1 ...7 8 9 11 12 13 ...33 Die Begrüßung war überaus herzlich und selbst die sonst eher zurückhaltenden elfischen Krieger der Ehreneskorte lächelten und scherzten, als sie das Mädchen erblickten. Kinder waren ein sehr seltenes Geschenk im elfischen Volk und hier konnte Jalan zum ersten Mal seine Enkelin in den Arm nehmen.
Neugierige eilten herbei, denn niemand hatte mit dem Besuch der Elfen gerechnet und den Neuankömmlingen wurden Erfrischungen und Speisen angeboten.
„Habt Dank für Eure Zuwendung, Ihr guten Herren und Frauen“, lehnte Elodarion freundlich ab. „Doch wir sind von der langen Reise erschöpft und würden es begrüßen, uns ein wenig zurückziehen zu können.“
„Wir werden eine Menge zu bereden haben“, pflichtete Nedeam bei. „In den vergangenen Jahreswenden hat sich vieles ereignet und wir sind begierig, zu erfahren, wie es Euch an den neuen Ufern ergeht.“
Jalan schlug ihm aufmunternd an den Arm. „Ja, wir werden viel zu besprechen haben, Hoher Lord. Lasst uns zur Feste gehen. Dort wollen wir uns gerne stärken, bevor wir unsere Erfahrungen austauschen.“ Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern. „Es wäre gut, wenn wir dieses Gespräch auf unsere Familien beschränken.“
Nedeam runzelte die Stirn. „Nun gut, wenn Ihr es wünscht, so mag es so sein. Doch ihr Elfen werdet nicht umhinkommen, den Abend mit meinen Schwertmännern im großen Saal zu verbringen. Sie alle sind neugierig, zu erfahren, wie es euch ergangen ist, denn du weißt doch, wie stark die Bande zwischen unseren Völkern sind. Wir selbst sind durch das Blut Nelianas und Llaranyas verbunden, doch unsere Kämpfer haben das ihre Seite an Seite mit den Kriegern der Elfen vergossen.“
„So ist es, Pferdefürst Nedeam, und Ihr seid für mich ein Freund und Sohn“, bestätigte Jalan und warf Elodarion einen kurzen Blick zu. „Der Abend soll uns allen gehören und so mag der Gerstensaft fließen, während wir uns gute Geschichten erzählen. Doch zuvor muss ich Worte an Euch richten, die nicht für aller Ohren bestimmt sind.“
Die Worte seines Schwiegervaters beunruhigten Nedeam. Er sah zu Llaranya, die mit Elodarion und Neliana scherzte. Auf halbem Weg zur Festung war ein tremolierender Pfiff zu hören. Ein Dreiklang von Tönen, wie ihn nur eine elfische Kehle hervorbringen konnte. Lotaras und Leoryn eilten herbei und auch ihnen war die Wiedersehensfreude anzusehen. Erneut gab es eine herzliche Begrüßung und Neliana zupfte dabei beleidigt an den Umhängen der Elfen, da deren Aufmerksamkeit nicht mehr ungeteilt ihr galt.
Die kleine Truppe der Schwertmänner, die während des Erntefestes in der Befestigung die Wache hielt, erkannte die elfischen Umhänge und Rüstungen. Ein metallenes Horn der Hochmark rief die Männer zusammen, die rasch eine Ehrenformation bildeten. Die Haltung der Elfen straffte sich, als die Schwertmänner ihnen Respekt erwiesen.
„Es ist dem Hause Elodarion und dem Hause Deshay eine Ehre, wieder unter den tapferen Kämpfern des Pferdevolkes zu weilen“, grüßte Elodarion die Wache. „Möge unser Arm Euer Schild und unser Atem Eure Wärme sein.“
Das war eine sehr persönliche Grußformel des elfischen Volkes, die verriet, wie sehr sich Elodarion den Pferdelords verbunden fühlte. Der Scharführer der Wache brauchte keinen Befehl zu geben, spontan stießen die Schwertmänner die Spitzen ihrer gezückten Klingen rhythmisch auf den Boden und sie taten es mit einer Begeisterung, dass Nedeam um die Schärfe der Waffen fürchtete.
„Sucht Arkarim und Fangschlag“, befahl Nedeam dem Scharführer. „Obwohl sie sicher schon erfahren haben, wer uns so unerwartet besucht. Sie sollen alles für den Abend vorbereiten. Es wird ein Gelage im Burgsaal geben, denn unsere Freunde, die Elfen, sind zu Gast.“
„So soll es geschehen, Hoher Lord.“ Der Mann salutierte und lächelte dann. „Wahrhaftig, Herr, ich hätte nicht gedacht, jemals wieder Elfen zu Gesicht zu bekommen.“
„Kümmert Euch um das Wohl der Elfenkrieger, guter Herr.“ Nedeam wies um sich. „Es soll ihnen an nichts fehlen. Bereitet Quartier für sie in der Feste. Und lasst ein paar Erfrischungen in meinen Amtsraum bringen.“
„Ja, Hoher Lord.“ Während Nedeam mit den anderen zum Hauptgebäude hinüberging, erteilte der Scharführer eine Reihe von Befehlen. Die elfische Eskorte lockerte ihre Haltung und schien unsicher, wie sie sich verhalten sollte, doch schon waren sie mit Schwertmännern und anderen Burgbewohnern in Gespräche verwickelt.
An diesem Tag stand keine Ehrenwache vor dem Amtsraum des Pferdefürsten und Nedeam öffnete die Tür selbst und bat die anderen herein. Es war wohl das erste Mal, dass hier so viele Elfen versammelt waren, und den beiden Ältesten fiel durchaus ins Auge, dass beide Völker dem Raum eine besondere Prägung verliehen. Der Boden war mit grauen Steinplatten ausgelegt. Dort, wo sich die kleine Sitzgruppe befand, bedeckte den Boden ein dunkelgrüner Teppich, in den das Wappen des Pferdevolkes eingewebt war. Der Tisch bestand aus einem massiven hölzernen Fuß, auf dem eine grau gemaserte Steinplatte thronte. Die drei Stühle hingegen waren filigran gearbeitet und verrieten zweifellos die Kunst elfischen Handwerks. An der Stirnseite gegenüber der Eingangstür stand der große Schreibtisch mit seinem bequemen Polsterstuhl. An der Wand hing eine elfische Karte der erforschten Gebiete, in einer Halterung war die Lanze mit dem Banner Nedeams befestigt. Es bestand aus dem grünen Tuch des Pferdevolkes und war in der blauen Kennfarbe der Hochmark eingefasst. Das Banner, welches Llaranya angefertigt hatte, zeigte das Symbol des Pferdevolkes, dessen Mitte die stilisierte Form einer Pelzbeißertatze schmückte. Es war das persönliche Zeichen Nedeams und erinnerte an dessen Begegnung mit diesem Raubtier in seinen jungen Jahren. Eine der Längswände wurde von einem hohen Regal eingenommen, in dem sich eine überraschend große Anzahl von Schriftrollen und Büchern befand. Auch hier gab es eine Reihe von elfischen Schriften. Elodarion, der sie neugierig betrachtete, stellte fest, dass sie neuen Datums waren und unzweifelhaft aus der Hand seiner Kinder und der Llaranyas stammten. Das Regal beinhaltete zudem einige Erinnerungsstücke an Nedeams bisherige Abenteuer. Auf einem kleinen Schränkchen standen einige Becher und zwei Krüge mit Wasser. Die andere Längsseite wurde von den großen Fenstern dominiert.
Jalan berichtete von der schwierigen Überfahrt zu den neuen Ufern, während sie darauf warteten, dass die Erfrischungen gebracht wurden. Nedeam hielt sich bei dem einsetzenden regen Austausch der Elfen zurück. Vielleicht fiel ihm dadurch auf, dass die Ältesten kaum eine Information zu den neuen Ufern preisgaben. Ihre Beschreibungen beschränkten sich fast ausnahmslos auf die lange Reise dorthin.
Ein Schwertmann und zwei der Köche brachten einen kleinen Imbiss und beschworen, dass sie sich für den Abend etwas Besonderes einfallen lassen würden.
Nedeam wartete, bis die Männer gegangen waren und sich alle bedient hatten, dann unterbrach er Elodarions Geplauder, indem er seine Hand hob und um Ruhe bat. „Es mag ungebührlich erscheinen, Hohe Lords, wenn ich Euch unterbreche, doch ich glaube, Ihr habt uns etwas von Belang mitzuteilen. Nun, da wir unter uns sind, bitte ich Euch, uns den Grund des überraschenden Besuches zu offenbaren.“
Elodarion und Jalan sahen sich kurz an und als Elodarion nickte, ergriff Nedeams Schwiegervater das Wort. „Hoher Lord Nedeam, wir sind durch Blut miteinander verbunden. Nicht nur durch Eure Vermählung mit meiner geliebten Tochter und durch meine Enkelin Neliana, sondern auch weil wir in der Schlacht gemeinsam Blut vergossen. Das Haus Deshay hat Euch viel zu verdanken.“
Es war fast eine Wiederholung der Worte, mit denen Nedeam die unerwarteten Gäste begrüßt hatte, und die Eindringlichkeit, mit der Jalan sie sprach, rief ein warmes Gefühl in Nedeam hervor. Er konnte sehen, dass Llaranya ähnlich empfand, denn ihr Lächeln vertiefte sich.
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