Martin Zielinski
Justus Peyrikus
Zwischen Welten
Fantansyroman
Erster Teil: Erster Teil:
Prolog
1. Endlich Ferien
2. Ein seltsamer Besuch
3. Die Abfahrt
4. Die neue Schule
5. In der Aula
6. Die Bibliothek
7. Eine sonderbare Begegnung
8. Im Interspatium
9. In Metatron
10. Das Telekinarium
11. Großvater Rupertus
12. Geschichte der Magie im Historicum
13. Master Ethan im Epistemologium
14. Seltsame Entdeckungen
15. Die geheime Botschaft
16. Böse Überraschungen
17. Der Ausflug
18. Im geheimen Garten
19. Nächtliche Expedition
20. Spektakel im Zwischenraum
21. Justus‘ Traum
22. Edolfin weiht in die Mission ein
23. „Metatron“ im geheimen Garten
24. Das Abenteuer beginnt!
Zweiter Teil:
25. In der Festung
26. Der Großmeister
27. In der Krypta
28. Kampf mit den Wächtern von Antra‘agor im Zwischenraum
29. Zurück in der Schule
30. Die Auszeichnung
Danksagung
Erster Teil:
Prolog
Gespenstisch bewegen sich die Schatten der mächtigen Rundsäulen im Licht der Fackeln. Die Säulen stützen ein gewaltiges, zweischiffiges Gewölbe. Rundbögen schwingen sich von Säule zu Säule, und Weihrauchduft durchzieht den weiten Kirchenraum. Seine Schwaden verschleiern den Blick hinauf zum Altar. Von den Wänden hallt monotoner Gesang wider. Er kommt aus dem inneren Bereich der Kirche. Geheimnisvoll klingt es durch den Raum, so sehr, dass sich der stille Zuhörer tief in das Dunkel seiner Nische zurückzieht.
Die gegenüberliegende Wand wird zur Linken von einem kleinen Portal geziert, eine kunstvoll gearbeitete Eichenholztür, umrahmt von einer siebenstufigen Mauereinfassung.
Eine mächtige Gestalt betritt durch das Portal den Kirchenraum, umhüllt von einem langen, weißen Umhang. Mit ruhigen Schritten bewegt sie sich in die Richtung des Gesangs. Ihr Auftreten lässt erahnen, dass sie eine besondere Rolle in der Kirche spielt.
Im Chorraum stehen weitere Gestalten in einem Chorgestühl, ebenfalls mit weißen Umhängen bekleidet, auf deren linker Seite große, blutrote Kreuze prangen. Die Enden der Kreuze laufen in zwei Spitzen auseinander. Sie erinnern an gespaltene Schlangenzungen.
Die erhabene Gestalt strebt dem ersten Platz direkt hinter dem aus Marmor gehauenen Altar entgegen. Sie scheint der Anführer der singenden Gemeinschaft zu sein.
Der Altar bildet das Zentrum des vorderen Bereichs der Kirche. Die Weihrauch geschwängerte Luft erzeugt eine mystische Atmosphäre. Alles ist in trübes Licht getaucht, einzig der Altar leuchtet klar aus sich selbst heraus.
Inzwischen hat der Neuankömmling in den monotonen Gesang eingestimmt. War die Melodie am Anfang noch leise, so schwillt sie jetzt an, als wäre aus einem kleinen Bach ein rauschender Strom geworden.
Der ganze Raum ist Musik, das riesige Bauwerk singt. Das lässt dem Betrachter in der Nische Schauer der Erregung über den Rücken laufen.
An zwei überlebensgroßen magischen Fresken bricht sich das flackernde Licht der unzähligen Fackeln und erzeugt vielfältige Schatten.
Unmittelbar vor dem Altar kniet eine einzelne, in einen braunen Umhang gehüllte Gestalt.
Die Musik schließt mit einem feierlichen Halleluja, dann beginnt ein seltsamer Ritus. Die weiß bemäntelten Gestalten entzünden Kerzen, deren Flammen den Weihrauchnebel durchdringen und eine geheimnisvolle Stimmung hervorrufen.
Der Gesang verstummt. In der plötzlich eintretenden Stille bewegt sich der Anführer auf den Knienden zu. Er hält in der Hand ein schweres Buch mit goldenen Schnallen.
»Begehrt ihr die Gemeinschaft des Ordens und wollt ihr an seinen geistlichen und weltlichen Werken teilhaben?«, hallt es durch den Raum.
Kaum ist die Frage bejaht, fährt der Meister fort: »Ihr strebt nach Großem. Von unserem Orden seht ihr nur den äußeren Glanz. Ihr seht die schönen Pferde, die prächtigen Rüstungen, das gute Essen und die Getränke. Aber es ist kein gemütliches Leben bei uns. Strenge Regeln gelten für den Orden. Es ist ein großer Schritt, den ihr da plant: Ihr, der ihr euer eigener Herr seid, macht euch zum Diener eines anderen, denn ihr werdet nur selten das tun dürfen, was ihr begehrt.«
Der Neuling antwortet: »Herr, wir sind vor Euch und vor die Brüder getreten, die mit Euch sind, um unsere Aufnahme in die Gemeinschaft des Ordens zu erbitten.«
Nun hält ihm der Meister das Buch entgegen. Der Novize besiegelt das Ritual mit seinem Schwur auf das Buch. Das musste eine Bibel sein.
Ein weiter, weißer Umhang wird nun dem Knienden über die Schultern gelegt, offenbar das äußere Zeichen seiner Mitgliedschaft.
Erneut schallt der Gesang durch den Raum. Die Schar der Männer formiert sich und bewegt sich unter Verneigungen vor dem Altar in langer Prozession dem Ausgang entgegen.
Der Kirchenraum ist leer. Die Wände summen die Melodie nach. Zwei Helfer löschen die Fackeln, und Finsternis macht sich breit. Der einzige Lichtschimmer kommt von dem weißen Altar. Der Betrachter verlässt seine Nische und nähert sich vorsichtig dem Altarraum.
1. Endlich Ferien
»JUSTUS«, gellte Fräulein Maikels Ruf durch die Klasse, »nun Justus, was kommt bei dieser Aufgabe heraus?« Ihr Zeigefinger tippte heftig auf die oberste Aufgabe an der Tafel. »Würdest du gnädigerweise einmal einen Blick auf diese Tafel werfen? Oder sind WIR es nicht wert, dass du uns mit DEINER Aufmerksamkeit beehrst?«
Fräulein Maikels Augen blitzten durch die dicke Hornbrille bis in die letzte Reihe. Benommen schüttelte Justus den Kopf. Er versuchte, die letzten Bilder seines Traums zu verscheuchen. Verwirrt sah er Fräulein Maikel an. Ihr Mund wurde immer schmaler.
»Justus, wird’s bald…?«, fragte die Lehrerin spitz. Sie bemühte sich sichtlich, nicht aus der Haut zu fahren.
Justus schaute sie mit seinen braunen Augen treuherzig an. Fräulein Maikels Lieblingsschüler, der dicke Wilhelm in der ersten Reihe, drehte sich hämisch grinsend um.
Wie immer ließ sich Justus davon provozieren und schnitt eine Grimasse. Fräulein Maikels Beherrschung fand ein jähes Ende. Das ging zu weit!
»JUSTUS, ES REICHT! LASS AUF DER STELLE DIESE BLÖDEN FRATZEN; ICH WERDE MIT DEINEN ELTERN REDEN ...«
Dieses Gekeife. Nicht auszuhalten! Immer, wenn sie sich so aufregte, spuckte sie - ekelhaft! Kein Wunder, dass sie noch nicht verheiratet ist.
Ihr strebsamer Liebling Wilhelm konnte einem eigentlich leidtun, denn der bekam die Spritzer stets volle Kanne ab.
Mit schnellen Schritten kam sie nach hinten, packte Justus am Ärmel und zog ihn hoch. Sie schob ihn quer durch die Klasse vor sich her, wobei er die Spitzen ihrer Fingernägel deutlich zu spüren bekam, und jagte ihn zur Tür hinaus. »UND SO WAS NENNT SICH HOCHBEGABT!«
Allein auf dem Gang zu stehen, war für ihn eine richtige Erholung. Er lehnte seine schlaksige Gestalt an das große Fenster und sah auf den Schulhof. Jetzt konnte er in aller Ruhe über den Tagtraum nachgrübeln, der ihn abgelenkt hatte.
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