seltenen Fällen nicht nur chronisch – und schmerzhaft – sondern auch das Ergebnis eines furchtbaren Designs. Der menschliche Körper ist nicht darauf ausgelegt, aufrecht zu gehen. Der aufrechte Gang ist dem Designer entweder ganz zum Schluss eingefallen und er hat die Körper seiner Design-Betastudien nicht mehr komplett umbauen wollen, sondern einfach nur nach oben gebogen – oder er hat den Menschen von Anfang an dergestalt geschaffen, dass Schmerzen durch eine falsche Körperhaltung zum Konzept gehören. Kaputte Knie, ein nicht auf die Gangart abgestimmtes Rückgrat, krumme Füße und eine furchtbar designte Hüfte machen das Stehen, Gehen, Laufen, Springen, Hüpfen und Hopsen zu einer Tortur, die wir lediglich deswegen nicht als solche wahrnehmen, weil wir es gewohnt sind. Der Designer bevorzugt in seiner Schöpfung offensichtlich eine gebückte Haltung und keine aufrechten Leute. Aber mal Kopf hoch: Die einen behaupten, der Mensch entstamme dem großen Baum aller Lebewesen auf der Welt und ist irgendwann von den Kronen der Bäume heruntergestiegen, die anderen bestreiten den ganzen Baum und halten den Menschen selbst für eine Krone. Fakt aber ist, dass wenn der Mensch nicht von den Tieren abstammt, namentlich von affenartigen Vorfahren, dann hat Gott sich entschieden, falsche Spuren auszulegen. Darüber wird es noch ein eigenes Kapitel geben – aber zunächst einmal zu den Affen selbst:
Der amerikanische Expräsident G. W. Bush wurde zunächst gar nicht für seine schlechte Politik bekannt oder für militärisches Einfallen in Schurkenstaaten, den Krieg gegen den Terror oder seine gestammelten Verlautbarungen[99]; vielmehr bestand eine seiner ersten Amtshandlungen darin, sich zu verschlucken.
Und dabei fast zu sterben.
Dieses Fast-Sterben lag dabei nicht daran, dass ein Krümel in die Luftröhre gelangte, sondern am Vagus-Nerv. Dieser Nerv – vagari bedeutet „herumschweifend“ – kommt, wie der Name es andeutet, viel herum[100]. Er zeichnet für das Herz verantwortlich, kümmert sich aber auch um andere Organe wie die Nieren, Teile des Darms und der Zunge. Bei der Vorstellung, dieser Nerv, der überall herumspukt und in einem unsortierten Chaos den ganzen Oberkörper kreuz und quer durchläuft, sei in irgendeiner Form intelligent konstruiert, schlägt manch ein Medizinstudent die Hände über dem Kopf zusammen. Man kann froh sein, dass es überhaupt funktioniert, und jeder Auszubildende des Elektrikerhandwerks würde fristlos gekündigt, wenn er es wagen würde, die Leitungen in einem Haus derart unkommod zu verlegen – vom Badezimmer in der dritten Etage zur Stube im Erdgeschoss, zurück zum Schlafzimmer oben, und wieder runter zur Küche.
Bei all seinem Herumschweifen kommt der Nerv auch am Hals vorbei und kann dort, von einem ungünstig gelegenen Brotkrumen unverhältnismäßig gereizt werden. Das ist unschön, wo er doch für das Herz verantwortlich ist, welches in so einem Moment gegebenenfalls entscheidet, seine Schlagbewegungen einzustellen, sehr zum Leidwesen des brotschluckenden Menschen. In diesem Fall des Präsidenten [101] , der in eine Ohnmacht fiel.
Zum Glück für den Präsidenten starb er nicht. Immerhin. Obwohl sich jedes Jahr einige Tausend an dieser, Bolustod genannten Form des Aus-dem-Leben-Scheidens erfreuen, gehörte er nicht dazu. Es handelt sich dabei nicht um die übliche Form des Verschluckens, die ein Ersticken ist, sondern um eine dem menschlichen Körper innewohnende Form eines Reflexes, der das Herz betrifft und der von einem intelligenten Designer leicht hätte verhindert werden können, wenn er den blöden Nerv doch nur ein wenig professioneller verlegt hätte. Aber offenkundig wollte der Herr seine Schöpfung einfach ein wenig ärgern.
Was das Verschlucken, das Ersticken selbst angeht, so ist dies etwas völlig Anderes, aber es sterben auch daran tausende von Menschen jedes Jahr. Ersticken ist eine wirklich grausame Art, abzutreten. Viel schlimmer geht nicht. Ok, schlimmer ist es, als Schüler bei einer Klassenfahrt von der hübschesten Mitschülerin beim Onanieren erwischt zu werden, vor Schreck sein Schwänzchen im Reißverschluss der Hose einzuklemmen und Trotz Hilfe der herbeigeeilten Lehrerschaft, des Hausmeisters und der Frau des Hausmeisters, die neben der gaffenden Schulklasse stehen und alle Tipps geben wollen, wie man das Blut stoppen kann, die Blutung nicht stillen zu können, dann mit dem Auto des Hausmeisters in ein Krankenhaus gebracht zu werden, wo man die ganze Geschichte einer Krankenschwester erzählen muss, die dabei so sehr lacht, dass ihr die Tränen kommen, bevor sie sagt „folgen Sie mir bitte in das Behandlungszimmer“ – um dann auf ihren Tränen auszurutschen, wegen der halb heruntergelassenen Hose sich nicht abfangen zu können und derart unglücklich halb nackt durch die zerbrechende Fensterscheibe zu fallen, dass man sich neben den Armen und der Halsschlagader auch den Rest des heraushängenden Penis zerschneidet, bevor man die eine Etage auf den Vorplatz des Krankenhauses herunterfällt, wo man vor den Augen heimlich rauchender Herzpatienten verblutet. Das ist in der Tat schlimmer als Ersticken. Aber Ersticken ist schon auch sehr schlimm. Die Speiseröhre und die Luftröhre haben aber auch wirklich keinen Design-Preis verdient, sind sie doch verdreht und von oben nach unten über Kreuz. Was ungünstig ist, wenn man durch das gemeinsame obere Loch essen und atmen möchte. Und er hat den Menschen blöderweise derart konstruiert, dass beides – essen und atmen – tatsächlich im allgemeinen Interesse liegt. Dazu kommt das Trinken, das Sprechen und bei unmoralischen Menschen bestimmte Formen der Sexualität. Bei diesem Durcheinander an zu sortierenden Inhalten der Röhren im Hals ist der Körper eines Menschen halt mitunter konfus, was in vielen Fällen einen höchst schmerzhaften Tod nach sich zieht. Einen Tod, der hätte verhindert werden können, wenn das Design des Menschen ein wenig durchdachter gewesen wäre. Eine eigene Öffnung[102] für das Atmen ist in der Natur ansonsten nicht unbekannt, wenn man sich die Wale anschaut. Dem Menschen verursacht Gott hingegen lieber eine Menge Leid, alleine durch das Ersticken.
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