er die Waffen und die Kleider, die der Engel ihm gab,
und legte sie an. Die Jungfrau aber wunderte sich gewaltig,
als sie ihn sich waffnen sah, und weinte aus
Mitleid und Liebe. Robert gürtete sich das Schwert
um, schnallte den Helm fest und sprang dann ganz in
Waffen gehüllt auf das Schlachtroß, das ihm der Himmel
gesendet hatte. Er ergriff den Schild geschickt wie
einer, der im Waffenhandwerk erfahren ist, zog ihn an
sich und nahm die große und gerade Lanze, mit der er
manchen Sarazenen in den Tod zu senden gedachte,
ehe die Sonne sinken würde. Darauf schied er vom
Boten Gottes und ritt davon. Nie sah man einen besser
gewaffneten und schöner geschmückten Ritter.
Gewaltige Heldentaten verrichtete der Unbekannte
in der Schlacht und entschied sie zugunsten der
Römer. Zwanzigtausend Türken lagen am Strande,
die alle ihr Leben verloren hatten, ungerechnet jene,
die die Schiffe nicht mehr schwimmend erreichen
konnten und im Meer versanken. Als Robert bemerkte,
daß die Schlacht zu Ende war, stahl er sich von
hinnen, so daß niemand erfuhr, was aus ihm geworden
sei. Er eilte wieder zur Quelle, wo ihn der Engel
erwartete. Schild und Helm waren ihm gräulich zerschlagen,
sein Antlitz war von den Schlägen, die er
auf das Nasenband erhalten hatte, mit Blut überströmt,
und die Maschen des Halsbergs waren von
den unzähligen Streichen in sein Gesicht eingedrückt.
Der Bote kehrte mit den Waffen zu Gott zurück. Robert
aber wusch sein blutiges Antlitz im Bach, und
seine Wunden schmerzten ihn heftig. Darauf ging er
an seinen gewohnten Platz unter die Stufen und häufte
sich Stroh zum Lager. Er überdachte in seinem Sinn
die heilige Tat und entschlummerte. Die Jungfrau aber
hatte die ganze Begebenheit mit angesehen und sie
war verwundert und erfreut über das große Werk, das
Robert vollbracht hatte.
Der Kaiser, der sehr betrübt war, seinen Retter
nicht aufzufinden, um ihm danken zu können, kehrte
in seinen Palast zurück und setzte sich zum Mahl. Um
diese Zeit erwachte Robert, sein Herz war tief betrübt
und er richtete sein zerfleischtes Gesicht zum Himmel.
Sodann verließ er sein Lager und ging langsam
und müde in den Saal und trat auf den Kaiser zu. Sobald
ihn die stumme Prinzessin bemerkte, erhob sie
sich gegen ihn und neigte tief ihr Haupt, dann setzte
sie sich wieder ganz züchtig neben ihren Vater. Der
Kaiser aber schämte sich, denn er wußte nicht, warum
sie solches getan hatte, noch mochte er sie zur Rede
stellen. Die Tafelgesellschaft sprach manches spottende
Wort über den garstigen Narren und die törichte
Jungfrau, die man für toll hielt, weil sie diesen so geehrt
hatte. Dem Narren wurde Fleisch vorgeworfen,
welches er mit den Hunden teilte, während der Kaiser
in höchsten Lobeserhebungen den unbekannten weißen
Ritter pries, der die Stadt gerettet habe, und die
Prinzessin bemühte sich vergeblich, durch Zeichen
anzudeuten, daß Robert der Gesuchte sei.
Nach einiger Zeit kehrten die Türken zurück, um
für die Niederlage Rache zu nehmen, die gleichen
Vorgänge wiederholten sich, wieder entschied Robert
unerkannt in der Rüstung des Engels die Schlacht,
wieder begrüßte ihn die Jungfrau, die alles beobachtet
hatte, mit tiefer Verneigung, während der Seneschall
sich grollend vom Kampfe zurückhielt. Zum drittenmal
zogen die Türken mit ungeheuren Heeren heran,
der Kaiser rüstete sich zur Verteidigung und beriet
sich mit seinen Truppenführern. Lange dauerte der
Kriegsrat, schließlich ergriff der Kaiser das Wort und
sprach: »Ihr Herren! Gott unser Vater hat uns zweimal
einen Ritter zugesandt, der uns gewaltiglich
gegen die Türken verteidigt hat. Sicher wäre Rom
längst zerstört, wäre nicht die Kraft und der Glanz des
weißen Ritters und seiner Waffen. Höret nun, was ich
beschlossen habe. Der mir zweimal so geholfen hat,
hat großen Lohn verdient, wenn er ihn nur von mir
annehmen wollte. Kommt er uns diesmal wie sonst zu
Hilfe, so will ich ihn festnehmen lassen, damit ich
ihm den Lohn für seine Dienste erstatten kann. Dreißig
gute Ritter will ich in ein Gehölz in Hinterhalt
legen, wo er, wie man mir berichtet, nach der Schlacht
vorbeireitet. Dort soll er überfallen und festgenommen
werden, wenn er kommt und Gott ihn dahinführt.
«
Die dritte Schlacht endete durch Roberts Eingreifen
mit einer endgültigen Niederlage der Türken. Als Robert
in sein Versteck zurückkehren wollte, sah er sich
von den Rittern, die aus dem Hinterhalte hervorbrachen,
angegriffen. Er sprach kein Wort, sondern sah
schweigend die Ritter an, um die er sich wenig zu
kümmern schien; doch war er traurig und wußte nicht,
was er tun solle. Er scheute sich, ihnen Widerstand zu
leisten, denn er wußte wohl, daß der Kaiser sie hierher
bestellt hatte, damit er ihn belohnen könne. Aber
danach trug er kein Verlangen. Wurde er andererseits
festgenommen, so war sein Geheimnis verraten und er
konnte nicht mehr bleiben. So begann er in Gedanken
zu Gott dem Herrn zu beten, daß er ihn schütze und
kein Ritter ihn fangen könne, und er floh talabwärts,
so schnell ihn sein Roß zu tragen vermochte, hinter
ihm aber erhob sich eine Staubwolke von denen, die
ihn verfolgten. Solange eilten sie ihm nach, bis ihre
eigenen Pferde, der langen Verfolgung müde, erschöpft
stehen blieben. Nur einem gelang es, auf
einem Seitenpfade in Roberts Nähe zu gelangen. Eben
wollte er dem fliehenden Roß in die Zügel fallen, als
Robert eine plötzliche Schwenkung machte. Als jener
sah, daß er ihn nicht fangen konnte, drohte er ihm, er
würde sein Pferd erstechen, wenn er nicht stillhalte.
Er legte seine Lanze ein, um das Tier am Gürtel zu
treffen, aber der Stahl verfehlte sein Ziel und traf Robert
in den Schenkel. Bis zum Schaft drang die Waffe
in das Fleisch, aber trotzdem hielt Robert nicht an,
sondern eilte unter Schmerzen und blutend von dannen.
Er drückte seine Wunde mit der Hand zu, damit
das Blut nicht zu Boden tropfe und ihn verrate. Der
Ritter, der ihm die Wunde beigebracht hatte, blieb
hinten und zog seine verbogene Lanzenspitze zurück.
Das Eisen aber trug er nicht heim, das steckte in Roberts
Wunde.
Als Robert in großen Schmerzen heimgekommen
war, zog er das Eisenstück aus dem Schenkel und ver-
grub es. Wieder neigte sich beim Mahl die Königstochter
vor dem Narren und gab durch Zeichen zu verstehen,
daß sie ihn für den Sieger halte.
Um den Fremden zu veranlassen, sich zu entdekken,
ließ der Kaiser auf offenem Markte ausrufen, daß
der weiße Ritter, der sich durch das Eisenstück ausweisen
müsse, die Prinzessin zur Gemahlin erhalten
solle. Solches erfuhr der verräterische Seneschall. Er
ließ sich weiße Waffen verfertigen, brachte sich eine
Wunde am Schenkel bei und ließ das Eisen darin. Vor
den versammelten Baronen empfing ihn der Kaiser,
und alles war überzeugt, daß der Seneschall der Retter
Roms sei. Schon wollte der Kaiser die Hand seiner
Tochter in die des Verräters legen, da geschah ein
Wunder. »Meine Tochter,« sagte der Kaiser, »sei heiter
und freundlich und schmücke dich schön, denn ich
führe dir deinen Gemahl zu. Es ist der Seneschall
meines Reiches, der einst mit mir um deinetwillen
Krieg geführt hat. Er ist der tapfere Ritter mit den
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